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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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CHARLOTTE
    Hannahs Finger schienen ein wenig zu prickeln, als sie die Akte öffnete. Auf dem ersten Blatt waren die Daten der jeweiligen Befragungen festgehalten.
    Datum der Befragung:
    7. September 1977

    Ort:
    Polizeirevier Whitkirk

    Anwesende Beamte:
    DS Graham Barnes
    DS Colin Price

    Sonstige:
    Helen Daniels, Duty Child Care Supervision Officer

    Befragte:
    Name nicht genannt [Charlotte Webb]
    Es folgten gepunktete Linien – auf denen unter normalen Umständen Adresse, Telefonnummer und Geburtsdatum des Befragten sowie eventuelle Aktenzeichen und Einzelheiten zu parallelen Fällen eingetragen wurden. Auf diesem Formular dagegen hatte jemand eine Diagonale durch diese Linien gezogen. Ihr Vater, nahm Hannah an, da sie seine Handschrift auch in einer Randbemerkung wiedererkannte.

    Bei der Befragten handelt es sich um eine unbekannte, weibliche Person, ungefähr fünf oder sechs Jahre alt. Sie wurde am 07. 09. 77 von DS Colin Price aufgefunden, nachdem sie von einer besorgten Mitbürgerin gemeldet worden war. DS Price entdeckte die Befragte auf der Promenade der Main Street, gegenüber Grundstück Nr. 82, auf dem sich gegenwärtig das Café Fisherman’s Catch befindet.

    Die Befragte ist 1,28 groß und hat blaue Augen [siehe Anlage]. Bei Auffinden hatte die Befragte ungekämmtes, blondes Haar, war altmodisch gekleidet und hatte eine Handtasche für eine erwachsene Frau mit einer gepressten Blume darin in ihrem Besitz [siehe Anlage].

    Als DS Price sie ansprach, war die Befragte schwer zugänglich. Sie war nicht in der Lage, ihren eigenen Namen, die Namen der Eltern oder eine Anschrift zu nennen beziehungsweise Angaben darüber zu machen, wie sie an den obigen Ort gelangt war. Bei der Erwähnung von Eltern wirkte die Befragte verstört.

    Befragung findet in Raum 3.8 statt. Gemäß § 4 (1967) wohnte der Befragung Dr. Helen Daniels bei.

    Anmerkung: Befragung wurde in zwangloser Gesprächsform durchgeführt: freundliche, unspezifische Fragen; Spielzeug, Pausen usw.; Zusammenfassung folgt. Mitschnitt auf Band beigefügt. Aussage wird von den anwesenden Beamten sowie Dr. Daniels als korrekt bestätigt und gegengezeichnet.
    Hannah legte das Blatt zur Seite und wandte sich dem nächsten zu.
    Und zitterte ein wenig. Hierbei handelte es sich eigentlich um ein leeres Blatt, an das seitlich zwei Fotos mit Büroklammern angeheftet waren. Sie waren in Farbe, aber sichtlich verblichen. Hannah war an digitale Ausdrucke gewöhnt, und so machten diese einen archaischen, altertümelnden Eindruck, wie alte Urlaubsfotos. Das Irritierende daran war allerdings ihre Anordnung auf dem Blatt – ganz genau wie die Fotos im Album ihres Vaters.
    Andererseits stammte das hier vermutlich auch von ihm.
    Das oberste war eine relativ zwanglose Aufnahme der zu diesem Zeitpunkt noch namenlosen Charlotte Webb kurz nach ihrer Ankunft im Polizeirevier. Sie trug ein schmutziges blau-weiß kariertes Kleid, und ihr Haar war wild zerzaust, die untere Hälfte verfilzt.
    Hannahs erster Gedanke war, dass sie im Freien übernachtet hatte – und zwar für einen längeren Zeitraum, doch bei näherer Betrachtung trog der Eindruck eines entlaufenen, obdachlosen Kindes. Es war eher vernachlässigt und achtlos in Kleider gesteckt worden, die jemand gerade aufgetrieben hatte. Der Eingangskommentar ihres Vaters – altmodische Kleider – ging offensichtlich nicht weit genug. Insbesondere das Kleid sah seltsam aus. Es passte überhaupt nicht in die Zeit, sondern erinnerte eher an eine Radierung aus der viktorianischen Ära.
    »Charlotte« hatte unmittelbar in die Kamera gestarrt, als das Foto gemacht wurde, und ihr Ausdruck war schwer zu deuten. Er war nicht wirklich trotzig, auf jeden Fall aber misstrauisch und auf der Hut wie der eines nervösen Tiers, das bei Gefahr entweder jeden Moment weghuschen oder, falls das nicht ging, sich mit Zähnen und Klauen wehren würde.
    Kleiner Wildfang.
    Auf dem unteren Bild war mehr zu sehen, da es bewusst in Szene gesetzt war. Es war ein Schulterporträt – offensichtlich wohl geplant und ein paar Tage später aufgenommen. Als dieses Bild entstand, war ihr Gesicht sauber, ihr Haar gewaschen, der Filz ausgekämmt. Der größte Unterschied lag allerdings in ihrer Miene, die längst nicht mehr so misstrauisch wirkte. Ein wenig auf der Hut schien sie immer noch zu sein – die Kamera hatte einen Anflug davon in ihren Augen eingefangen –, doch dieses zur Faust geballte Kind hatte sich schon ein wenig

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