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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Riordan und Stadtrat Royal Sparks. Bosch wußte, Sparks hatte sich die Empörung über die Polizeiübergriffe geschickt für seine politische Karriere zunutze zu machen verstanden. Bestimmt stellte es einen herben Rückschlag für ihn dar, wenn Elias die Stimmung nicht mehr weiter anheizte, aber Bosch gab sich keinen Illusionen hin, daß Sparks die Ermordung des Anwalts nach Kräften für seine Zwecke ausschlachten würde. Bosch fragte sich, woran es lag, daß sich so häufig aalglatte Opportunisten zum Sprachrohr einer guten und ehrenwerten Sache machten.
    Es waren auch Familienfotos dabei. Einige zeigten Elias und seine Frau bei gesellschaftlichen Anlässen. Es gab Aufnahmen von Elias und seinem Sohn – auf einer waren sie auf einem Boot zu sehen, wie sie lächelnd einen schwarzen Marlin hochhielten. Ein anderes Foto zeigte sie auf dem Schießstand, zwischen sich eine Papierzielscheibe mit mehreren Einschußlöchern. Die Zielscheibe stellte Daryl Gates dar, einen früheren Polizeipräsidenten, den Elias viele Male verklagt hatte. Bosch erinnerte sich, daß die von einem Künstler entworfenen Zielscheiben gegen Ende von Gates’ bewegter Amtszeit sehr beliebt gewesen waren.
    Bosch beugte sich zu dem Foto vor, um zu sehen, ob er die Waffen identifizieren könnte, die Elias und sein Sohn hielten, aber das Bild war zu klein.
    Chastain deutete auf eine Aufnahme, auf der Elias bei einem offiziellen Anlaß neben dem Polizeichef zu sehen war, angebliche Gegner, die in die Kamera lächelten.
    »Scheinen sich blendend zu verstehen, die beiden«, flüsterte er.
    Bosch nickte nur und ging nach draußen.
     
    Chastain stieß rückwärts aus der Einfahrt und fuhr los, raus aus den Hügeln und zurück zum Freeway. Schweigend verarbeiteten sie das Elend, das sie gerade über eine Familie gebracht hatten und für das sie die Schuld bekommen hatten. »Der Überbringer schlechter Nachrichten wird immer erschossen«, sagte Bosch.
    »Ich glaube, ich bin froh, daß ich nicht bei der Mordkommission bin«, erwiderte Chastain. »Daß Cops auf mich sauer sind, damit kann ich leben. Aber das eben, das war aberwitzig.«
    »Bei uns nennen sie das die Drecksarbeit – die Angehörigen verständigen.«
    »Sie sollten es irgendwie nennen. Diese bescheuerten Leute. Wir versuchen rauszufinden, wer den Typ umgebracht hat, und sie behaupten, wir waren es. Das ist echt ein starkes Stück.«
    »Das dürfen Sie nicht so wörtlich nehmen, Chastain. In so einer Situation muß man den Leuten gewisse Zugeständnisse machen. In ihrem Schmerz sagen sie einfach Dinge, die man nicht unbedingt ernst nehmen darf.«
    »Warten Sie mal ab, bis der Junge in den Sechs-Uhr-Nachrichten kommt. Diese Sorte kenne ich. Mal sehen, wieviel Mitgefühl Sie für den Kerl dann noch übrig haben. Wo fahren wir überhaupt hin – zurück zum Tatort?«
    »Fahren Sie erst zu seiner Wohnung. Wissen Sie Dellacroces Pagernummer?«
    »Nicht auswendig, nein. Sehen Sie in Ihrer Liste nach.«
    Bosch schlug die Nummer in seinem Notizbuch nach und tippte sie in sein Handy ein.
    »Was ist mit Tuggins?« fragte Chastain. »Wenn Sie ihn anrufen, kann er schon etwas früher damit an­fangen, im South End kräftig Stimmung zu machen.«
    »Ich weiß. Ich bin noch am Überlegen.«
    Diese Frage beschäftigte Bosch seit dem Moment, in dem Millie Elias den Namen Preston Tuggins erwähnt hatte. In vielen Minderheiten-Communities hatten die Pastoren nicht weniger Einfluß als die Politiker, wenn es darum ging, die Reaktionen auf ein gesellschaftliches, kulturelles oder politisches Phänomen in bestimmte Bahnen zu leiten. Preston Tuggins hatte sogar eher mehr. Er war der Kopf einer Gruppe von Geistlichen, die gemeinsam eine politische Kraft bildeten, eine ernstzunehmende, im Umgang mit den Medien sehr versierte Kraft, die die gesamte schwarze Minderheit an die Zügel nehmen – oder sie wie eine Naturgewalt über die Stadt hereinbrechen lassen konnte. Im Umgang mit Preston Tuggins war allergrößte Vorsicht geboten.
    Bosch durchwühlte seine Taschen und zog die Visitenkarte heraus, die Irving ihm gegeben hatte. Er wollte gerade eine der Nummern darauf wählen, als das Telefon in seiner Hand klingelte.
    Es war Dellacroce. Bosch gab ihm die Adresse von Elias’ Wohnung im The Place und trug ihm auf, auch dafür einen Durchsuchungsbefehl zu beschaffen. Dellacroce fluchte, weil er bereits einen Richter geweckt hatte, um ihm den Durchsuchungsbefehl für die Kanzlei durchzufaxen. Jetzt mußte er es noch mal

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