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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Mazda!«
    Ich hatte mich in dem kleinen Kerl nicht getäuscht, er hatte selbstverständlich die Nummer im Kopf. Während ich noch darüber nachdachte, daß es eigentlich eine blutige Schande war, daß so ein pfiffiger, gelehriger Junge mit einem Intelligenzquotienten, den die Kinder des Polizeipräsidenten vermutlich nach sechs Universitätssemestern noch nicht aufweisen würden, so ohne Bildung auf der Straße herumlungern mußte, meldete sich die bekannte Stimme in der Verkehrsabteilung.
    Â»Lim Tok«, sagte ich.
    Der andere begrüßte mich mit freundlicher Zurückhaltung. Das hieß nicht, daß er mich abweisen wollte, zumal ich gleich erklärte, ich riefe im Auftrag von Bobby Hsiang an, er nahm sich nur in acht vor mithörenden Kollegen.
    Ich gab ihm die Nummer, und er sagte artig, wie es den etwaigen Abhörern als vorbildliche Ausführung der Diensttätigkeit gefallen würde: »Einen Augenblick, Inspektor, ich sehe sofort nach.«
    Ja, Lum war völlig sich selbst überlassen. Weil er nicht nur keine reichen Eltern hatte, sondern gar keine. Immer, wenn ein Politiker auf einen solchen Sachverhalt hingedrängt wurde, trompetete er prompt heraus, daß es schon unverantwortlich sei, wenn nicht weit von dem großen Reichtum, den man in Hongkong sehen konnte, Leute einfach auf der Straße leben mußten. Als wenn nicht eben diese Politiker die Kolonie regierten, sondern eine Horde Marswesen!
    Â»Inspektor!« riß mich die Stimme des Verkehrsmenschen aus meinen Gedanken. »Das Fahrzeug ist für die Firma Air-Sea-Dreams zugelassen. Adresse ist die Hung Hing Road 82. Das ist hinter den Wanchai Piers, in der Nähe vom Spielplatz.«
    Â»Danke, Sir«, sagte ich möglichst amtlich, für den Fall, daß tatsächlich jemand mithörte.
    Die Firma Air-Sea-Dreams kannte ich. Dort wurde alles verkauft, was man für die verrücktesten Wassersportarten brauchte, die in den letzten Jahren aufgekommen waren. Etwa für das Drachenflügelsegeln mit Motorbootzug.
    An vielen Stellen an der Küste wurde das ausgeübt. Einer dieser schnellen Motorflitzer zog den Sportler nach einem kurzen Anlauf vom Strand weg an seinen Drachenflügeln in die Luft, und dann ging die Reise so lange wie er Lust hatte an der Küste entlang, bis er ausklinkte und am Strand landete oder im Wasser.
    Nicht gerade mordsgefährlich, wie das Bungeespringen, bei dem sich wenigstens dieser oder jener das Genick brach, aber dafür teuer.
    Neben dem Drachenflügelsegeln befaßte sich die Firma Air-Sea-Dreams aber auch noch mit dem Tauchen, dem Abhalten von Segelkursen, und außerdem konnte man da von der Hochseeyacht bis zur nichtrostenden Schraube alles kaufen oder leihen, was mit Wassersport zu tun hatte. Etwas teurer als anderswo, aber dafür hatte Air-Sea-Dreams den Hauch des Exklusiven. Und wenn man als Unerfahrener auf einem gemieteten Segelboot eine Fahrt in unbekannte Fernen unternehmen wollte, stellte die Firma einen routinierten Bootsführer. Auf Wunsch weiblich.
    Â»Junge Männer?« fragte ich Lum zur Sicherheit nochmals. Der Junge nickte.
    Â»Keine fünfundzwanzig. Der eine sieht aus wie Charly Chan in seinen Schülerjahren.«
    Der Hinweis auf den Karate-Filmstar nutzte mir nicht viel, aber er ließ darauf schließen, daß der Bursche nach Meinung von Lum nicht ganz ungefährlich schien.
    Ich ging ein paar Schritte durch das Gewimmel am Straßenrand, bis ich den Mazda sehen konnte. Lums Beschreibung war exakt gewesen.
    Ich entschloß mich, erst einmal zur Cameron Street hinüberzugehen, ins Büro, wo vermutlich Mrs. Choi wartete. Und ich hatte mich nicht getäuscht. Sie begrüßte mich mit der Eröffnung, Inspektor Hsiang habe ihr beschrieben, wo sie mich erreichen könne. Und noch bevor ich mich erkundigen konnte, was ihr Anliegen sei, legte sie schon los: »Mister Lim Tok, ich möchte, daß Sie mich begleiten, wenn ich nach Macao fahre, um den Stiefbruder meines Mannes aufzusuchen. Sicherheitshalber ...«
    Von dem Schreibtisch, an dem Bewährungshelfer Wu residierte, wenn er ein Gespräch mit einem Klienten führte, kam Lärm. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, aber es war tatsächlich Wanda, die dem peinlich berührten Wu in ihrem holperigen Englisch eindringlich und lautstark versicherte, sie wäre ja gar nicht anschaffen gewesen, als man sie griff, sie habe vielmehr nach einer

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