Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Achseln. „Sehen Sie darin ein Mordmotiv?“
„Hängt ganz davon ab, wie viel Geld im Spiel ist. Jedenfalls sollten
wir auch in dieser Richtung ermitteln.“
„Versuchen Sie, Hercules Trüffelbuch aufzutreiben, das ist ein
Verzeichnis, in dem er alle seine Funde, Verkäufe und Erlöse eingetragen hat.
Auf dem Markt wissen alle, dass er so ein Buch besaß. In seinem Testament hat
er mich damit bedacht. Es ist aber weder in seinem Haus noch in seinem Wagen zu
finden. Dieser dgse -Vertreter hat Ihnen seine volle Kooperation zugesichert.
Zurzeit wird er wohl in Hercules Haus sein und in den Akten stöbern. Sie
könnten ihn dort aufsuchen und auf dieses Buch hinweisen. Dann wäre die Suche
danach gewissermaßen amtlich.“
„Kann ich machen. Ich werde außerdem eine Auflistung aller von Hercule
ausgegangenen und entgegengenommenen Anrufe anfordern. Er hatte sowohl eine
Festnetznummer als auch ein Handy. Was haben Sie vor?“, fragte Jean-Jacques.
„Ich fahre zurück nach Saint-Denis. Unterwegs werde ich in der Klinik
vorbeischauen und nach Madame Duong sehen.“
Chapter 10
Madame Duong trug einen weißen Kittel, die Leihgabe einer
Krankenschwester, und roch stark nach Terpentin. Neben ihr saß ihr Sohn Pierre.
Er trug immer noch seine farbverschmierte Kleidung, hatte sich aber immerhin
Gesicht und Haare gewaschen. Unter seinem Stuhl waren Zeitungen ausgelegt
worden, um zu verhindern, dass er den Boden des Wartezimmers bekleckerte.
„Keine Ahnung“, sagte sie zum wiederholten Mal. Auf alle Fragen Brunos -
nach dem Verbleib der Vinhs oder den Problemen auf den anderen Märkten - gab
sie immer nur diese eine Antwort. Ob sie der Polizei gegenüber misstrauisch
war oder nur einfach gegenüber allen Nichtvietnamesen, konnte Bruno nicht
sagen. Vielleicht stand sie immer noch unter Schock. Sie zupfte nervös am Ärmel
ihres Kittels. Bruno fiel auf, dass ihre Fingernägel bis zum Nagelbett
abgebissen waren. Dem Alter ihres Sohnes nach konnte sie eigentlich höchstens
fünfzig sein, doch wirkte sie an die zwanzig Jahre älter, hatte müde Augen und
weißen Haaransatz. Sie wich Brunos Blicken aus, schaute zu Boden und presste
die dünnen Lippen fest zusammen.
„Meine Mutter ist erschöpft“, sagte Pierre eher resigniert als
vorwurfsvoll. „Können Sie uns nicht bitte allein lassen?“
„Ich weiß nichts“, beteuerte sie wieder, als die Tür zum Wartezimmer
aufging und ihr Mann hereinkam. Sie stand auf und ließ sich von ihm in den Arm
nehmen. Bruno schätzte ihn auf Anfang bis Mitte vierzig. Er trug einen Trainingsanzug,
war hager und drahtig, um einiges kleiner als sein Sohn. Vor dem Fenster sah
Bruno den Wagen, mit dem er gekommen war. Ein Mann saß am Steuer, ein anderer
stand neben der Beifahrertür. Mit seiner finsteren, aggressiven Miene machte
der auf Bruno den Eindruck eines professionellen Leibwächters.
Duong reichte seiner Frau und seinem Sohn je eine Tüte mit Kleidung und
wollte den beiden ins Zimmer nach nebenan folgen. Aber Bruno räusperte sich
und sagte: „Monsieur Duong, ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.“
„Wer sind Sie?“, fragte er, obwohl Bruno Uniform trug. Im Unterschied zu
seiner Frau sprach er ein akzentfreies Französisch, aber eher wie ein Pariser
und nicht wie sein Sohn im Dialekt des Perigord.
„Ich bin ein Freund Ihres Cousins Vinh, der auch überfallen wurde, wie
heute Ihre Frau“, antwortete Bruno. „Ich möchte wissen, wer dahintersteckt.“
„Keine Ahnung“, entgegnete Duong. „Ich war nicht dabei.“
„Wo ist denn Vinh im Moment?“
„Auch das weiß ich nicht.“
„Wie erklären Sie sich diese Angriffe auf vietnamesische Marktstände?“
„Dafür habe ich keine Erklärung.“ Duongs Blick huschte zwischen der Tür
zum Nebenzimmer und dem Fenster, vor dem das wartende Auto zu sehen war, hin
und her.
„Sie sollten wissen, ich war auch ein Freund von Hercule Vendrot „,
sagte Bruno. Jetzt schaute Duong ihm ins Gesicht und lächelte matt.
„Ein guter Mensch.“
„Wissen Sie, dass er ermordet wurde?“
Er nickte und seufzte. „Schreckliche Zeiten.“
„Ihre Frau und Vinh sind überfallen worden, Vendrot wurde auf
bestialische Weise getötet. Ich brauche Ihre Hilfe.“
Wieder nur dieses traurige Lächeln, aber kein Wort.
„Wovor haben Sie Angst? Warum kommen Sie mit Bodyguards hierher?“
„Das sind Freunde, keine Bodyguards. Entschuldigen Sie, aber ich möchte
jetzt meine Familie nach Hause bringen“, sagte er, als sich die
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