Schwarze Engel
sagte Gundy
»Ja, würde schon sagen, daß es so war«, fügte Mercer hinzu.
»Und Sie haben – wie weit? – zwölf, fünfzehn Meter weg von der Stelle geschlafen?«
Diesmal stimmten sie nicht verbal zu. Bosch machte einen Schritt auf sie zu und ging in die Hocke, so daß seine Augen auf gleicher Höhe mit ihren waren.
»Erzählen Sie mir, was Sie in dieser Nacht gesehen haben.«
»Nichts haben wir gesehen«, behauptete Gundy eisern.
»Aber gehört haben wir was«, sagte Mercer. »Gehört schon.«
»Was haben Sie gehört?«
»Ein Auto«, sagte Mercer. »Es hielt auf dem Grundstück. Eine Tür ging auf, dann ein Kofferraum. Und wir hörten, wie was Schweres auf den Boden fiel. Dann ging der Kofferraum wieder zu und die Tür, und der Wagen fuhr weg.«
»Und Sie haben nicht nachgesehen?« fragte Edgar rasch. Er war ebenfalls näher gekommen und bückte sich, stützte die Hände auf die Knie. »Da wird fünfzehn Meter weiter eine Leiche abgeladen, und Sie sehen nicht nach?«
»Nein, wir haben nicht nachgesehen«, antwortete Mercer. »Die Leute laden hier fast jede Nacht irgendwelchen Müll und was weiß ich noch alles ab. Wir sehen nie nach. Wir behalten die Köpfe schön unten. Am Morgen sehen wir dann nach. Ab und zu sind ein paar gute Sachen unter dem Zeug, das die Leute wegwerfen. Wir warten immer bis zum Morgen, bis wir nachsehen, was sie weggeworfen haben.«
Zum Zeichen, daß er verstand, nickte Bosch und hoffte, Edgar würde die Männer in Ruhe lassen.
»Und den Cops haben Sie davon nichts erzählt?«
»Nein«, sagten Mercer und Gundy gleichzeitig.
»Und sonst jemandem? Haben Sie es jemand anders erzählt, jemandem, der auch gemerkt hat, daß es in Wirklichkeit so war?«
Die Männer dachten nach. Mercer schüttelte den Kopf, Gundy nickte.
»Der einzige, dem wir es erzählt haben, war Mr. Elias’ Mann.«
Bosch sah kurz Edgar an, dann wieder Gundy.
»Wer ist das?«
»Sein Mann. Dieser Privatdetektiv. Ihm haben wir erzählt, was wir jetzt Ihnen erzählen. Er meinte, Mr. Elias würde es eines Tages vor Gericht verwenden. Er sagte, Mr. Elias würde sich dafür erkenntlich zeigen.«
»Pelfry?« fragte Edgar. »Hieß der Mann so?«
»Schon möglich«, sagte Gundy. »Aber sicher bin ich nicht.«
Mercer sagte nichts.
»Haben Sie heute schon Zeitung gelesen?« fragte Bosch. »Oder im Fernsehen die Nachrichten gesehen?«
»In welchem Fernseher?« fragte Mercer.
Bosch nickte bloß und richtete sich auf. Sie wußten nicht mal, daß Elias tot war.
»Wie lange ist es her, daß Elias’ Mann mit Ihnen gesprochen hat?«
»Ungefähr einen Monat«, sagte Mercer. »So um den Dreh rum.«
Bosch sah Edgar an, und zum Zeichen, daß er fertig war, nickte er. Edgar nickte ebenfalls.
»Danke für Ihre Hilfe«, sagte Bosch. »Darf ich Ihnen vielleicht ein Essen spendieren?«
Er langte in seine Tasche und zog seine Geldbörse heraus. Er gab jedem Mann einen Zehndollarschein. Sie bedankten sich höflich, und er ging weg.
Als sie auf der Western in Richtung Wilshire nach Norden fuhren, begann Bosch laut darüber nachzudenken, was die Auskünfte der zwei Obdachlosen bedeuteten.
»Harris kann es nicht gewesen sein«, sagte er aufgeregt. »Und deshalb wußte es Elias. Weil die Leiche woanders hingebracht wurde. Sie wurde dort erst drei Tage nachdem sie gestorben war, deponiert. Und Harris war bereits in U-Haft, als sie hingebracht wurde. Ein besseres Alibi könnte er gar nicht haben. Elias wollte diese beiden alten Typen vor Gericht aussagen lassen und das LAPD Lügen strafen.«
»Schon, aber trotzdem, Harry – ganz aus dem Schneider ist Harris deswegen noch lange nicht. Es könnte lediglich heißen, daß er einen Komplizen hatte. Du weißt schon, jemanden, der die Leiche dort hinbrachte, während er in U-Haft war.«
»Aber warum sollte sich dieser Komplize der Leiche ausgerechnet in der Nähe seiner Wohnung entledigt haben? Womit er Harris nur zusätzlich belastete? Ich glaube nicht, daß er einen Komplizen hatte. Ich glaube, das war der tatsächliche Mörder. Er las in der Zeitung oder sah im Fernsehen, daß Harris verdächtigt wurde, und brachte die Leiche in das Viertel, in dem Harris wohnte, sozusagen als weiteren Nagel zu seinem Sarg.«
»Aber die Fingerabdrücke? Wie sind Harris’ Fingerabdrücke in diese Villa in Brentwood gekommen? Denkst du etwa inzwischen auch schon, sie wurden dort von deinem Kumpel Sheehan und seinen Leuten ganz gezielt plaziert?«
»Nein, das glaube ich nicht. Aber es
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