Schwarze Engel
Bakersfield hochgezogen. Um in der Nähe ihrer Eltern zu sein. Es ist niemand zu Hause.«
»Das tut mir leid, Frankie.«
»Ich hätte es dir gestern abend sagen sollen, als du nach ihnen gefragt hast.«
Eine Weile fuhr Bosch schweigend weiter und dachte nach.
»Warum holst du nicht einfach ein paar Sachen und kommst mit zu mir?« schlug Bosch vor. »Dort finden dich die Journalisten nicht. Bis sich der Wirbel gelegt hat.«
»Ich weiß nicht, Harry. Dein Haus ist ungefähr so groß wie eine Keksdose. Ich leide sowieso schon an Platzangst, nachdem sie mich den ganzen Tag in diesem Loch festgehalten haben. Außerdem kenne ich doch deine Frau noch gar nicht. Sie ist sicher nicht scharf drauf, daß ein Fremder auf der Couch schläft.«
Bosch sah auf das Capitol Records Building hinaus, an dem der Freeway gerade vorbeiführte. Es sollte an einen Stapel Platten mit einem Tonabnehmer oben drauf erinnern. Aber wie fast am ganzen restlichen Hollywood war die Zeit daran vorbeigegangen. Sie machten keine Schallplatten mehr. Musik kam jetzt von Compact Discs. Inzwischen wurden Platten in Secondhand-Läden verkauft. Manchmal kam es Bosch so vor, als hätte ganz Hollywood Secondhand-Charakter.
»Mein Haus ist beim Erdbeben eingestürzt«, sagte Bosch. »Es wurde neu aufgebaut. Ich habe jetzt sogar ein Gästezimmer … und, Frankie, mich hat meine Frau auch verlassen.«
Es war ein komisches Gefühl, es laut zu sagen. Als wäre es gewissermaßen die Bestätigung für das Ende seiner Ehe.
»Das ist aber schade, Harry – ihr habt doch erst vor einem Jahr oder so geheiratet.«
Bosch sah zu Sheehan hinüber und dann wieder auf die Straße.
»Eben erst.«
Vor Sheehans Haus warteten keine Journalisten, als sie zwanzig Minuten später dort eintrafen. Bosch sagte Sheehan, er werde im Auto warten und ein paar Anrufe machen, während er seine Sachen packte. Als er allein war, rief er zu Hause an, ob irgendwelche Nachrichten auf dem Anrufbeantworter waren. Er wollte sie nicht in Sheehans Beisein abhören, wenn sie nach Hause kamen. Aber es waren sowieso keine eingegangen. Er legte das Telefon beiseite und saß nur da. Er fragte sich, ob er Sheehan vielleicht nur deshalb zu sich eingeladen hatte, weil er sich der Leere dort nicht stellen wollte. Nach einer Weile entschied er, daß dem nicht so war. Er hatte die meiste Zeit seines Lebens allein gelebt. Er war an leere Wohnungen gewöhnt. Er wußte, die wahre Zuflucht eines Zuhauses befand sich in einem selbst.
Ein über die Rückspiegel schwenkender Lichtstrahl ließ Bosch aufblicken. Er sah in den Außenspiegel und entdeckte die Scheinwerfer eines Autos, das einen Block hinter ihm am Straßenrand einparkte. Er glaubte nicht, daß es ein Journalist war. Ein Journalist hätte in Sheehans Einfahrt gehalten und keinen Versuch unternommen, seine Anwesenheit zu verbergen. Bosch begann zu überlegen, was er Sheehan fragen sollte.
Ein paar Minuten später kam sein ehemaliger Partner mit einer Einkaufstüte aus dem Haus. Er öffnete die hintere Tür und warf sie hinein, dann stieg er vorne ein. Er grinste.
»Margie hat alle Koffer mitgenommen«, sagte er. »Das habe ich erst heute abend gemerkt.«
Sie nahmen die Beverly Glen zum Mulholland Drive hinauf und fuhren dann in östlicher Richtung zur Woodrow Wilson weiter. Normalerweise nahm Bosch nachts gern den Mulholland Drive. Die kurvenreiche Straße, die Lichter der Stadt, die immer wieder ins Blickfeld rückten. Aber sie führte an The Summit vorbei, und Bosch blickte auf das Tor und dachte an die Kincaids, die irgendwo dahinter in der Geborgenheit ihres Hauses mit dem Jumboblick waren.
»Frankie, ich muß dich was fragen«, begann er schließlich.
»Klar.«
»Damals bei dieser Kincaid-Geschichte, bei den Ermittlungen, hast du da viel mit Kincaid gesprochen? Mit Sam Kincaid, meine ich.«
»Klar, sicher. Solche Typen faßt man besser mit Samthandschuhen an. Ihn und den alten Herrn. Wenn du da nicht aufpaßt, kriegst du verdammt schnell Ärger.«
»Allerdings. Du hast ihn also ziemlich genau über alles auf dem laufenden gehalten?«
»Ja, klar, über das meiste. Wieso fragst du? Du hörst dich an wie diese FBI-Typen, die mich heute den ganzen Tag gelöchert haben, Harry.«
»Tut mir leid, war nur so eine Frage. Hat vor allem er dich angerufen, oder mehr du ihn?«
»Beides. Er hatte auch einen eigenen Sicherheitstypen, der die ganze Zeit mit uns in Verbindung stand.«
»D. C. Richter?«
»Ja, so hieß er. Harry, willst du mir
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