Schwarze Blumen auf Barnard Drei
Schlüssel, und die Boolies sind ein x-beliebiges Schloß«, erläuterte Lampoo mit dem Ausdruck biederen Entgegenkommens. »Niemand kann erwarten, daß dieser Schlüssel und dieses Schloß zusammenpassen, wenn zwischen den Werkstätten für die beiden Dinge zwei Parsec liegen. So einfach läuft nichts in der Biochemie, und es ist so gut wie unmöglich, daß wir sie infiziert haben.«
Ana wand ihre Schultern unter den fremden Händen hervor und blickte steil hinauf in Lampoos Gesicht, geradezu, überaus neugierig.
»Enorm einleuchtend, Poul«, mischte sich Blicher ein. »Das versteht jedes Kind, wie du’s erklärst. Mir leuchtet es genauso ein wie die HardenYoung-Ester, die so gut zueinanderpassen wie Zahnräder aus demselbem Getriebe, egal, wo die Werkzeuge standen, mit denen sie geschnitten wurden, ob sie in mir drin stecken, auf Sira oder sonstwo, egal, wieviel Parsec dazwischenliegen.«
Lampoo stieß die unnütz gewordenen Hände in die Taschen seines Overalls.
Blicher maß Lampoos Länge ausgiebig, voll mißtrauischer Abneigung und von oben bis unten, sein Blick sprang auf Ana und blieb an ihr hängen. »Mir leuchtet noch mehr ein, warum du so redest. Mal so und mal so. Ein Kurzschluß, Poul«, krächzte Blicher, »schon wieder ein Kurzschluß!«
Jermakow betrachtete eine maschinegeschriebene Figur, die einer fünfblättrigen Blume glich. Spuren des Schreibers füllten die Umrisse der Figur, verdichteten sich zu Strängen, kreuzten und knäulten sich. Es war die Aufzeichnung heimlicher Signale, die er aufzufangen vermocht hatte, die Kartierung der Wege seiner Leute innerhalb des Hauses, hergestellt aus den Nullströmen der Orter, die die Leute mit sich führten, ohne um den Verrat all dieser Nullströme zu wissen.
Der Blick des Leutnants blieb an fünf Knoten haften, die aus der Zeichnung hervortraten. Sie lagen genau da, wo sich die Ausguckluken befanden. Jermakow betrachtete diese Punkte, fuhr mit Daumen und Zeigefinger unter die Brille und von außen nach innen an den Lidern der Augen entlang. Nach einer Weile ummalte er jeden der Knoten mit einem Kreis, versah die Kreise mit je einem Pfeil, der, durch die Grenzlinie der Figur hindurchstechend, nach außen wies. Schließlich ergänzte er den Kommentar mit zwei weiteren, genau gegeneinandergerichteten Pfeilen, so daß sich deren Spitzen berührten, hielt damit aber bald inne und versank in Nachdenken. Dann schrieb er Namen seiner Leute an das Paar opponierender Pfeile, einige hüben, einige drüben. Nach einer halben Stunde standen erst fünf Namen da. Er strich sie so gründlich aus, daß er sie selbst nicht mehr lesen konnte.
In der Tat hatten sich die Luken zu Orten starker Anziehungskraft entwickelt. Dort blickte man aus der kleinen in die große Welt, in das Draußen, in das Mögliche, das nicht zugelassen war. Es leuchtete, war grenzenlos, und es war dunkle Heimstatt des Verpönten, der schwarzen Bewohner, des Unbekannten, des Glücks, des Zweifelhaften, des Risikos, der Gefahr. Im Innenraum, den nur die dünne Scheibe von diesem Draußen schied und wo die Leute standen, stieß Initiative auf Disziplin, Tatkraft auf Zwang zu beharren. Antriebe schossen aus entgegengesetzten Richtungen aufeinander zu wie Pfeile, bis ihre Spitzen einander berührten. Jedermann sah die Bilder, die durch die Luken auf ihn eindrangen, anders an, in jedermann weckten sie andere Gedanken, aber in allen weckten sie den Trieb, wieder und wieder dorthin zu gehen, nach draußen zu schauen, sich erregen zu lassen, sich aufzuregen, sich mitzuteilen. Und so wurden die engen Standflächen vor den Luken zu Umschlagplätzen der Information, zu Foren der Politik jener kleinen Gemeinschaft, die empfindlich und gefährdet war und die die Resultate von Kalkulatoren in diese ungeheuerliche Isolation geworfen hatten.
Aus Jermakows Klause ergossen sich plötzlich neue Wellen von Weisungen, die zu einem Strom von Aufgaben für jeden einzelnen zusammenliefen, Termine und Vorschriften zur Abrechnung belebten diesen Strom wie Schwärme rotbeflaggter Boote. Nach gründlichem Hinsehen erwies sich der Inhalt der Weisungen als unanfechtbar, das Maß des Geforderten als angemessen, ihr Sinn als offensichtlich. Ebenso offensichtlich war ihr Hintersinn: durch Arbeit zu ermüden, Lust auf Nebendinge durch gesunde Erschöpfung zu unterlaufen. Motivationen auf die Belange des Hauses auszurichten, auf nichts mehr und nichts weniger.
Die Weisungen verrieten, was sie
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