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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. M. Kornbluth
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Kennedy. Er schien sich um einen dünnen Strang einer unbegreiflichen Logik zu drehen, und manchmal tickte der Pendel, blinkte das grelle Licht, schrillte die Klingel. In Lügen schien man ihn ertränken zu wollen. Manchmal raste er durch New Portsmouth, und die wütenden Garden bedrohten ihn mit langen, blitzenden Messern.
    Doch dann lag er wieder unter dem Dolmen, und Martha kühlte ihm den Kopf und fluchte leise auf ihn ein, weil er ein so unglaublicher Narr sei.
    »Ja, ich bin wieder da«, knurrte sie ihn an, als zum ersten Mal Erkennen in seinen Augen dämmerte. »Ich sollte ja wirklich auf dem Weg nach England sein, damit ich endlich meine eigene Bande bekomme, aber ich hörte deinen Schmerz schreien, und da dachte ich, ganz recht geschieht dir, wenn du die Todeswurzeln nicht kennst, aber ich kehrte um und kam zurück.«
    »Geh nicht mehr von mir weg«, bat er heiser.
    Sie hielt ihm eine Rindentasse an die Lippen, und er mußte ein bitteres, scheußlich schmeckendes Getränk schlürfen. »Keine Angst«, brummte sie. »Ich geh nicht. Ich tu alles, was du willst. Damit beweise ich dir, daß ich ein ebenso großer Narr bin wie du, oder noch viel größer, weil ich es besser weiß. Ich helfe dir, sie zu finden und den Zauber von ihr zu nehmen, weil ich nicht anders kann.«
     
    Am nächsten Tag war er kuriert, und nun sah er sich in der Rolle des Dieners. Er kochte, häutete Beutetiere ab, räumte die Abfälle weg. Was sie tat, war wichtiger. Sie lag entspannt in der moosigen Höhle des Dolmen, atmete flach und wisperte manchmal ein Wort vor sich hin. Charles versuchte die Worte miteinander zu verknüpfen, den Teil mit dem Ganzen zu verbinden, ein Gesicht mit einem gesprochenen Wort in Beziehung zu setzen.
    ... lange Dinger wie Baumstämme unter einem Holzdach ... ein grünes Kreuz auf die Spitze gemalt ... ein magerer Mann mit dem Tod auf dem Gesicht und Haß im Herzen ... Er hat ein breites goldenes Band am Handgelenk, und das hält er einem Burschen unter die Nase und schreit ihn voll Haß an ... es geht um ein Boot, das gesunken ist ... nein, es schwimmt ... der Bursche ist ein kleiner dicker Mann, und er tötet ... er tötet ... er würde den Mann töten, wenn er könnte ...
    Sie mußten aufpassen, weil ein Boot der Küstenwache zweimal täglich die ganze Küste mit starken Gläsern absuchte.
    »... Holzfällerlager ... eine Maschine, mit der sie Metall schneiden wie Holz ... ein todkranker Bursche, angekettet und mit einer schweren Last beladen, fällt zu Boden, kann nicht aufstehen, und er hat Angst, sie fluchen, sie schlagen ihn, sie schleppen ihn zur Maschine, die sich dreht, sie ... sie ...«
    Sie schrie gellend, und Charles mußte sie schlagen, um sie aus diesem hysterischen Anfall zurückzuholen.
    Niemals erzählte sie Charles, was sie da gesehen hatte, und er fragte sie nie danach. Nachdem sie gegessen hatte, ließ sie sich erneut in Trance fallen, doch zwei Tage lang zweifelte sie an ihren erratischen Visionen und an den Symbolen, mit denen sie nichts anzufangen wußte. Charles dagegen wurde immer klarsichtiger, und es gelang ihm immer besser, die winzigsten Bruchstücke miteinander zu verbinden.
    »... diese Frau ist nicht zu Hause ... nirgends zu Hause, und der fette Mann, der tötet, redet mit ihr, aber sie antwortet ihm nicht ... nein, sie spricht nicht über ... das Land ... über die See ...«
    »Lee Falcaro«, flüsterte Charles. »Lee Bennet.«
    Das in Trance wie versteinerte Gesicht veränderte den Ausdruck nicht, aber sie flüsterte wie ein Spuk weiter: »Lee Bennet auf ihren Lippen, Lee Falcaro tief in ihren Eingeweiden ... und auch das Gesicht von Charles Orsino tief in ihr ...«
    Es war, als habe ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt ...
    Am siebten Tag bekamen sie beide hohes Fieber und einen ruhrartigen Durchfall, dessen Ursprung ihnen unklar war. Sie lag mit trockener Haut auf dem Gras, und ihre Augen waren glasig. Je schwächer sie wurde, desto stärker wurden ihre Visionen. Sie sprudelte die Worte aus sich heraus. Viel davon vermochte Charles nicht zu hören oder zu verstehen, denn er litt wie sie unter hohem Fieber und Durchfall. An manches erinnerte er sich, einiges versuchte er zu vergessen, weil es zu erbarmungslos und grauenhaft war.
    Entweder war es der Hunger oder eine unglaubliche Widerstandskraft; jedenfalls gesundete erst er, dann sie. Wenn er sie mit einer kräftigen Brühe fütterte, dachte er über alles nach, was er gehört hatte und sortierte es aus. Und

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