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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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ins Wasser kippte?
    Ich gab mir Mühe, nicht zu dicht aufzufahren. Er sollte nicht ahnen, daß jemand auf ihn aufmerksam geworden war.
    Neben mir sagte Elvis Mou verwundert: »Hier gehts aber nicht zum Hollywood !«
    Ich klärte ihn auf. Er war lange genug Polizist gewesen, um zu begreifen, daß ich mir eine solche unerwartete Chance nicht entgehen ließ. Für mich begannen sich einige Dinge zusammenzufügen, die ich bisher erfolglos in die richtige Reihenfolge zu bringen versucht hatte. Der Name, den der Anrufer auf Mrs. Ronaldos Telefonbeantworter genannt hatte, fiel mir wieder ein. Ich fragte Elvis: »Du sagst, er war da in Tiger Wongs Schuppen eine Art Lehrer – hieß er Liao Tu?«
    Er gab gelassen zurück: »Wenn du weißt, wie er sich nennt, warum fragst du?«
    Aus dem Bier wurde vorerst nichts. Der kleine, drahtig wirkende Mann, der sich Liao Tu nannte, fuhr ostwärts, Richtung Hung Hom. In dem an die Bucht grenzenden Viertel hinter der Eisenbahnlinie kreuzte er durch die nicht mehr sehr belebten Straßen des langweiligen Wohngebietes mit seinen mehrgeschossigen, schmucklosen Betonbauten, bis er dann endlich vor einer dieser Burgen parkte, an der sich ein Schild befand: WUHU-SAILORS HOME. Ich erinnerte mich, daß diese Mischung von Apartmenthäusern und Pensionen vor vielen Jahren gebaut worden war, als von einer Krise in unseren Breiten noch niemand etwas ahnte. Damals hatten die Eigner ein glänzendes Geschäft mit weniger betuchten Mietern gemacht, besonders in den Pensionen. Eine Menge lediger Leute, die auf den Docks oder im Eisenbahn-Terminal beschäftigt waren, hatten hier Logis genommen. Inzwischen war dies eine bevorzugte Wohngegend von Übersiedlern aus dem Mutterland geworden, die in Hongkong ihre Chance suchten.
    Nachdem das Objekt meines Interesses sein Auto abgestellt hatte und in der Pension verschwunden war, fuhren wir am Eingang vorbei. Im nächsten Gebäude gab es die Frühlingsrollen-Küche, deren Reklame sich auf der Fahrertür des Daihatsus befand.
    Die Kombination war nicht schwer – entweder lieh sich der kleine Mann den Wagen, oder er fuhr gelegentlich Frühlingsrollen zu Bestellern aus und konnte ihn deshalb freizügig benutzen. Wir warteten noch eine Weile, aber der Karate-Lehrer, der sich Liao Tu nannte, erschien nicht mehr.
    Ich hatte genug gesehen. Noch bevor Elvis Mou den Mund zu einer Anklage öffnen konnte, überraschte ich ihn mit der Ankündigung: »Jetzt fahren wir zurück zu deinem Hollywood . Dort schlucken wir Pekinger Bier, bis ich dich am letzten Haarbüschel zum Kai schleifen muß und in ein Wallah-Wallah setzen ...!«
    Vielleicht hätten wir auf dem Weg zum Pekinger Bier in dem von Elvis ausgewählten Lokal Hollywood nicht an Tiger Wongs Sporthalle vorbeifahren sollen. Wir sahen die Polizeifahrzeuge schon von weitem. Als wir näherkamen, wurde uns klar, daß es mit unserem Bier nun wieder für einige Zeit nichts werden würde. Vor Tiger Wongs Eingang hatten die Beamten schon Trassierband gespannt. Wie durch ein Wunder erwischten wir einen Abstellplatz für den Toyota – es war die Stelle, an der noch als wir abfuhren, Miß Silvas Coupé geparkt gewesen war. Aber das fiel mir erst später auf ...
    Bobby Hsiang war da. Er sah mich wenig freundlich an und murmelte: »Kannst du nicht mal einen Platz auslassen, an dem einer umgebracht wurde?«
    Dann entdeckte er Elvis und ließ sich von dem sagen, was er so trieb. Ich schlich mich inzwischen in die Halle. Das erste was ich erblickte, war eine Bahre, auf der ein nicht mehr gerade junger Mann lag. Mit geschlossenen Augen. Er würde nicht mehr älter werden, das befürchtete ich, als ich den Arzt sah, der gerade veranlaßte, daß er zum Leichenwagen geschafft wurde.
    Â»Tot?« Ich machte das freundlichste Gesicht, das ich fertigbrachte, weil der Arzt mir unbekannt war. Aber er fuhr mich nicht an, sondern teilte mir seelenruhig mit: »Der ist so tot wie ein verhungerter Hund!«
    Â»Komisch, er sieht gar nicht verhungert aus«, wandte ich ein. Der Arzt griff den Spaß auf: »Falls wir uns geirrt haben und er lebt tatsächlich noch, wird er rapide abnehmen, von jetzt an. Durch die Gurgel geht nicht mal mehr Kinderbrei ...«
    Â»Kehle kaputt?«
    Er nickte. »Bei ein paar anderen, die wir letztlich hatten, war es das Genick. Nicht ein Kratzer. Fachmann, offenbar. Nur daß es hier die

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