Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
beiden eilten nach draußen. An den Ständen auf der rechten Seite herrschte
lärmender Aufruhr, und mit aufheulendem Motor verschwand ein Motorrad auf der
kleinen Straße, die von der Burgruine wegführte. Bruno sah sich einer Szene gegenüber,
die er so ähnlich schon einmal erlebt hatte, einem zerschlagenen Marktstand,
beschmiert mit schwarzer Farbe, von der auch die Umstehenden etliche Spritzer
abbekommen hatten, vor allem eine Asiatin, die schreiend unmittelbar danebenstand.
Bruno glaubte frischen Lack riechen zu können, als er sich ihr näherte. Ein
junger Asiat zog gerade einen großen 20 -Liter-Kanister
von der zertrümmerten Kühlvitrine und dem Frittiergerät weg. Bruno warf einen
Blick auf das Kühlaggregat und drehte das Ventil der Gasflasche zu. Zum Glück
hatte der Lack die Zündflamme gelöscht, sonst wäre womöglich zu allem Überfluss
auch noch ein Feuer ausgebrochen.
„Ruhe“, rief er. Manche der Händler kannten ihn. „Marie, rufen Sie
bitte einen Krankenwagen, womöglich ist die Frau verletzt worden.“ Dem Jungen
sagte er, er solle sich zur Verfügung halten. Dann wandte er sich einem der
Händler zu. „Was ist passiert, Leopold?“
„Zwei Personen, die beide Helme trugen, sind auf einem Motorrad
aufgekreuzt und haben mit provozierenden Fahrmanövern die Menge aufgebracht.
Der Beifahrer hat schließlich den Lackkanister gezielt auf Madame Duongs Stand
geschleudert. Dann sind sie davongerauscht, ehe jemand einschreiten konnte.“
„Hat irgendwer die beiden erkannt oder zumindest einen von ihnen?“
„Nicht unter den Helmen“, antwortete Leopold.
„Wer bist du?“, fragte Bruno den jungen Asiaten, dem der schwarze Lack
vom Hemdsärmel tropfte. Er wirkte sehr verängstigt. Bruno schätzte ihn auf
höchstens sechzehn.
„Ich bin ihr Sohn“, sagte er mit südfranzösischem Akzent. „Pierre
Duong. Ich bin heute mitgekommen, um meiner Mutter zu helfen. Normalerweise
ist mein Vater hier, aber er hatte heute anderes zu tun.“
„Hast du eine Ahnung, wer die Angreifer gewesen sein könnten oder was
sie von euch wollten?“
Der Junge schüttelte den Kopf. „Ich muss meinen Vater anrufen.“ Er griff
nach seinem Handy, das am Gürtel hing, aber völlig mit Farbe verschmiert war.
„Wo ist dein Vater?“
„Im Büro.“
„Kümmere dich um deine Mutter, bis die Sanitäter hier sind. Eine Frage
noch, Pierre. Kennst du Vinh, der einen Marktstand in Saint-Denis hat?“ Der
Junge nickte. Bruno gab ihm sein Handy. „Ruf deinen Vater an. Sag ihm, er soll
schnell kommen und ein paar saubere Sachen mitbringen.“
Bruno wandte sich der Menge zu, die einen Halbkreis um ihn gebildet
hatte und ihn abwartend beobachtete.
„Hat sich jemand das Kennzeichen des Motorrads gemerkt oder zumindest
dessen Farbe, irgendetwas, was uns helfen könnte, die Täter zu identifizieren?“
„Ich nehme zu Protokoll“, sagte Nicco und zog ein abgegriffenes
Notizbuch samt Kugelschreiber aus der Tasche.
„Und vielleicht könnten einige von Ihnen dafür sorgen, dass hier Ordnung
geschaffen wird“, sagte Bruno voreilig und rüffelte sich im Stillen dafür, dass
er immer vorpreschte, wenn gehandelt werden musste, aber niemand Eigeninitiative
zeigte. „Verzeihung, Nicco, es wäre wohl besser, Sie nähmen die Sache in die
Hand.“
„Es sind schon ein paar Helfer unterwegs“, erwiderte der Bürgermeister
und steckte sein Handy weg. „Verdünner und Putzmittel zahlt die Gemeinde“,
fügte er hinzu, als Marie mit einer großen Packung Haushaltstücher herbeieilte.
Im Hintergrund war die Sirene eines Krankenwagens zu hören.
„Bruno“, rief Jean-Jacques über die Straße hinweg. Er stand vor einem
Laden und winkte ihn zu sich. „Einen solchen Anschlag hat es doch unlängst
auch bei Ihnen auf dem Markt gegeben, nicht wahr?“
„Nur mit dem Unterschied, dass die Täter in einem Auto gekommen sind und
mit Öl um sich gespritzt haben“, präzisierte Bruno. „Aber dass es zwischen
beiden Vorfällen einen Zusammenhang gibt, liegt auf der Hand, und ich vermute,
die Angreifer haben aus dem gelernt, was in Saint-Denis für sie schiefgelaufen
ist. Ich muss unbedingt mit Vinh reden. Das ist der Händler, dem der Anschlag
bei uns gegolten hat. Keine Ahnung, was hinter alldem steckt. Und jetzt ist
Vinh verschwunden, zusammen mit seiner Frau. Mal sehen, was sich über das
hiesige Opfer erfahren lässt, das ebenfalls aus Asien kommt.“
„Da bin ich auch gespannt“, sagte Jean-Jacques. „Ich bin soeben von
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