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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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da?«
    »Mummy ist immer da.«
    Ich brauchte einen Moment, bis mir dämmerte, was sie da sagte. Der alte Mann – Grandpa – war nicht nach Hause gekommen, und so war sein Sohn losgezogen, um ihn zu suchen. Die Mutter dagegen war da, weil sie immer da war. Weil sie das Gehöft nie verließ. Nach Wisemans Geschichte – Charlotte Webbs Geschichte – hatte ihre Mutter als Gefangene gelebt. Aber das musste die Frau des alten Mannes gewesen sein. Die Mutter dieses Mädchens musste jünger sein, also hatte sich der Sohn irgendwann unter ihren Opfern eine Frau für sich ausgesucht und die Familie fortgeführt.
    Das konnte alles nicht wahr sein.
    Bei der Vorstellung wurde mir eiskalt, doch es folgte noch ein schlimmerer Gedanke: Hier stimmte noch etwas nicht. Das Tor stand offen. Der Sohn war weggefahren. Dieses kleine Mädchen wusste vielleicht nichts von einem Leben außerhalb dieses Geländes, doch wieso hatte die Mutter nicht zu fliehen versucht, wenn sie als Gefangene gehalten wurde? Wieso war sie hier nicht einfach rausspaziert?
    Es sei denn, auch sie hätte nie etwas anderes kennengelernt.
    Es sei denn, auch sie wäre hier aufgewachsen.
    O Gott …
    »Wo ist sie?«, fragte ich. »Deine Mummy?«
    »Im Haus.« Das kleine Mädchen drehte sich im Kreis und zeigte in die Richtung.
    »Kannst du mich hinführen?«
    Sie drehte sich wieder um.
    »Das darf ich nicht.«
    »Das geht schon in Ordnung«, sagte ich.
    Sie überlegte, machte ohne Vorwarnung noch einmal auf dem Absatz kehrt und rannte in Richtung der Bäume, die vor uns lagen. Es war nicht klar, ob sie wollte, dass ich ihr folgte oder nicht, jedenfalls tat ich es. Ich rannte nicht, sondern ging zügig, während ich sie im Auge behielt. Zugleich hob ich die Gabel ein wenig an und hielt sie horizontal. Packte den Holzstiel fester.
    Was war das hier für ein seltsamer Hof, verflucht?
    Sie führte mich um die Bäume herum. Hier befanden sich links Hühner in Drahtkäfigen, die in ihren Ecken kauerten, während der Boden ringsum von Dreck und Futterresten strotzte. Als ich vorbeikam, flatterte eins von ihnen in Panik wild gackernd gegen den Draht.
    Direkt dahinter waren leere Holzgehege und noch eine Reihe Bäume. Durch die dunklen Kronen war etwas Größeres auszumachen.
    Ein Haus.
    Als ich um das Gehege trat, konnte ich es deutlicher erkennen. Es war ein zweistöckiges Holzhaus. Im Erdgeschoss war Platz für ein Fenster und eine Tür. Zwei Fenster im Obergeschoss. Unter anderen Umständen hätte das Gebäude anheimelnd und einladend wirken können, doch hier und jetzt musste ich an die tief im Wald verborgene Hütte der bösen Hexe denken.
    Das kleine Mädchen lief darauf zu, und ich war drauf und dran, sie zu warnen und zurückzurufen. Doch dann tappte sie mit ihren kleinen Schuhen schon die Holztreppe zur Veranda hinauf und verschwand im Innern.
    Ich blickte nach links und nach rechts, dann hinter mich. Nichts.
    Komm schon, Neil.
    Auf der Veranda stand seitlich von der Haustür ein schmutziges altes Sofa und ein Topf mit verwelkten Blumen. Als ich die Stufen erreichte, stellte ich fest, dass sich unter der Veranda – unter dem ganzen Haus – ein offener Kriechkeller von ungefähr einem Meter Höhe befand, den die Pfosten verbargen.
    Ally.
    Mein Herz pochte schneller, und ich ging in die Hocke. Es war zu dunkel, um viel zu sehen, doch ich spähte hinein.
    Nach allem, was ich sehen konnte, handelte es sich um feuchten, schweren Mutterboden – und es stank. Ich horchte und glaubte, das leise Rasseln von Käfern zu hören, die sich dort unten zu schaffen machten. Ich wollte gerade ihren Namen flüstern …
    Doch in dem Moment öffnete sich die Tür einen Spalt, und ich stand hastig auf. Trat zurück. Die Frau im Eingang starrte mich in ungläubiger Panik an.
    Als ich zurückstarrte, erging es mir nicht besser.
    O Gott, nein.
    Auch wenn inzwischen Jahre vergangen waren, erkannte ich Lorraine Haggerty von dem Foto wieder, das ich online gesehen hatte.

28
    B evor es stockdunkel war, hatte Hannah Hof Ellis erreicht.
    Eine Weile war sie den letzten hellen Streifen am Himmel entgegengefahren. Sie hatte zusehen können, wie die Sonne langsam untergegangen und dann, als hätte sie jemand mit einem Streichholz angezündet, am Horizont noch einmal aufgelodert war. So schnell, wie sie auf der Autobahn gerast war, hätte man meinen können, sie jagte dem Licht hinterher, während sich die Welt stetig zurückzog und schließlich für sie außer Reichweite

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