Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
Vom Netzwerk:
im warmen Sand der guten Beziehungen verlaufen, wie das in der Kolonie so üblich war, obwohl der Gouverneur gleichzeitig so grantig über das Übel der Korruption wetterte, daß man glatt denken konnte, er meine das ernst.
    Â»Tobias Chester«, sagte ich vor mich hin. Und Charly erinnerte mich: »Paß auf, wenn du den angehst, der hat nicht bloß die Yacht Clubs hier und in Macao im Rücken und ein paar Lords und Millionäre aus der Kolonie, der frühstückt auch schon mal mit dem Genossen Wirtschaftssekretär von Shenzhen oder mit dem Obergeneral von Kanton. Es heißt, er hat im »White Swan« Hotel, drüben auf der Insel Shamian, wo früher die Dame Mao urlaubte, ein Apartment auf Dauer. Der beißt, wenn er gelatscht wird. Oder er läßt beißen ...«
    Darüber hatte ich keinen Zweifel. Aber ich hatte nicht gerade die Absicht, mich in die trüben Geschäfte Chesters einzumischen. Ich wollte von ihm etwas über Leute hören, die mir im Zusammenhang mit dem Mord an Chois Sohn interessant erschienen.
    So versprach ich Charly, bald einmal am Abend wiederzukommen, wenn der Markt von Menschen wimmelte und sich das eigenartige Phänomen einstellte, daß ein Hamburger frisch vom Grill am besten schmeckt.
    Charly grinste nur. Er hätte zwar nicht begründen können, wie dieses Phänomen zustande kam, aber er kannte es. Und er lebte davon.
    Ich konnte gerade noch sehen, wie er sein neues Reklameschild aufstellte:
    CHARLYS ERLEBNIS-IMBISS!
    DER HAMBURGER, VON DEM IHRE URENKEL
    NOCH SPRECHEN WERDEN!
    GREIFEN SIE ZU: DIE GÖTTER LIEBEN SIE, WENN SIE CHARLYS ÜBERIRDISCHE HAMBURGER VERZEHREN!
    HIER LIEGT DAS GEHEIMNIS DER JUGEND AUF DEM GRILL!
    (ZUM MITNEHMEN IN DER BUNTEN ERLEBNIS-TÜTE!)
    BESUCHEN SIE AUCH UNBEDINGT MEINE FILIALE IN NEW YORK!
    Etwas östlich von der Anlegestelle der Wanchai-Fähren lag das Areal, in dem die vielleicht teuersten Segelboote der vermutlich reichsten Leute Asiens in der Dünung vor sich hin dümpelten.
    Allerdings – alle paar Minuten, wenn entweder von Victoria Harbour oder von Hung Horn Bay her eine Barkasse oder irgendeines der anderen Hafenfahrzeuge herantuckerte, warf es Wellen, die sich klatschend an den weißen Rümpfen der Segler brachen. Manchmal brachten sie eine Handvoll Tang mit, einen toten Fisch, eine leere Bierdose.
    Die schwerreichen Eigentümer beobachteten solche Dinge so gut wie nie. Sie wohnten ja nicht auf ihren Kähnen. Während ihrer Abwesenheit wurden die Boote von ihrem Personal betreut und bewacht. Sie selbst bestiegen sie erst zum Zwecke der Ausfahrt, das war in der Regel eine Sache von wenigen Minuten. Doch selbst dafür kamen sie nicht immer bis zum Yachthafen, sie zogen es
    oft vor, irgendwo in Big Wave Bay oder an einer der unzähligen anderen Buchten, die ihrem Wohnort am nächsten lagen, zuzusteigen.
    Für die meisten der schon älteren Mitglieder des Yacht Clubs fand da nicht etwa Segelsport statt, nein, dem widmeten sich die Jüngeren. Für die Älteren handelte es sich eher um eine Statusangelegenheit. Man besaß eines der modernsten Boote und machte Fahrten damit, das genügte. Man gab Bootspartys, besuchte Freunde, und in der Zwischenzeit kümmerten sich gut entlohnte dienstbare Geister um das Boot.
    Sport allerdings gab es schon. Es gab nicht nur gelegentlich eine Regatta, sondern es wurden auch Segellehrgänge abgehalten, in denen man das Patent erwerben konnte. Aber im wesentlichen blieb das Segeln doch eine Sache des Fachpersonals oder einiger jüngerer Ehrgeizlinge. Der gutsituierte Tycoon beschränkte sich darauf, dem Kapitän seines Bootes, dem er ein anständiges Gehalt zahlte, zu sagen, wohin es gehen sollte, während er unter Deck seine Gäste unterhielt.
    Tobias Chester, den alte Bekannte wie ich Toby nennen durften, saß auf diesem Clubbetrieb wie ein Gecko auf einer Tempelmauer. Allerdings war er augenblicklich nicht da. Das verriet mir eine Blondine mit Versace-Maßen, als ich bis zu seinem Büro im Yacht Club vorgedrungen war.
    Â»Er ist in Manila«, teilte sie mir freundlich mit, und als sie merkte, daß ich Schweißtropfen auf der Stirn hatte, flitzte sie zu einem Kühlschrank und zauberte eine grünliche Flüssigkeit in ein Glas, was mich schmerzlich daran erinnerte, daß meine Lieblingssorte gelber Limonade in der ganzen Kolonie immer rarer wurde, sie war nur noch bei wenigen Händlern

Weitere Kostenlose Bücher