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Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)

Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)

Titel: Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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hier. Ich
will deutlich machen, dass meine Familie Unterstützung leistet.“
    Bao Le schaute in die Runde und blickte allen Anwesenden der Reihe nach
in die Augen. Bruno bemerkte, dass sich die anderen verneigten. Was meinte Bao
Le mit dem Hinweis auf seine Familie? Kaum hatte sich Bruno diese Frage
gestellt, glaubte er die Antwort darauf auch schon gefunden zu haben. Der
vietnamesische Familienname stand immer an erster Stelle. Bao Le war
anscheinend verwandt mit dem letzten vietnamesischen Kaiser Bao Dai, der 1955 abgesetzt
wurde, als die Amerikaner dem Land eine republikanische Verfassung unter der
Präsidentschaft Diems verordnet hatten. Bruno musterte den jungen Mann und
fragte sich, wie dessen königliche Abstammung und die Hände eines Karatemeisters
zusammenpassten.
    Der Brigadier sah Vien an, der genüsslich an seinem Cognac schlürfte.
„Sie könnten, wenn Sie wollten, immer noch eine Truppe von hundert Männern
zusammentrommeln, bewaffnen und auf die Straßen von Marseille schicken.“
    „Warum provozieren die Chinesen in Marseille dann keine offene Schlacht
gegen eine solche Truppe?“, fragte Bruno. „Warum schikanieren sie kleine Leute
wie die Vinhs in Saint-Denis oder die Duongs in Sainte Alvere? Ich verstehe
das nicht.“
    Vien schlug mit einem Löffel an sein Cognacglas, und Bruno zuckte
zusammen.
    „Unser junger Freund aus Saint-Denis stellt endlich die richtige Frage“,
sagte der Alte. „Die Antwort liegt auf der Hand. Es sind inzwischen so viele
Chinesen nach Frankreich eingereist, dass es im milieu nicht mehr
genügend zu verdienen gibt, nicht einmal dann, wenn sie den gesamten
Drogenhandel in Europa unter ihrer Kontrolle hätten. Sie schleusen Illegale ins
Land und müssen Arbeit für sie finden. Darum haben sie es auf Restaurants
abgesehen, auf Marktstände, Friseurläden und Supermärkte. Der treizieme steht vor
großen wirtschaftlichen Problemen, denn es geht um eine Menge Menschen.“
    „Es brächte also auf die Dauer nicht viel, wenn man mit dem treizieme ein weiteres
Stillhalteabkommen aushandeln würde. Ist es das, was Sie uns sagen wollen?“,
fragte Bruno.
    „Nicht ganz“, antwortete Vien. „Wir könnten schon zufrieden sein, wenn
ein solches Abkommen wenigstens ein oder zwei Jahre wirksam wäre - und unser
Freund dafür sorgen würde.“ Er nickte in Richtung des Brigadiers.
    „Darf ich auch etwas dazu sagen?“, meldete sich Isabelle von der Tür.
„Den Problemen ließe sich vielleicht beikommen, wenn der Zustrom illegaler
Einwanderer gestoppt würde. Das ist unsere Aufgabe, bei der Sie, die Vietnamesen,
uns aber durchaus helfen könnten.“
    „Als Spitzel oder wie?“, entgegnete Vien in eisigem Tonfall. Tran
schien etwas sagen zu wollen, besann sich aber und presste die Lippen
aufeinander. Vinh schnappte hörbar nach Luft.
    „Wie dem auch sei“, erwiderte der Brigadier. „Die Inspectrice hat uns
auf einen wichtigen Schnittpunkt unserer jeweiligen Interessen hingewiesen.“
    „In der Tat“, sagte Bao Le leise.
    Vien nickte. Er hatte die Augen halb geschlossen und zündete sich eine
weitere Nelkenzigarette an. Nach einer längeren Pause wandte er sich Tran zu,
der offenbar Mühe hatte, die Fassung zu bewahren - vor Ungeduld, so kam es
Bruno vor.
    „Vielleicht sollten wir jetzt mit dem Essen beginnen“, meinte Vien.
    „Zuerst möchte ich eine Antwort hören“, platzte es aus Tran heraus.
Ungeachtet der finsteren Miene, mit der ihn der Alte bedachte, fuhr er fort:
„Ich achte dich als weisen Mann und alten Freund meines Vaters. Aber mein Vater
ist tot, und ich bin Vertreter einer neuen Generation, die mit dem, was die
Binh Xuyen in Marseille treiben, nichts zu schaffen haben will. Ich finde den
Vorschlag, der gerade gemacht wurde, sehr gut, denn mir ist daran gelegen,
dass ich keine Waffe tragen und keine Angst davor haben muss, dass in meinem
Restaurant eine Bombe hochgeht oder eines meiner Kinder gekidnappt wird.“
    „Ich kann nicht eigenmächtig entscheiden. Andere müssen zu Rate gezogen
werden“, entgegnete Vien und wandte sich mit freundlichem Lächeln an Bao Le.
„Mir ist bewusst, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den französischen Behörden
ist. In Vorbereitung auf dieses Treffen habe ich ein paar Informationen
zusammengetragen, die nützlich sein könnten.“
    Er griff in eine schmale Aktentasche, die am Stuhlbein lehnte, und zog
einen Ordner heraus.
    „Bekanntlich haben wir einige Erfahrung mit dieser Form der
Einwanderung“, sagte der Alte.

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