Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
Größe einen beträchtlichen Wendekreis benötigte. Dahinter folgte ein breiter Streifen staubige, hellbraune Erde. Eine Art halb fertige, behelfsmäßige Einfahrt.
Seitlich vom offenen Tor waren noch mehr tote Tiere, diesmal Kaninchen, und die waren nicht in den Zaun geraten und am Stromschlag gestorben. Vielmehr lagen sie säuberlich aufgereiht. Jemand hatte sie gefangen oder irgendwie getötet, dann hierhergebracht und ihre winzigen Körper nebeneinander plaziert. Der Kadaver direkt neben mir sah nach einer ausgestreckten Katze aus. Nur dass ihr die Zunge aus dem Maul hing und ein schwarzes Auge in alle Richtungen zugleich zu blicken schien. Im nächsten Moment traf mich der Geruch.
Es war nichts Ungewöhnliches daran, auf die Jagd zu gehen, besonders hier draußen auf dem Lande. Trotzdem. Hier stimmte etwas nicht.
Ich betrachtete das Tor.
Wieso stand es offen? Falls das hier der echte Bauernhof zum Roman war, dann ergab das keinen Sinn. Und auch die andere Frage ließ mir keine Ruhe: Wie konnte mein Vater davon erfahren haben?
Zugleich schien die Luft an diesem Ort elektrisch geladen.
Ich trat durch das Tor aufs Grundstück.
Vor mir schien sich die Einfahrt auf einen etwas größeren Hof zu öffnen. Zwischen den überhängenden Ästen erkannte ich die Umrisse eines Hauses. Ich zwang mich, immer noch im Schutz der Bäume, auf das Gebäude zuzugehen. Je weiter ich lief, desto lauter wurde das Brummen des Generators. Es war jetzt das einzige Geräusch, das ich hören konnte. Selbst die Brise hatte sich offenbar gelegt.
Als ich den Bau erreichte, sah ich, dass sich rechts eine riesige Wellblechscheune befand. Die Einfahrt öffnete sich nicht in einen Vorplatz, sondern wand sich um das Gebäude herum, das zwei Stockwerke hoch war, aber keine Tür zu haben schien: nur eine gewölbte Öffnung, groß genug, um mit einem Traktor hineinzufahren. Rings um den Eingang war der Boden mit heruntergefallenem Heu übersät. Ich mied ihn, weil ich dort im Dunkeln nichts erkennen konnte. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich gefurchte Beete oder dergleichen, aus denen Blätter sprossen. Ein gepflegter Küchengarten, mehrere Quadratmeter groß.
Am hinteren Ende der Scheune gelangte ich auf eine größere Lichtung, die direkt vor mir in einer dichten Reihe Bäume endete. In der Mitte befand sich ein Brunnen. Den Generator hörte ich rechts davon, er tuckerte laut im Innern eines merkwürdig gestalteten Schuppens aus Blech. Links reihten sich an der Grundstücksgrenze Holzbaracken aneinander; an der nächstgelegenen lehnten ein paar Gartengeräte. Ich zögerte und ging dann hinüber. Sie sahen uralt aus. Die Zinken der Grabgabel waren rostig braun und verbogen: wie grotesk lange, verbrannte Fingerknochen. Vom Holzschaft war kaum noch etwas übrig.
Ich nahm sie und wog sie in der Hand.
Was zum Teufel tust du da, Neil?
Ich hatte wirklich keine Ahnung.
Tock-tock, tock-tock, tock …
Es war jemand hinter mir.
Ich wirbelte herum und hätte fast die Grabgabel erhoben, beherrschte mich aber im letzten Moment.
Ein kleines Mädchen stand ungefähr zehn Meter von mir entfernt. Sie war etwa sechs oder sieben Jahre alt, mit langem, schmutzig blondem Haar, das sie seitlich zu zwei Zöpfen gebunden hatte, und sie trug ein altmodisches Kleid, etwas, das ein Kind seiner Puppe anziehen würde. Sie sah mir gerade ins Gesicht.
Ich zitterte und glaubte, ein Gespenst zu sehen.
Doch als ich die Augen zusammenkniff, war sie immer noch da. Eine Seite ihres Kleides war von oben bis unten voller Heu. Sie muss in der Scheune gewesen sein, wurde mir klar. Sie hatte mich gesehen – einen Eindringling auf ihrem Terrain – und war herausgekommen. Doch meine Anwesenheit schien ihr keine Angst zu machen. Sie starrte mich immer noch einfach an, als fragte sie sich nicht nur, wer, sondern auch, was ich war.
»Hallo«, sagte ich.
Sie reagierte nicht.
»Ist dein Daddy zu Hause?«
Wieder keine Antwort. Ich wagte mich einen Schritt näher an sie heran.
»Ich wollte gerne deinen Daddy sprechen. Ist er da?«
Diesmal schüttelte sie, ein wenig unschlüssig, den Kopf.
»Wo ist er denn?«, fragte ich. »Kannst du mir das sagen?«
»Er ist weggegangen.« Ihr Ton war schüchtern und leise.
Ich fragte: »Weißt du, wo er hingegangen ist?«
»Ich glaube, er wollte nach Grandpa suchen.«
Ich merkte, dass ich die Grabgabel ein wenig angehoben hatte. Ich setzte die Zinken auf den Boden und stützte mich darauf.
»Und deine Mummy? Ist die
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