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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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zugestanden werden, etwas Schreckliches zu denken, solange man bereit ist, es hinterher zu revidieren. Man ist machtlos gegen die Gedanken, die einem kommen, oder? Sie sind sozusagen die Rohfassung. Es ist nicht fair, deswegen für alle Zeit verdammt zu sein.
    Nein. Ich werde dich finden, Ally.
    Ich war dazu entschlossen.
    Und wenn es ein Abstieg in die Hölle wird.

13
    D ie erste Leiche, die Hannah zu Gesicht bekommen hatte, das räumten alle ein, war kein Zuckerschlecken gewesen.
    Eine fettleibige alte Frau hatte in jenem Sommer über zwei Wochen lang tot in ihrem freistehenden Haus gelegen, bevor sie jemand entdeckte. Hannahs Partner von damals, im Vergleich zu ihr ein alter Hase, war bei ihrem Anblick erbleicht, hätte sich, wäre er religiös gewesen, wahrscheinlich bekreuzigt. Zwar hatte die Frau, als sie starb, auf dem Sofa gesessen, doch als sie am Fundort eintrafen, war ein beträchtlicher Teil von ihr schon auf den Teppich gesackt, und die Fäulnis, die ihnen wie in Schwaden entgegenschlug, benebelte ihnen die Sinne. Und doch hatte Hannah nicht mit der Wimper gezuckt, als sie sich an der Wohnungstür die Handschuhe überstreifte. Natürlich hatte sie mit der alten Frau Mitleid empfunden, doch das hatte niemand gesehen, und falls ja, hätte es auch niemanden beeindruckt. Sehr wohl hatten sie dagegen zur Kenntnis genommen, wie souverän die junge Polizistin agierte, als störten sie die Toten nicht mehr als die Lebenden.
    Das sprach sich schnell herum. Hannah Price hatte Nerven aus Stahl. Und natürlich hatte sie über die Jahre viel Schlimmeres zu sehen bekommen. Verkehrsunfälle, bei denen die Menschen in Streifen quer über den Asphalt verschmiert waren; ein scheinbar weggeworfener Motorradhelm, wären da nicht die grotesk zugekniffenen Augen durch das Visier zu erkennen gewesen. Vier Tötungsdelikte, alles Frauen, allesamt Opfer häuslicher Gewalt. Eine Frau mit einem Kessel erschlagen; eine zweite erstochen; zwei weitere, deren Hals jeweils von violetten Fingerabdrücken übersät war. Ein Mann, der sich an einem Türknauf erhängt hatte und dem Augen und Zunge aus einem pflaumenblauen Gesicht hervorquollen.
    Keiner dieser Anblicke hatte sie im mindesten aus der Fassung gebracht. Das Eingemachte – zumindest der physischen Art – focht sie nicht an.
    So gesehen wären die Leichen, die sie am Morgen gefunden hatten, ein Kinderspiel gewesen.
    Der Autopsiesaal befand sich im Kellergeschoss des Leichenschauhauses von Whitkirk, fast unmittelbar unter der Stelle, an der Hannah mit Neil Dawson gestanden hatte, als er die Kleidung seines toten Vaters identifizierte. Der Raum im Erdgeschoss vermittelte mit seinen Kissen, Polstern und Gardinen einen gedämpften, pietätvollen Eindruck, so dass es nirgends sichtbare oder emotionale scharfe Kanten gab, an denen sich die Hinterbliebenen stoßen konnten. Hier unten sah die Sache ganz anders aus, was ebenfalls seinen Zweck erfüllte.
    Die Einrichtung verfügte über sechs Aluminiumtische, je durch eine Waage, Spültische und Schläuche voneinander getrennt, und das alles im künstlichen Licht von Wandlampen, die sich an Scharnieren in jedem Winkel einstellen ließen. Das gesamte Inventar war sauber geschrubbt, sterilisiert und blank geputzt, damit jede Einzelheit der Leichen, die dort lagen, klar zutage trat.
    Die Toten wirkten immer überirdisch entrückt, jedenfalls für Hannah, und wenn sie hier unten lagen, wurde dieser Eindruck verstärkt. Die komplexen Gestalten, Farben und Texturen standen zu den glänzenden Flächen und geraden Winkeln in scharfem Kontrast. Gewöhnlich machte ihr das die Sache leichter; als sie dagegen heute auf die sterblichen Überreste starrte, die sie unter dem Viadukt aus dem Wasser gezogen hatten, half es kein bisschen. Diese Leichen waren, wenn auch halb verwest und zerstückelt, so real wie ein Schlag in die Magengrube.
    Oder ein Kreuz auf einer Karte, nicht wahr, Dad?
    »Wir haben es hier mit den Überresten von zwei Opfern zu tun.«
    Der Pathologe Owen Dale lief zwischen den Seziertischen des Autopsieraums hin und her. Seine Schuhe quietschten ein wenig auf den weißen Fliesen. Sie waren sauber und neu, aber denen, die er am Flussufer getragen hatte, als Hannah am Morgen nach dem Anruf des Leiters des Taucherteams erneut dort erschienen war, zum Verwechseln ähnlich. Mit Anbruch der Morgendämmerung war Dale halb hineingewatet; hatte sowohl den Tauchern als auch seinen Mitarbeitern Anweisungen erteilt, Plastikplanen ausgelegt und

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