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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Choi, ich habe der Polizei schon berichten können, daß ich neben Ihrem Herrn Sohn saß und es während der ganzen Fahrt absolut keine Chance für irgend jemanden gab, ihm etwas anzutun, ohne daß ich es bemerkt hätte. Er lehnte sich nach Ablegen des Bootes zurück und schien auszuruhen. Erst beim Aussteigen stellte ich fest, daß er ... nicht reagierte. Was hatte er in Macao zu tun? Vielleicht gibt uns das einen Hinweis.«
    Er zögerte nicht. Schien sich daran zu erinnern, daß ich ja in seine Familienverhältnisse nur sehr oberflächlich eingeweiht war, und erläuterte mir: »Lam hat seinen Halbbruder besucht. Victor Choi.«
    Â»Ach«, tat ich überrascht, »sein Halbbruder lebt in Macao?«
    Der Alte nickte. »Ich hatte in Hongkong wieder geheiratet. Aus dieser Ehe ist Victor. Meine zweite Frau starb vor einigen Jahren. Lam wollte sich in Macao mit seinem Halbbruder über die Fortführung des Familiengeschäfts in meinem Sinne unterhalten. Das tat er auch. Victor rief mich nach Lams Abfahrt an und teilte mir mit, Lam würde mir erzählen, wie sie beide sich das vorstellten.«
    Er schwieg. Und ich warf ein: »Aber dazu kam es nicht mehr. Hat Ihnen die Polizei schon das Ergebnis der ... medizinischen Untersuchung mitgeteilt?«
    Immer noch fiel es mir schwer, jemandem in einem solchen Falle zu sagen: »das Ergebnis der Obduktion«. Scheußlicher Gedanke für einen Angehörigen, sich zu vergegenwärtigen, wie fremde Leute im Körper eines Verstorbenen herumwühlen!
    Aber Choi sagte: »Mister Hsiang hat mich heute früh informiert, ja.«
    Â»Können Sie sich vorstellen, wer ein Interesse hatte, Ihren ersten Sohn auf diese Weise ... ich meine, um es mit den Worten der Polizei zu sagen, durch Zuführung einer tödlichen Substanz in den Verdauungstrakt umzubringen?«
    Â»Das kann ich beim besten Willen nicht. Und weil ich Sie von dem Einbruch damals als einen findigen Mann in Erinnerung hatte, erkundigte ich mich bei Mister Hsiang nach Ihnen. Ich hörte, daß Sie privat arbeiten, und Mister Hsiang stimmte mir zu, als ich ihm vorschlug, Sie gewissermaßen parallel zur Polizei in meinem eigenen Auftrag ermitteln zu lassen. Sie würden mir einen großen Dienst erweisen.«
    Ich verbeugte mich leicht und murmelte, daß ich mir der Ehre bewußt sei. Nur jetzt nicht etwa das Honorar erwähnen! Leute wie Emerson Choi sind keine Knauser.
    Â»Ist Ihr zweiter Sohn Victor auch im Teegeschäft tätig?«
    Wenn er jetzt ungern Auskunft gab, so ließ er sich das jedenfalls nicht anmerken, als er sagte: »Er betreibt eine Segelschule, unweit des Museu Maritimo. Da gibt es eine kleine, künstlich angelegte Bucht, dort liegt seine Firma.«
    Â»Oh, ich kenne die Gegend!« teilte ich ihm mit. »Ich habe in Macao gearbeitet. Die südlichste Spitze der Halbinsel. Rua do Almirante Sergio, wenn ich mich nicht irre, oder?«
    Â»Sehr richtig. Das ist seine Anschrift.«
    Die Gegend lag unweit eines Container-Terminals, aber die Landschaft war so beschaffen, daß dort betuchte Leute gern ihre neuerworbenen Segelboote anlegten und sich in der Bedienung ausbilden ließen.
    Das hatte es schon zu der Zeit gegeben, als ich in der Küche des Hotels Lisboa den ehrsamen Beruf eines Kochs erlernte, wie meine Mutter das wünschte, weil sie damals noch annahm, ich würde einmal die Küche in ihrem Restaurant Hibiskus in Wanchai übernehmen. Vergangene Zeiten! Was mochte aus meinem damaligen Mitlehrling Sung Loh geworden sein? Ich hatte ihn zuletzt als Küchenchef im Lisboa gesehen, als ich dort vor einiger Zeit einmal zu tun hatte. Er hatte mir sogar helfen können.
    Emerson Choi riß mich aus diesen Überlegungen, als er fragte: »Sie für mich tätig werden, Mister Lim Tok?«
    Ich kam vorerst nicht dazu, die Frage zu beantworten, denn der Diener schlich in den Raum, beugte sich über seinen Herrn und flüsterte ihm etwas zu.
    Emerson Choi schien überrascht, aber er faßte sich sofort und ging in Richtung Innenhof. Allerdings war er nicht schnell genug.
    Da stand plötzlich eine kleine, zierliche Frau, unauffällig gekleidet, das Haar im Nacken zu einem straffen Knoten geschlungen, und blickte ihm durch eine schmucklose Nickelbrille entgegen.
    Die Begrüßung fiel förmlich aus. Ich richtete mich schon auf eine Wartezeit ein, aber da erschienen beide wieder im Zimmer, und

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