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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Verwandeln, das darf ich nicht. Das macht Daddy – und mein Bruder, wenn er älter ist.

    F: »Verwandeln«? Was meinst du damit?
    A: [Sie hat Mühe, es zu erklären] Es ist so, dass ich schon alle meine Eier habe. Alles geht immer weiter, in Wirklichkeit stirbt nichts. Etwas verwandelt sich nur von einer Sache in eine andere. Damit haben die Experimente von meinem Dad zu tun. Aber ich mag sie nicht. So wie mit Jane. Ich mag nicht, was mit ihr passiert ist.

    F: Was ist denn mit ihr passiert? Kannst du uns das sagen?
    A: Daddy hat sie unters Haus geschafft.

    F: Und das hat dir nicht gefallen?
    A: Er sagt, es macht keinen Unterschied, macht es aber doch. Weil sie dann nicht mehr reden und spielen kann. Bei den Kühen oder den Schweinen fällt es mir nicht so auf, aber bei den Menschen ist es anders, weil die Verwandlung mir was wegnimmt, was ich mag. Jane redet nicht mehr mit mir, und sie fehlt mir.

    F: Du hast gesagt, die Blume, die du bei dir hattest, das wäre Jane.
    A: Das ist Jane, nachdem sie sich verwandelt hat. Als sie nicht mehr mit mir gesprochen hat.

    F: Kannst du Jane beschreiben?
    A: Sie war wie sie. [Zeigt auf Dr. Daniels; dies scheint eher für »erwachsen« zu stehen als für eine bestimmte physische Beschreibung.]

    F: Worüber habt ihr denn gesprochen?
    A: Was wir geredet haben? … Sie hat mir gesagt, das würde schon. Sie hat oft gesagt, sie würde es schaffen wegzulaufen, und dann würde sie mich in Sicherheit bringen. Wenn ich nicht unter dem Haus war, dann hat sie viel geschrien und geweint, dass der Boden davon gesummt hat. Aber wenn ich unten war, hat sie zu mir gesagt, dass sie mich liebhat und dass ich besser … ich weiß nicht.

    F: Glaubst du, Jane war stolz auf dich, als du aus der Straßenbahn gesprungen bist?
    A: Ja [nickt lebhaft]. Ich glaube, das ist sie immer noch, auch wenn sie es nicht mehr sagen kann. Sie ist immer noch am Leben, aber in einer anderen Form. Aber ich mochte Jane vorher lieber.

    F: Vorher?
    A: Bevor Daddy sie in eine Blume verwandelt hat.
    »Bitte sehr.«
    Hannah zuckte zusammen, als eine Akte mit einem klatschenden Geräusch auf dem Tisch landete.
    »Was?«
    Der diensthabende Sergeant war schon wieder auf dem Rückweg.
    »Die erste«, sagte er. »Dennison.«
    Hannah warf einen Blick auf die braune Akte und sah den Namen, der seitlich mit schwarzem Filzstift daraufstand. DENNISON, CHARLES. Doch sie war im Moment mit ihren Gedanken woanders und ließ sie links liegen. Stattdessen blickte sie wie gebannt auf die Akte WEBB. Starrte darauf, starrte durch sie hindurch. Als hätte es in einer Welt mit einer etwas verschobenen Achse eine Explosion gegeben.
    Sie erinnerte sich an ihre Lieblingsgeschichte als Kind. Sie handelte von einem Mädchen, das auf einem schrecklichen Bauernhof aufwuchs, wo sie von ihrem grausamen Vater und ihrem ebenso schlimmen Bruder wie eine Sklavin behandelt wurde. Der Hof war grau und trostlos, und alle Blumen, die dort wuchsen, waren schwarz. Eines Tages stahl das ausgehungerte Mädchen einen Apfel vom Baum, und ihr Vater war so wütend, dass er sie im Wald lebendig begrub und wegging. Doch ein freundlicher Fremder fand sie. Er sah schwarze Blumen, die in der Gestalt eines kleinen Mädchens wuchsen, und er befreite sie aus ihrem Grab. Er nahm sie an einen Ort mit, wo die Blumen alle strahlend bunt waren und wo sie immer sicher sein würde.
    Kein Zufall.
    Aber was dann?
    Entweder hatte diese »Charlotte« dasselbe Buch gelesen und sich eine Geschichte ausgeheckt, die darauf basierte, oder aber …
    Oder es war nie ein echtes Buch gewesen.
    Hannah schloss die Augen und versuchte, es sich vorzustellen, dieses Buch aus Seiten, Rücken und Deckel in ihren Händen – oder wenigstens in den Händen ihres Vaters, der ihr daraus vorlas. Sie versuchte es mit aller Macht. Doch es gelang ihr nicht. Falls sie jemand bis zu diesem Tag danach gefragt hätte, dann wäre sie sich absolut sicher gewesen, dass es illustriert war, denn sie hatte zu den Worten Bilder im Kopf. Jetzt kam sie ins Grübeln. Waren es Bilder, die sie auf einer Seite gesehen hatte, oder Phantasiegebilde, die sie sich ausgemalt hatte, während sie die Geschichte hörte?
    Sie konnte es nicht sagen.
    Hannah stützte die Ellbogen auf den Tisch und rieb sich mit den Fingerspitzen über die Stirn, um einen klaren Kopf zu bekommen und nachzudenken.
    Wenn es nun nie ein reales Buch gegeben hatte? Das würde bedeuten, dass Charlottes Bericht der Wahrheit entsprach, ihr Vater hatte sich

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