Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
wissen Sie davon?“
„Das Büro des Präfekten hat angerufen. Man wollte wissen, wo
Brandverletzungen am besten therapiert werden können und welche Ärzte darauf
spezialisiert sind. Ich habe während meiner Militärzeit etliche Brandopfer
behandeln müssen und stehe jetzt selbst auf der Expertenliste. Mir scheint,
dass weitere Anschläge dieser Art befürchtet werden.“
„Interessant“, sagte Bruno. „Übrigens, wie geht's Ihrem Sohn?“
„Er macht sich ganz gut in dem Pariser lycee. Nächstes
Jahr wird er wahrscheinlich auf die Uni gehen und Politikwissenschaften
studieren können. Das hat er nicht zuletzt Ihnen zu verdanken.“
Bruno nickte. Der junge Richard Gelletreau hatte vor einiger Zeit unter
Mordverdacht gestanden, war dann aber von Bruno entlastet worden. „Grüßen Sie
ihn von mir, und sagen Sie ihm, dass wir mit seiner Teilnahme am Tennisturnier
im Sommer rechnen. Wenn er einen Partner fürs Doppel braucht, stehe ich gern
zur Verfügung.“
Als Bruno ins Wartezimmer zurückkehrte, sah er Rollo, den Rektor des College von
Saint-Denis, in der Ecke sitzen und in einer alten Illustrierten blättern.
Bruno spielte regelmäßig mit ihm Tennis. Rollo war Anfang fünfzig und immer
noch ein attraktiver Mann, wirkte aber meist niedergedrückt. Dass das
Schulbudget nie ausreichte und kaum gute Lehrer zu finden waren, die freiwillig
in die Provinz kamen, machte ihm schwer zu schaffen.
„Salut, Rollo“, sagte Bruno und schüttelte ihm die Hand. „Was
machst denn du hier?“
„Ich brauche Schlaftabletten“, antwortete er. „Nacht für Nacht wache ich
gegen drei auf und kann nicht wieder einschlafen, auch wenn ich nichts
getrunken habe.“
„Vielleicht solltest du häufiger Tennis spielen, dich beim Training
richtig verausgaben.“
„Wenn ich bloß die Zeit dazu hätte! Joliot, unser Naturkundelehrer, ist
entschlossen, mit sechzig in den Ruhestand zu gehen. Jetzt muss ich bis Januar
Ersatz auftreiben. Zum Glück ist dank des neuen Lehrplans Geld dafür da, aber
bislang war keiner der Bewerber für den Job qualifiziert.“
„Gibt's schon wieder einen neuen Lehrplan? Ist der alte nicht erst
letztes Jahr geändert worden?“ Bruno erinnerte sich an Rollos Klagen.
„Von dieser Änderung spreche ich ja. Wir müssen jetzt Umweltkunde
unterrichten. Joliot hätte das mit Hängen und Würgen hingekriegt, aber unsere
Schüler verdienen jemanden, der das auch studiert hat.“
Bruno hatte einen Einfall. „Würde nicht jedes in Paris absolvierte
naturwissenschaftliche Examen reichen, zum Beispiel eines in Chemie?“
„Wenn du jemanden findest, der in Paris studiert hat und an unserem College zu
unterrichten bereit ist, mache ich dich zum Rektor. Trotz aufgestockten Budgets
können wir maximal zweitausend Euro pro Monat an Lohn zahlen. Ich fürchte, ich
werde mich mit jemandem begnügen müssen, der einen Bachelorabschluss mit
Lehrbefugnis hat.“
„Ist diese Lehrbefugnis unerlässlich?“
„Nicht unbedingt. Bei entsprechender fachlicher Qualifikation lässt sie
sich auch nachträglich erwerben, nämlich über einen Seiteneinstieg, der von
einem erfahrenen Lehrer begleitet wird. Hast du jemand Bestimmtes im Auge?“
„Ja, eine junge Frau aus Sainte Alvere, Mutter von zwei Kindern und seit
kurzem geschieden. Sie arbeitet als Aushilfe auf dem Trüffelmarkt und verdient
dort die Hälfte von dem, was du anbieten kannst. Sie ist eine sehr vernünftige
Frau, hat ein Chemiediplom und war in der Forschung tätig.“
„Bei der Qualifikation könnte man noch fünfhundert Euro drauflegen. Und
du glaubst, sie wäre interessiert?“
„Ich könnte sie fragen“, antwortete Bruno, der bereits ausgerechnet
hatte, dass Florence, wenn sie den Job annähme, mehr verdienen würde als er
selbst. Er suchte im Adressbuch seines Handys nach der Nummer, die sie ihm genannt
hatte, und rief an.
Nachdem er ihr gesagt hatte, worum es ging, blieb es am anderen Ende der
Leitung eine Weile still.
„Wollen Sie mich veräppeln, Bruno?“, fragte sie.
„Nein. Hier, Sie können selbst mit den Rektor sprechen.“
Er reichte Rollo sein Handy und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand,
während die beiden miteinander redeten und ein Treffen vereinbarten. Als Rollo
ihm das Handy zurückgab, sagte Bruno: „Sie hat einen schrecklichen Job auf dem
Markt in Sainte Alvere. Ihr Arbeitgeber ist ein ausgemachter Mistkerl.“
„Sprichst du von Didier? Ich bin mit ihm zur Schule gegangen. Ich
kannte ihn kaum, erinnere mich aber,
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