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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Topase gegen täuschend ähnlich gefärbtes Glas aus. Und dann die Mädchen! Ganze Boote dienten nur dem, was man in Anspielung auf die ehrwürdige alte chinesische Dichtung »das Spiel von Wind und Regen« nannte. Es gab sogar Blondinen mit Mandelaugen, damit jeder Geschmack befriedigt werden konnte – der Mensch sollte glücklich werden in der Wasserwelt des Taifunhafens!
    Ich war das letzte Mal mit einem australischen Berufskollegen in dieser Gegend gewesen, vor Monaten. Er suchte einen Mann, der hier Quartier genommen hatte und dem von einem in Melbourne verstorbenen reichen Onkel ein Vermögen zugefallen war. Wir fanden ihn. Er pfiff nahe an einem Herzanfall vorbei, als er erfuhr, was auf ihn wartete.
    Damals war mir die Wasserstadt wie ein Stück des alten, verblassenden Chinas vorgekommen, das man unbedingt bewahren sollte. Zumal ich gerade in Shanghai zu tun gehabt hatte, wo ich ziemlich traurig darüber geworden war, daß es heute mehr an Manhattan erinnerte als an das China, aus dem die Vorfahren meiner Mutter einst nach Hongkong gesiedelt waren.
    So ließ ich meinen Blick etwas melancholisch über den Wald von Bootsmasten streichen, lauschte dem vielstimmigen Chor der lachenden, weinenden, schimpfenden, sich freuenden oder streitenden Bewohner dieses schaukelnden Erdteils und atmete den Duft ein, der vom Wasser herüber kam: Tang, Salz, Kochfeuerrauch, Fisch, Schweiß, Abgase ...
    Ich fuhr auf, als die Stimme hinter mir gedämpft sagte: »Sie bleiben ganz ruhig, Mister! Keine Bewegung! Nicht umdrehen ...«
    Gleichzeitig wurde ein kalter Gegenstand in meinen Nacken gedrückt. Irgend etwas an der Stimme kam mir bekannt vor, aber ich hätte nicht sagen können, in welchem Zusammenhang. Ein Überfall? Am hellen Tage? Auf einer Bank am Kai des Taifunhafens?
    Â»Tragen Sie eine Waffe?«
    Ich beschloß, die Sache etwas in die Länge zu ziehen. Ein alter Polizeitrick, mit dessen Hilfe man die Aufmerksamkeit eines solchen Täters einschläfern und ihn eventuell überraschen kann. Funktionierte nicht immer. Aber manchmal.
    Â»Nun ja«, begann ich weitschweifig, »eigentlich habe ich manchmal einen Chiefs Special in der Tasche. Wissen Sie, das sind diese riesigen Dinger, die so laut knallen ... unangenehm laut ... und Löcher reißen die, da hat gut und gerne ein Daumen drin Platz ... Aber heute habe ich die Knalle nicht dabei ... ich bin privat unterwegs, wissen Sie ...«
    Â»Geld!« forderte der hinter mir Stehende rauh. »Ganz langsam in die Tasche fassen!«
    Ich befolgte die Aufforderung. Freute mich auf seine Enttäuschung. Hielt ihm meine Brieftasche hin: »Das kleine Fach, bitte!«
    In diesem Augenblick drückte nichts mehr auf mein Genick. Und die Stimme hinter mir kippte in ein vergnügtes Lachen um.
    Â»Sieh da, vierzig Dollar, das lohnt nicht! Zahlen die Kunden immer noch so schlecht?«
    Jetzt wußte ich plötzlich, wer sich da mit mir einen Scherz erlaubte, denn er schlug mir freundschaftlich auf die Schulter, hopste über die Lehne und setzte sich neben mich: Elvis Mou!
    Er hatte zur gleichen Zeit wie ich bei der Polizei angefangen, damals. War etwas früher als ich ausgeschieden. Wir hatten ihn nach dem Rocksänger genannt, weil er dessen Haarschnitt nachahmte, und weil er überhaupt für ihn schwärmte, sogar seine Schallplatten sammelte. Eines Tages hatte er sich hierher zurückgezogen, das hörte ich. Handelte mit etwas, hieß es. Aber ich hatte nicht erfahren, womit.
    Wir brauchten einige Zeit, um uns ausgiebig zu begrüßen, uns zu erzählen, wie wir seit dem Abschied von der Polizei zurecht gekommen waren, wie wir verdienten ...
    Â»Und du verkaufst Universalgebisse für den zahnlosen Opa?« zog ich ihn schließlich auf. Er lachte.
    Â»Falsch, großer Ermittler! Es sind Opiumpfeifen!«
    Ich verzog das Gesicht. Drogen waren bei uns gegenwärtig. Nur Opium war total aus der Mode. Koks, Hasch, Tee, Shit und hundert Chemikalien hatten es abgelöst.
    Er klärte mich auf: »Nicht zum Rauchen. Zum Mitnehmen, Junge. Aufstellen zu Hause. Als Trophäe. Zimmerschmuck. Für Touristen. Was meinst du, wie verrückt die auf Uropas Wasserpfeife sind! Möglichst alt aussehend. Noch verkrustet vom letzten Trip, um die Zeit etwa, als die europäischen Menschenrechtserfinder uns zusammen mit den Japanern da oben in Shantung ihre neue Religion beibogen! Muß nach

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