Schwarze Blüte, sanfter Tod
gibt es einen Mann, von dem wird erzählt, daà er kleine Jungen liebt. Ihnen Vergünstigungen gewährt, wenn ja, und entzieht, wenn nein. Der kleine Bo wird der Sache auf den Grund gehen. Exklusivgeschichte, die dabei herauskommt. Dafür bezahle ich ihn gut. Hätte er ein besseres Geschäft machen können?«
Ich zog ihn auf: »Neulich hat mir jemand gesagt, Hongkonger Zeitungsleute wären wie ein Ekzem. Schwer zu widerlegen, wie?«
Er bewegte nur leicht die Schultern. »Jeder Beruf hat seine trüben Seiten. Jedenfalls habe ich dem Jungen zu einem Bombengeschäft verholfen. Davon kann er leicht und lässig den Computer von unserem Buchhalter bezahlen. War sowieso ein auslaufendes Modell ...« Er zwinkerte mir vergnügt zu: »Sie haben auch etwas für mich?«
Hatte ich? Eigentlich ja. Denn der Stoff um Mrs. Ronaldo würde gut und gerne eine Story in seinem Blatt abgeben. So schlug ich ihm vor: »Ich werde mit der Polizei sprechen, daà sie das Ding noch nicht auspacken. Und von mir bekommen Sie es exklusiv. Unter einer Bedingung ...«
»Gegenleistung? Gern! Sie wissen ja, ich lasse Sie nicht hängen.«
Das stimmte. Wenn Blondel überhaupt so etwas wie Berufsehre hatte, dann praktizierte er sie bei seinen Informanten. Er hätte nie auch nur eine Silbe von einem Text veröffentlicht, die sein Informant nicht veröffentlicht haben wollte. Oder noch nicht. Deshalb konnte ich ihm in aller Ruhe erklären, worum es ging.
Er hatte vom Verschwinden der Juweliersgattin noch nichts gehört, und die Nachricht vom Auffinden ihrer Leiche war von der Polizei ebenfalls noch nicht verbreitet worden. Wir vereinbarten, ich würde über meine Kanäle dafür sorgen, daà er auf jeden Fall die Chance erhielt, vierundzwanzig Stunden schneller zu sein, als die Konkurrenz. Dann schilderte ich ihm die Eintragungen auf dem Kalender von Mià Silva.
»Sie haben sie in Verdacht?« erkundigte er sich, als er alles gehört hatte.
Hatte ich das? Nun ja, verdächtig war jeder im Umfeld eines Mordes. Das ist nicht neu. Ich ging nicht weiter darauf ein. Sagte ihm, daà ich lediglich neugierig sei, was die Eintragungen bedeuteten. So wie alle Detektive, wenn sie gut sind, im Umkreis einer Tat nach Anzeichen für Dinge forschen, die nicht die Regel sind.
Das begriff er. Aber was »Ti. Wo.« bedeuten sollte, konnte auch er sich nicht denken.
Wogegen er mit dem Vermerk des Ausfalls wegen Fernsehreportage schon etwas anzufangen wuÃte.
»Das ist eine Information, die ich beschaffen kann. Allerdings könnte es eine gewisse Zeit dauern. Ich muà den Koordinator der verschiedenen TV-Gesellschaften und der ausländischen Teams bei guter Laune erwischen. Er hat den Ãberblick. Können wir ihm etwas zahlen, wenn er darauf besteht?«
Onkel Stan würde das als Spesen akzeptieren. Ich sagte zu. Obwohl diese Fernsehleute wahrlich genug verdienten, und zwar ohne sich zu bücken. Es sei denn, sie waren Schauspielerinnen. Die hatten sich neuerdings dauernd zu bücken. Gesichter waren für Bildschirme nicht mehr gefragt. Hintern war in.
»Nicht gerade ein Vermögen«, erinnerte ich Blondel.
Der stimmte mir zu: »Nein, nein, die Preise halten wir schon stabil!«
Dann entdeckte er, daà die kleine Kellnerin ein Tablett mit Gebäck herumtrug, und er winkte ihr, wie jemand, der schon vierzehn Tage Hunger leidet. Aà etwa ein Kilo von den Zuckerkeksen, die heute noch unter patriotischen Hongkongern ein Streitobjekt sind, nämlich ob sie von Kanton, wo sie einige tausend Jahre Zuckerbäckertradition haben, zu uns kamen, oder ob englische Ladies sie einführten, als sie uns beibrachten, daà man seine Geschwister nicht mehr zum Frühstück iÃt und um siebzehn Uhr Tee trinkt. Mit Gebäck.
»Ich rufe Sie an!« konnte Blondel gerade noch mit vollem Mund muffeln, als mir Pipi vom Eingang her winkte und ich mich empfehlen muÃte. In der Eile merkte er gar nicht, daà ihm die Rechnung blieb ...
»Ich habe wenig Zeit!« pustete Bobby Hsiang mir über mein Handy zu, als ich noch in einem Wallah Wallah saÃ, das mich am nächsten Morgen von meiner Wohndschunke an Land brachte. Mein Freund schien auÃer Atem zu sein. Ich wartete geduldig, bis er seine Botschaft fortzusetzen imstande war.
» ... deshalb war ich grade bei Pipi. Lag auf meinem Weg. Sie bekam von mir ein verschlossenes Kuvert mit einer
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