Schwarze Blüte, sanfter Tod
Choi stellte mir die Besucherin kurzerhand vor: »Dies, Mister Lim Tok, ist die Gattin des Verstorbenen, meine Schwiegertochter Choi Tse-min.«
Ich murmelte mein »Angenehm!« und deutete eine Verbeugung an. Choi fuhr fort: »Sie ist aus Shanghai gekommen, auf meinen Anruf hin. Wir sehen uns übrigens zum ersten Mal ...«
Er betete noch herunter, wer ich war, und daà ich etwas für die Aufklärung des mysteriösen Todes tun sollte, neben der Polizei sozusagen, und dann setzten wir uns wieder, nachdem ich der Witwe mein Mitgefühl ausgedrückt hatte.
Die Frau, die einen intelligenten Eindruck machte, lieà sich zunächst erklären, was wir von der Sache wuÃten. Sie stellte ein paar Fragen, die genau dahin zielten, wo ich mir vorgenommen hatte, anzusetzen, aber das sagte ich ihr nicht. Erst als sie sich wieder erhoben und noch ein paar persönliche Worte mit Choi gewechselt hatte und mit der Bemerkung aufgebrochen war, sie werde sich jetzt erst einmal mit der Polizei unterhalten, wandte ich mich wieder an Choi: »Hat Ihre Frau Schwiegertochter ebenfalls mit dem Teehandel zu tun?«
Er teilte mir mit: »Choi Tse-min ist eine der stellvertretenden Oberbürgermeisterinnen von Shanghai.«
Das hatte ich zu verarbeiten. Und so wurde ich erst aufmerksam, als er seine Frage wegen meines Engagements wiederholte. Ich sagte schnell: »Selbstverständlich, Sir. Ich werde sogleich beginnen.«
»Bringen Sie mir den Mann, der den Tod meines Sohnes verschuldet hat. Ich hatte zwei Söhne, die meine Arbeit weiterführen sollten, wenn ich in das Alter komme â jetzt bleibt nur noch Victor. Das ist ein Schlag für einen alten Mann wie mich ...«
Er überreichte mir einen Scheck auf einen Betrag, für den ich zur Not ein Auto hätte kaufen können, wenn es in Hongkong nicht schon genug Autos gegeben hätte. Ich solle das für Unkosten verwenden, bemerkte er ziemlich nebenhin. Dann drückte er meine Hand. Sein Blick ruhte freundlich auf mir, und der Diener geleitete mich durch Hof und Mondtor wieder nach drauÃen.
Eigentlich wollte ich zu meinem Toyota und mir erst einmal in Ruhe überlegen, wie ich am besten weiter vorgehen würde. Aber dazu kam ich nicht.
Die kleine Frau stand ganz plötzlich vor mir und sagte: »Mister Lim Tok, wollen Sie mir die Frage beantworten, weshalb mein Schwiegervater sich nicht auf die Hongkonger Polizei verläÃt, sondern Sie engagiert? Was ist der Hintergrund?«
Sie hatte auch ein Auto, einen vermutlich gemieteten kleinen blauen Ford, der wohl für ihre KörpergröÃe gerade komfortabel genug sein mochte. Er stand unweit von meinem Toyota.
»Hat Ihr Schwiegervater Ihnen erzählt, daà Ihr Mann in Macao mit mir zugleich auf ein Hydrofoil stieg, sich neben mich setzte, und als ich ihn in Hongkong ans Aussteigen erinnern wollte, tot war?«
Sie sah mich streng an. »Mein Mann war sehr gesund. Haben Sie ihn ermordet?«
Ich vermied es, allzu empört zu erscheinen, die Frau war verständlicherweise erregt, sie kannte weder mich, noch war sie in der Kolonie zu Hause. Deshalb machte ich sie höflich aufmerksam: »Ich kannte Ihren Herrn Gatten gar nicht. Mister Emerson Choi traut wohl unserer Polizei nicht viel zu, deshalb engagierte er zusätzlich mich.«
»Und Ihnen traut er mehr zu?«
Ich war entschlossen, Auseinandersetzungen zu vermeiden. Noch dazu mit jemandem aus dem Mutterland. So sagte ich sachlich: »Ihr Herr Gatte wies übrigens nicht die geringste Spur von Gewaltanwendung auf. Kein Messerstich, kein EinschuÃ, kein Schlag, einfach nichts. Das macht die Sache rätselhaft. Auch die Polizei steht vor einem Rätsel. Ãbrigens war ich früher bei der Polizei. Jetzt privatisiere ich schon eine Weile.«
Sie sagte nachdenklich: »Vielleicht ist das so wie in der Wirtschaft, daà ein Privatmann sich mehr anstrengt als ein staatlicher Polizist.«
Ein königlicher, dachte ich, sagte es aber vorsichtshalber nicht. Bei diesen Leuten aus dem Mutterland wuÃte man nie genau, ob man nicht falsch ankam mit einem harmlosen Scherz.
»Ich will ihn sehen!«
Gerechnet hatte ich mit diesem Wunsch, aber ich war doch irritiert. Ich wuÃte, wie Leichen aussehen, die unsere Polizeipathologen in Arbeit gehabt haben.
»Sie wollen das wirklich?« fragte ich zurück.
Sie forderte mich ziemlich barsch auf: »Stellen Sie sich nicht so an, ich werde
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