Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Soldaten zu sehen,
vermutlich Vietnamesen, die nach Ho Chi Minhs Sieg mit nach Frankreich gegangen
waren.
Hercule war inzwischen Oberst. Weitere Fotos zeigten ihn vor einem sehr
alten De Gaulle, der ihm die Rosette der Legion d'Honneur an die Brust
heftete. Auf einem viel kleineren Foto weiter hinten - es war nur ungefähr
acht Quadratzentimeter groß - stand Hercule neben einem beeindruckenden
schwarzen Mann mit Bart und Uniform sowie einem weißen Offizier, dessen Gesicht
Bruno irgendwie bekannt vorkam. Angesichts all dieser Bilder, die einen Großteil
der modernen, zum Teil gewiss geheimen Geschichte Frankreichs abdeckten, fragte
sich Bruno, wie dieser Mann damit hatte zufrieden sein können, die Hände in den
Schoß zu legen und ihm, Bruno, wertvolle Tipps über Trüffeln zu geben.
Die Berge von Akten und Papieren zu sichten würde wahrscheinlich viel
Zeit und Personal beanspruchen und womöglich brisantes Material zutage fördern,
das der Staat lieber geheim hielt. Ein Buch, auf das er selbst neugierig war,
hatte er allerdings bislang nicht gefunden, nämlich Hercules Trüffeljournal,
auf das Didier so scharf war. Wenn es Hercule bei sich gehabt hatte, was zu
erwarten war, würde es der Spurensicherung in die Hände fallen. Bruno nahm sich
vor, sich bei Jean-Jacques zu erkundigen.
Die Schreibtischschubladen schienen unverschlossen zu sein. Mithilfe
seines Taschentuchs zog er sie auf und fand darin Belege und Kontoauszüge, fein
säuberlich geordnet. In der mittleren Schublade lag ein Umschlag mit der Aufschrift Testament, darunter die handschriftliche Bemerkung, dass das
Original bei einem Notar in Sainte Alvere hinterlegt sei. Er schob die Lade
wieder zu, ging durch die Küche zur Hintertür und schob die Lackdose beiseite,
die er vor die Tür gestellt hatte, als noch nicht auszuschließen gewesen war,
dass sich jemand im Haus aufhielt. Er stellte die Dose in den Schuppen zurück
und suchte die Außentoilette auf, um zu pinkeln. Schmunzelnd nahm er die
quadratischen Schnipsel der Sud-Ouest zur
Kenntnis, die an einem Nagel steckten. Hercule war in solchen Dingen sehr altmodisch,
was Bruno an das Waisenhaus erinnerte, in dem er seine Jugend verbracht hatte.
Er wusch sich die Hände über dem Spülstein in der Küche, als er ein
Geräusch hinter sich hörte und dann die Worte „Hände hoch, Polizei!“. Eine
Frauenstimme, die er sofort erkannte. Isabelle.
„Dürfte ich sie mir zuerst fertigwaschen?“, fragte er und versuchte,
sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen. Ihre letzten Worte, vor fast drei
Monaten ausgesprochen, hatte er noch deutlich im Ohr, ihr durchs Telefon
gehauchtes: Ich vermisse dich. „Ich würde dich gern sehen, Isabelle, wenn du
mir bitte erlauben würdest, dass ich mich umdrehe - „
„Du solltest bewaffnet sein und vor dem Haus Wache stehen“, sagte sie.
„Und du solltest dich ausweisen können“, sagte er, schüttelte die Hände
aus und drehte sich um. Wie schön, sie wiederzusehen!
Sie hatte die Haltung eines Schützen eingenommen, stand mit gebeugten
Knien und ausgestreckten Armen vor ihm und hielt eine pama g i in beiden Händen, die neue Standardpistole
der französischen Polizei. Da Bruno seine alte Dienstpistole so gut wie nie bei
sich trug, sah er keinen Sinn darin, das Budget von Saint-Denis mit dem Kauf
einer neuen Waffe zu belasten. Isabeiles Blick wirkte kühl, doch ihre Augen
glitzerten ein wenig. Ihre Haare waren wie immer kurz geschnitten, und wie
immer trug sie Schwarz: einen langen Regenmantel, darunter Hose und Rollkragenpulli.
Die Füße steckten in schwarzen Schnürschuhen mit flachen Absätzen. Selbst in
diesem uniformähnlichen Aufzug schaffte sie es, besonders elegant auszusehen.
„Nichts ist sexyer als eine Frau mit Knarre, die, wie ich weiß, auch
sehr gut damit umgehen kann.“
„Wo ist deine Flinte?“
„Die muss noch auf Hercules Bett liegen. Ich habe mich für seine Bücher
interessiert und sie abgelegt.“
„Du verweichlichst, Bruno.“
„Vielleicht brauche ich dich, um mich daran zu erinnern, ein Kerl zu
sein.“
„Vielleicht.“ Sie ließ die Pistole sinken und richtete sich zur vollen Größe
auf, legte den Sicherheitshebel um und begrüßte ihn mit Küsschen auf beide
Wangen. Sie duftete, wie er es von ihr kannte, nicht nach Parfüm, sondern nach
irgendeiner sportlichen Seife oder nach Shampoo. Sie umarmte ihn ein bisschen
länger als nötig, wohl im Andenken an ihre einstige Liebschaft, und er spürte
wieder ihre Kraft und
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