Schwarze Dynastie
er machte Pläne, während sich Marthas Gesicht und Glieder wieder ein wenig rundeten.
15.
Commander Grinnel war an jenem Tag Offizier vom Dienst und darüber stocksauer. Man riskierte bei diesen geheimdienstlichen Aufträgen Kopf und Kragen. Aber selbstverständlich war er im Haus der Wache mit einer .45er an der Hüfte. Eine unendlich lange Nacht lag vor ihm, und draußen schnarchte die zehnköpfige Wache. Den Vorschriften nach müßte er ja jetzt eine Runde in New Portsmouth machen und alle Wachen visitieren, aber die gaben sowieso nur ein kurzes Gastspiel am Dienstort und verbrachten die übrige Zeit in Bordellen und Kneipen. Irgendein Kamerad sorgte schon dafür, daß sie rechtzeitig auf Posten waren. Er als Commander müßte natürlich ...
Er schläferte sein schlechtes militärisches Gewissen damit ein, daß alle Schiffe ihre eigenen Wachen hatten, und an Land gab es nichts, was des Aufpassens wert gewesen wäre. Vielleicht stahl sich einer von den Wilden in die Stadt und klaute ein wenig Munition. Nun, fing man ihn, und wenn nicht, wen interessierte es schon, wenn ein paar Patronen fehlten?
Er fluchte herzhaft auf die Langeweile dieses Dienstes; doch ganz verloren war die Zeit nicht. Man konnte über die Karriere nachdenken, und in dieser Beziehung konnte man gar nicht genug tun. Man mußte die Leute studieren, ihre Druckknöpfe herauszufinden versuchen und sich darüber klarwerden, wann und wie man sich ihrer bedienen konnte.
Zum Beispiel kannten ihn die Soldaten hier zuwenig. Sie wußten nur vage, daß sie mit Ungehörigkeiten nicht durchkamen, wenn Grinnel Dienst hatte, aber das genügte nicht. Er mußte sich als Persönlichkeit profilieren, entweder mit ausnehmender Freundlichkeit und Leutseligkeit oder mit Unnahbarkeit und Strenge. Er, Grinnel, war leider weder das eine noch das andere, und da müßte er nun bald etwas tun.
Grinnel schaute auf die Uhr und war außerordentlich zufrieden mit sich selbst. Man konnte die Zeit auch zum Nachdenken benützen.
Sie huschten durch das mitternächtliche New Portsmouth. Sie führte. Da und dort flammte ein Licht auf, und manchmal hörten sie einen Menschen schreien.
»Hier ist das Hurenhaus«, wisperte Martha. Es war die ruhige Zeit zwischen den Zahltagen, und daher war nur im Salon Licht. Sie duckten sich durch das Gäßchen, das daran vorbeiführte und gleichzeitig den Rand der Quartiere lediger Offiziere bildete. Der Posten mußte am anderen Ende seiner Runde sein, und das gehörte zum Plan.
Lee Falcaro bewohnte allein einen versperrten Raum im Gebäude der ONI. Marine G-2 und die Geheimdienstschule der Garde hatten sie der ONI zu entreißen versucht, denn sie war ein Prestigeobjekt für jede Organisation. Die ONI schützte ihr Prestige mit einem Kombinationsschloß an ihrer Tür. Martha hatte aus siebzig Meilen Entfernung oft genug beobachtet, wie das Schloß geöffnet und geschlossen wurde.
Unter einer trüben Laterne in der Halle des ONI-Gebäudes schnarchte ein Wachtposten.
»Sonst noch jemand da?« fragte Charles.
»Nein, nur sie ist in ihrem Zimmer, und sie schläft. Sie träumt ... ah, egal. Komm, Charles, der Posten schläft.« Sie huschten die Treppe hinauf. Lee Falcaros Zimmer war eine fest ausgebaute Dachkammer im dritten Stock. Man erreichte sie vom zweiten Stock aus über eine Leiter.
Das Schloß war eine Achtziffernrarität und vermutlich ein Beutestück aus der Heimat. Charles' Finger flogen darüber: 1-7-5-4, 2-2-7-3, 8-2-6-6 – lautlos öffnete es sich. Aber die Tür knarrte ein wenig. »Sie wacht auf«, zischte ihm Martha zu. »Sie wird schreien!«
Mit zwei langen Schritten stand Charles an ihrem Bett und drückte seine Hand auf Lee Falcaro-Bennets Mund. Sie gab nur einen erstickten Laut von sich, wehrte sich aber heftig.
»Halt den Mund, Lady«, flüsterte Martha. »Keiner vergewaltigt dich.«
»Mmmmm?« tat sie erstaunt, zitterte zwar noch, gab aber jeden Widerstand auf.
»Jetzt mach weiter«, sagte Martha zu Charles. »Sie schreit nicht.«
»Wir sind gekommen, dir den Bürgereid abzunehmen«, sagte Charles.
»Da habt ihr euch aber eine komische Zeit ausgesucht«, murmelte sie. »Wer seid ihr? Und wozu all dieses Geflüster?«
»Ich bin Commander Lister«, improvisierte er. »An Bord der Taft eben aus Island gekommen. Ich bin beauftragt, dich als Bürgerin zu vereidigen. Du weißt ja, welch eine Seltenheit das für eine Frau ist.«
»Und wer ist das Kind? Warum kommt ihr mitten in der Nacht?«
»Der
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