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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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einen der Gründe dar, die für die Vereinigung Hongkongs mit dem Mutterland sprachen.

    Ich fuhr, obwohl ich müde war, nicht gleich zum Tunnel nach Hongkong, sondern in die Park Drive, wo ich in einigem Abstand zu dem Haus parkte, in dem Miß Silva wohnte. Es war schon spät, und Licht war nicht mehr zu sehen. Obwohl Miß Silva nicht ausgefahren war, denn ihr Coupé stand am Straßenrand.
    Eine Weile beobachtete ich die Gegend, bis ich sicher war, daß sich niemand herumtrieb, der einen neugierigen Blick auf mich werfen würde. Dann stieg ich aus und ging zu dem Coupé. Mit jenem Universalwerkzeug, das mir ein heute bekehrter Knacker gebastelt hatte, und das eindeutig besser war als das, was Bobby manchmal benutzte, öffnete ich die Fahrertür. Alles was mich interessierte, war der Gashebel. Vielleicht noch das Bremspedal. Denn der Schuhabdruck in Tiger Wong s Garage war ein rechter gewesen.
    Ich strich mit dem Finger über das geriffelte Blech des Gashebels. Besah ihn mir. Meine Haut war nicht nur leicht geschwärzt, sie war auch, in zugegeben geringem Maße, ölig. Von einem Notizblock, der am Armaturenbrett befestigt war, riß ich ein Blatt ab, reinigte damit meinen Finger und steckte es ein. Es war eine Sache von wenigen Minuten, dann schloß ich die Fahrertür wieder ab und schlich zurück zu meinem Toyota.
    Die Zeit, die ich bis nach Aberdeen unterwegs war, verbrachte ich mit Ärgern und Wundern über mich selbst und meine Naivität. Hatte ich versagt, wegen einer schönen Frau? Oder war ich doch auf einem falschen Weg? Die nächsten Tage mußten es erweisen.
    Ich schlief sehr lange auf meiner Dschunke, und vom morgendlichen Tohuwabohu Aberdeens vernahm ich so gut wie nichts. Nicht einmal, daß Pipi aus der Koje kroch und sich duschte. Daß sie sich ein Wallah Wallah herbeiwinkte und zum Land fuhr, registrierte ich gerade noch. Als ich gegen Mittag endlich ausgeschlafen hatte, rief ich Bobby Hsiang an. Ob der Daumenabdruck vom Schlüssel an Tiger Wongs Garagentür jemandem zugeordnet worden war.
    Â»Es ist ein kleiner Daumen«, eröffnete er mir. »Zart, könnte man sagen. Nicht von Tiger Wong . Auch nicht von einem seiner Lehrer. Von denen und den Schülern haben wir, als du schon mit Elvis Bier saufen warst, noch Abdrücke genommen. Auch nicht in unserer Kartei ...«
    Â»Ein E. T.«, steuerte ich bei, weil ich das für einen Scherz hielt. Bobbys Fluch war unflätig. Ich verzichtete darauf, ihn zu besänftigen. Versprach ihm nur: »Wenn wir uns nächstes Mal sehen, kann ich dir vielleicht sagen, wem er gehört.«
    Ich hatte eine ungefähre Vorstellung, wessen Daumen mit dem Drücker des Garagentores in Berührung gewesen war. Und nun hatte mich der Ehrgeiz gepackt, das gerichtsverwendbar nachzuweisen oder aber auszuschließen. Obwohl Onkel Stan mich nicht mehr dafür bezahlen würde. Niemand überhaupt ...
    Das erste, was ich tat, bevor ich meine Dschunke im Laufe des späten Vormittags verließ, war, meinen Revolver aus dem Versteck im Bugraum zu holen, wo er schon einige Zeit eingeölt verwahrt war. Ich reinigte ihn sorgfältig und lud ihn mit den 10,4-Kugeln auf, von denen ich wußte, daß selbst abgehärtete Gangster Respekt empfinden, wenn damit auf sie geschossen wird. Ein Fachmann kann schon an der Laufbohrung, die sich auf ihn richtet, ermessen, wie groß die Gefahr ist.
    Bobby Hsiang hatte mir nicht ohne Grund erneut empfohlen, das Ding einzustecken, wenn ich in der Sache Ronaldo auf Unternehmungen ausging: schließlich gab es inzwischen ein halbes Dutzend Tote, an denen sich eine ähnliche Handschrift ausmachen ließ, wie die Kriminalmediziner herausgefunden hatten. Um was es bei der Sache ging, war immer noch wenig klar, wenngleich die Konturen deutlicher geworden waren. Und daß nicht alle Toten, wie die Fachleute sagen, »an dasselbe Seil gebunden« waren, konnte inzwischen mit Sicherheit angenommen werden, wie von Bobby zu erfahren gewesen war.
    Unterschiedliche Motive. Was die Ronaldo-Sache betraf, so lag die Lösung des Rätsels für mein Dafürhalten in dem Viereck zwischen der toten Mrs. Ronaldo, dem ebenfalls toten Tiger Wong , dem mysteriösen Mister Liao Tu sowie der Dame Silva, die mir lange Zeit so unglaublich fern jeden Verdachtes gewesen war. Mein Gefühl sträubte sich zwar immer noch dagegen, ihr ein Vergehen von Format zuzutrauen.

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