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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Stoffverdeck. Elegante Dame mit elegantem Auto ...
    Auf dem Wege zum Tunnel mußte ich zweimal kreischend bremsen, weil ich in Gedanken beinahe die Ampeln übersehen hätte. Mir ging immer wieder die Frage im Kopf herum, weshalb wohl diese beeindruckende Frau sich nicht an Mr. Liao Tu erinnern wollte.
    Â»Eigentlich müßte ich Sie und Ihre Sippschaft bis zurück in die Gründungsdynastie als Betrüger öffentlich entlarven! In der Wochenendausgabe!«
    Der mich so begrüßte, als ich am nächsten Morgen bei der Dim-Sum-Bude stand und versuchte, mich vermittels eines Frühstücks soweit aufzubauen, daß ich der Menschheit wieder zumutbar wurde, konnte gar niemand anderes sein als Jerome Blondel. Er spielte darauf an, daß ich ihn in der Silbernen Nachtigall neulich mit der Zeche hatte sitzenlassen. Da war Einlenken nötig. Deshalb schlug ich sofort einen gedämpften, reuevollen Ton an und versicherte ihm: »Wenn Sie nur wüßten, wie ich erschrocken war, als ich merkte, daß ich über dem Ruf meiner Freundin völlig meine Pflicht vergessen hatte ... Ich biete Ihnen Revanche an! Wann wollen wir uns dazu treffen?«
    Es würde teuer werden. Aber Onkel Stan hatte mir ja zugesagt, alle Spesen zu tragen, und Onkel Stan war ein Ehrenmann, der seine Versprechen zu halten pflegte. »Sagen Sie mir wann und wo!«
    Es kam ein dünnes Lachen zurück. Dann erkundigte sich Blondel: »Sie erinnern sich, daß ich neulich von einem amerikanischen Essen sprach?«
    Â»Auf dem Musikdampfer hätten Sie damit zu kämpfen gehabt, sagten Sie ...«
    Â»Richtig. Ich habe noch zwei solcher Gefechte vor mir. Jetzt, im Star House . Und morgen im Miramar . Es ist eine Horde amerikanischer Kollegen zu Besuch da, und die wollen sich überzeugen, daß die Pekinger uns noch nicht ganz ausgerottet haben ... also, meine Zeit ist knapp, haben Sie Schreibzeug dabei?«
    Â»Daß diese Yankees bei ihren Safaris aber auch immer heimisch essen wollen!« meldete ich Mitgefühl an. Er quittierte es mit einem Grunzen. »Ich komme auf Ihr Angebot zurück! Jetzt notieren Sie erst mal eine Adresse. Kann ich loslegen?«
    Ich hatte mir einen der Fetzen gefischt, die die Bude als Servietten bezeichnete, und der Verkäufer hatte mir einen Stift zugeschoben. Blondel schien es tatsächlich eilig zu haben, er legte ohne Umschweife los.
    Â»Austin Avenue. Dreißig. Finden Sie das?«
    Ich wußte ungefähr wo es war. Nicht weit von einer Kirche, deren Name mir nicht einfiel.
    Blondel kicherte. »Die Dame, die Sie dort reffen, sieht aus, als habe sie ihre besten Jahre hinter einem Altar verbracht. Ist aber ein sehr liebes Exemplar und tut für mich so gut wie alles. Sitzt im Dispatcherbüro von TVCC. Gruß von mir. Sie erfahren von ihr alles über den Tiger ...«
    Â»Den Tiger?«
    Â»Ach ja, sie heißt Miß Bo. Einfacher ist der Vorname, wenn Sie soweit kommen sollten. Lily. Wie die Frau von ... ich weiß nicht mehr genau wem. Viel Glück!«
    Weg war er. Ich hatte alles auf der Serviette stehen, wenn auch ein bißchen hingeworfen. Aber es reichte. In Vorfreude auf Neuigkeiten aus dem Mund einer Dame aß ich noch ein paar scharfe Happen. Überlegte dabei, was der Zeitungsmann wohl mit ›Tiger‹ gemeint haben konnte. Und dann war ich bereit, mich überraschen zu lassen.
    Während ich im Tunnel von einem Stau zum anderen döste, fiel mir wieder ein, daß es in der Gegend, in die mich Blondel schickte, den Kricketplatz gab. Und als ich dort anlangte, merkte ich, daß in unmittelbarer Nähe sogar zwei Kirchen standen. Die Rosary und St. Andreas.
    Vor der Nummer dreißig konnte ich bequem parken. Ich nahm mir vor, die Freundin Blondels als erstes zu fragen, in welche der beiden Kirchen sie für gewöhnlich ging. Mit einem Scherz führt man sich allemal am besten ein.
    Aber ich ließ das, als ich die Dame sah. Das Schild am Haus, in dem es außerdem noch eine Versicherung gab, eine Beratungsstelle für Kinder mit Mißbildungen und eine Mission der buddhistischen Weltunion, wies die dunkel gekleidete Person mit der Nickelbrille, die schon die letzte Kaiserin getragen haben konnte, als Dispatcherin von mehreren in- und ausländischen TV-Gesellschaften aus. Dabei dachte man beim Anblick von Miß Bo gewiß nicht unbedingt an Fernsehen. Eher an die buddhistische Weltunion. Ich vergewisserte mich

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