Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
Vom Netzwerk:
das eine Karte mit einem magnetischen Muster, das ein Rechner prägt. Jedes Muster ist einmalig. Sie treiben Aufwand damit. Der Scheck deckt die Kosten, er löst alle Prozesse aus, daß der Kurs für dich läuft. Er ist wie ein Schlüssel mit absoluter Sicherheit, mit dem du deine Wohnung aufschließt. Wenn er dir fehlt, kannst du nicht rein.«
      »Hat das van Timmen gesagt?«
      »Ja. Van Timmen.«
      Judy dachte eine Weile nach. »Der Rechner muß neue Schecks signieren, wenn er den Befehl dazu bekommt«, sagte sie. »Wo liegt da die Schwierigkeit?«
      »Im Befehl.«
      Judy antwortete nicht. Über ihrer Nasenwurzel erschien eine senkrechte Falte.

      »In dem Büro, wie du das nennst, sitzt nicht irgendein Chef, der auf Knöpfe drückt, wenn er gerade mal will«, erklärte Rahel, »der Befehl ist ein Impuls aus der statistischen Zentrale.«
      »Ach, von euch?«
      »Nein. Nicht von uns. Von unserem Rechner. Vielleicht siehst du den Unterschied.«
      »Natürlich.« Judy nickte. »Es wird ein bißchen länger dauern, bis es neue Schecks gibt.«
      »Verdammt lange«, sagte Rahel. »Mon Dieu, verdammt lange. Die Schecks wurden früher auf der Grundlage der Staatsstatistik in Amsterdam signiert, zentral für das ganze Land. Irgendein Spinner hat den Vorgang auf die Rayons verteilt. Von der Hauptstadt Amsterdam in den Rayon Amsterdam, wenn du das verstehst. Aber in den Rayons gab es keine Unterlagen für diesen Fall, die Statistik war darauf nicht vorbereitet. Sie hatten keine Programme und keinen Rechner, der Schecks ausgeben konnte. Eine Zeitlang wurde nicht immatrikuliert. Überhaupt nicht. Eine Panne, als wir noch nicht hier waren. Die Sache ist reguliert: das Gesetz der gedämpften Welle.«
      »Die beiden statistischen Büros liegen nicht weit auseinander, das Landes- und das Rayonbüro?« fragte Judy.
      Rahel lachte ein wenig bitter. »Genau zwei Korridore sind dazwischen. Ach, Judy, du hast eine ulkige Vorstellung von programmgesteuerter Statistik«, sie strich freundschaftlich über Judys Knie, das von einem Zipfel des Ponchos bedeckt war, »und eine ulkige Meinung von der Welt. Die gedämpfte Welle ist eine wunderbare Sache«, setzte sie ihre Erklärung fort, »aber sie kann Statistik nicht unstatistisch machen. In den Rayons gibt es eine Periode mit der aktuellen Immatrikulationsmenge Null. Auch diese Null dauert fort. Sie wirkt verdünnend. Sie vermindert die Anzahl der über die Zeit vollzogenen Immatrikulationen. Diese Anzahl ist zugleich Grundlage der zukünftigen. Auch der dieses Planjahres. Die Maschine signiert noch immer zuwenig Schecks, und den letzten beißen die Mäuse. Gibt’s was Klareres?«
      »Man kann wirklich nichts machen?« fragte Judy.
      »Doch. Aber warum sollte man?« antwortete Rahel. »Die Welt wird nicht erzittern, wenn ein paar Astrometriker weniger in ihr herumtrampeln. Der Aufwand wäre enorm. Solchen Sachen rückt man andersrum zu Leibe. Damals war eine Notiz in der Presse: Statistische Methoden senken Aufwendungen im Studienbetrieb – Einsparung gesellschaftlicher Mittel – Verdienste – Prämien. Welchem Rechner haben sie die Prämie in den Schlitz gesteckt? Den Mann, der sich diesen Clou ausdachte, hat womöglich biederer Eifer getrieben, vielleicht hatte er gar nicht im Sinn, Witze zu machen.«
      »Und van Timmen?«
      »Ach, van Timmen.« Rahel schaute Judy ins Gesicht, und Judy zerriß es fast das Herz, als sie soviel Traurigkeit in Rahels schönen Augen sah. »Ich werde den Scheck wohl niemals bekommen«, sagte Rahel.
      »Heute gehen wir einen heben. Oder drei«, verkündete Rahel, als die Mädchen einige Zeit später wieder zusammenkamen, »mir ist danach.« Sie zog Judy hinter sich her, ohne eine Antwort abzuwarten. Sie stürzten sich in den Trubel des High, und dann saßen sie in einem der hübschen Bistros am Rande des Hochparks, blickten auf die Stadt hinab, und eine halbe Flasche Gin und ein Glas mit Eis stand zwischen ihnen auf der Platte des Tischchens. Rahel hatte wie immer viel zu erzählen, es fehlte ein wenig Schwung in ihrer Rede, der Pegel der Flasche sank, wenn auch in Maßen.
      »Du trinkst überhaupt nicht mit!« rief Rahel plötzlich aus, »und du sagst kein Wort. Hast du eine Depression? Willst du sie denn für dich allein behalten. Wie kann man nur so egoistisch sein?«
      Judys Finger lagen an ihrem Glas, als ob sie sehr kalt wären. »Ja, nicht wahr?« sagte sie einsilbig. Und als Rahel nicht so bald

Weitere Kostenlose Bücher