Schwarze Blumen auf Barnard Drei
engstehende Augen hinterlassen hatten. »Wirst du fertig?« fragte er. »In sechzehn und einer viertel Stunde ist der erste Rapport zur BEAGLE fällig.«
»Ich bin zeitrichtig in F zwölf. Am BECKMESSER liegt’s nicht, wenn der Rapport zu spät abgeht.«
»Woran?«
»An dem«, sagte Tschuk und wies gleichmütig mit dem Daumen nach rückwärts über die Schulter hinweg. »BCMS. BECKMESSER. Zuerst ist die Uhr da, und dann wird die Maschine drum rumgebaut. So ein Unsinn. Schwache Konstruktion. Aber das kriege ich hin. In vier Stunden fängt M dreizehn an, dann kommt die Bean, checkt durch und fädelt die Programme ein. Dauert vier oder fünf Stunden. Macht sieben Komma fünfundzwanzig Stunden Reserve. Alles normal.«
»Sie werden verrückt in der BEAGLE, wenn wir nicht pünktlich sind«, sagte Jermakow. Tschuk blieb abwartend sitzen.
Jermakow musterte ihn über den Rand seiner Brille. »Du bist mißtrauisch. Du mißtraust dem angegebenen Grund für die Wasserleitung. Von der redest du doch«, sagte er. »Vielleicht hast du recht.«
»Na also«, sagte Tschuk, »dann laß die Finger davon.«
»Ich denke, das werde ich nicht«, erwiderte Jermakow ruhig. »Die Direktive läßt uns keine Freiheiten. Fast keine. Ein delikater Unterschied. Der Plan ist«, fuhr er nach einer Weile fort, während deren er seine Finger betrachtete, »klüger als wir. Davon haben wir auszugehen, solange es keine spontanen Zwänge verbieten. Aber der Plan ist nicht nur klug, er ist auch listig. Er verlangt, und ohne jede Freiheit der Wahl: Ihr müßt durchhalten! Vierhundertdreiundzwanzig Tage! – Durchhalten, was ist das? Ein elender Zwilling: durchhalten gegen Störer von draußen, durchhalten gegen Störer von drin, die eigenen Leute. Da liegt das bißchen Spielraum, das ›fast‹, das die Direktive erlaubt. Hältst du die Freiheit der Leute so groß, wie du darfst, wächst das Risiko draußen, hältst du sie so klein, wie du darfst, wächst das Risiko innen. Nun, lieber Leiter, sagt der Plan, du wirst’s schon recht machen… Dieses Frischwasser vom Fluß… Ich habe lange darüber nachgedacht… Es ist nicht erlaubt, aber auch nicht verboten, der Plan ist listig, eine Frage der Auslegung. Es ist das Äußerste, was wir dürfen. Das Äußerste. Nun, da ist noch was, mein Lieber, ich gebe das zu.« Jermakow fuhr mit Daumen und Zeigefinger unter die Gläser und an den Augenlidern entlang. »Auch ich sehe und höre, was unter den Leuten umgeht. Ich bin müde, obwohl ich’s nicht sein darf. Ich bin’s müde, den Zerberus zu spielen, der ihnen das Wunderland verstellt. Sie sind nun mal so, wer will ihnen verdenken, daß sie da raus wollen? Ich verdenk’s ihnen nicht und will mir’s nicht leicht machen.«
»Regriffen«, sagte Tschuk nach einer Weile. »Zu knifflig. Trifft nicht mit meiner Meinung zusammen. Es gibt Ärger, wenn man jongliert. Immer gibt’s Ärger. Man muß ihn aushalten. Ist doch normal.« Dann fragte er plötzlich: »Die Frauenzimmer stecken dahinter? Eine? Mensch, Andrej, mit mir kannst du reden.«
Jermakows Miene gerann. Es entstand eine Pause. Tschuk zerspielte einen Matrizendulli. Unversehens stand dann das breite Lächeln in seinem Gesicht, ein Krümel klebte im Mundwinkel. »Was passiert, wenn ein Dutzend achtbeiniger Intellektueller mitten zwischen der Bautruppe auftaucht mit einem Auge anstelle des Bauchnabels? Sie brauchen nicht gleich jeder ein Ballnetz mit Kugelblitzen in der Hand zu tragen, solche wären nicht die Schlimmsten.«
»Die Leute halten mich für zwanghaft. Du auch«, sagte Jermakow mit der abweisenden Kälte, die er oft zur Schau trug, »vermutlich, weil ich es bin.« Seine Finger wanden sich umeinander. »Deine Intellektuellen machen mir weniger Angst als Lampoo, mit dem ich eher gerechnet hatte als mit dir.«
»Die Wasserleitung reißt eine Lücke auf! Die Lücke hat zwei offene Flanken. Das sind genau zwei zuviel. Laß die Finger davon, Andrej!«
»Du brauchst nicht zu schreien, das Argument ist gut genug«, erwiderte Jermakow. Ein Summer schlug an. Jermakow stand auf und drückte die Taste. »Nein«, sagte er, »jetzt nicht… O nein. Das ist meine Sache. Meine!«
»War er’s?« fragte Tschuk. »Lampoo?«
»Es sind nicht die ersten offenen Flanken, mit denen ich zu tun habe«, sagte Jermakow.
Tschuks Miene verschloß sich, als fiele ein Rollo herab. Er wischte mit bloßer Hand über den Tisch. Die meisten Krümel, der Rest
Weitere Kostenlose Bücher