Schwarze Engel
das Klemmbrett heraus, auf dem er alles Schriftliche vom Tatort gesammelt hatte. Obenauf war der gelbe Durchschlag der Liste, die Hoffman ihm gegeben hatte, bevor er gegangen war. Darauf waren die persönlichen Dinge von Opfer Nr. 2 aufgeführt, aber es war kein Notizbuch darunter.
»Darüber müssen wir wohl später noch mal mit ihm sprechen. Wir haben hier jedenfalls kein Notizbuch.«
»Dann schickst du am besten Fuentes zurück. Der Mann sprach kein Englisch.«
»Okay. Sonst noch was?«
»Nein. Wir haben den üblichen Katalog abgehakt. Irgendwelche Feinde, irgendwelche Probleme, jemand, der ihr Ärger gemacht hat, jemand, der ihr nachgestellt hat, und so weiter und so fort. Nada. Der Ehemann sagte, es gab nichts, worüber sie sich Sorgen gemacht hätte.«
»Okay. Und er selbst?«
»Er wirkte glaubhaft. Als hätte er gerade eine Ladung absolute Scheiße abgekriegt. Weißt du?«
»Ja, ich weiß.«
»Und zwar volles Rohr. Und er hat eindeutig überrascht gewirkt.«
»Gut.«
Um sich zu vergewissern, daß sie nicht belauscht wurden, blickte Bosch sich um. Dann sagte er leise: »Wir teilen uns jetzt wieder auf und machen die Durchsuchungen. Ich möchte, daß du dir die Wohnung ansiehst, die Elias im The Place hatte. Ich –«
»Dort wollte er also hin.«
»Sieht jedenfalls ganz so aus. Ich war gerade mit Chastain oben. Haben uns alles flüchtig angesehen. Ich möchte, daß du dir ausgiebig Zeit dafür nimmst. Ich möchte außerdem, daß du in seinem Schlafzimmer anfängst. Geh zum Bett und nimm das Adreßbuch aus der obersten Schublade des Nachttischs mit dem Telefon drauf. Versiegle es in einer Beweismitteltüte, damit niemand einen Blick reinwerfen kann, bis wir alles in die Station gebracht haben.«
»Okay. Wieso?«
»Erkläre ich dir später. Sieh nur zu, daß es sich niemand vor dir schnappt. Nimm außerdem das Band aus dem Anrufbeantworter in der Küche. Es ist eine Nachricht drauf, die wir behalten sollten.«
»In Ordnung.«
»Also dann.«
Bosch trat vom Geländer zurück und ging auf Dellacroce zu.
»Irgendwelche Probleme mit dem Wisch?«
»Eigentlich nicht – außer daß wir den Richter zweimal wecken mußten.«
»Welchen Richter?«
»John Houghton.«
»Er ist in Ordnung.«
»Hörte sich aber nicht sonderlich begeistert an, alles zweimal machen zu müssen.«
»Was hat er über die Kanzlei gesagt?«
»Ließ mich eine Zeile über die Wahrung des Anwaltsgeheimnisses hinzufügen.«
»Mehr nicht? Lassen Sie mal sehen.«
Dellacroce holte die Durchsuchungsbefehle aus der Innentasche seiner Anzugjacke und reichte Bosch den für die Kanzlei im Bradbury. Bosch überflog die Standardformulierung auf der ersten Seite und kam zu dem Teil, von dem Dellacroce gesprochen hatte. Er fand nichts daran auszusetzen. Der Richter genehmigte nach wie vor die Durchsuchung der Kanzlei und der Akten und wies lediglich darauf hin, daß den Unterlagen nur solche vertraulichen Informationen entnommen werden dürften, die für die Ermittlungen von Belang waren.
»Damit ist nur gemeint«, sagte Dellacroce, »daß wir diese Unterlagen nicht durchsehen dürfen und anschließend die Erkenntnisse, die wir daraus ziehen, an das Büro des City Attorney weiterleiten, damit sie sich dort diese Informationen für die Verteidigung ihrer Mandanten zunutze machen können. Nichts von dem, was unsere Ermittlungen nicht unmittelbar betrifft, dringt an die Öffentlichkeit.«
»Damit kann ich leben«, sagte Bosch.
Er rief alle zusammen. Als er merkte, daß Fuentes rauchte, versuchte er nicht an seine Gelüste nach einer Zigarette zu denken.
»Okay, wir haben also die Durchsuchungsbefehle«, begann er. »Wir teilen uns folgendermaßen auf. Edgar, Fuentes und Baker, Sie drei übernehmen die Wohnung. Edgar führt das Kommando. Der Rest nimmt sich die Kanzlei vor. Außerdem möchte ich, daß die Männer, die die Wohnung machen, eine Befragung sämtlicher Türsteher des Gebäudes vornehmen. Alle Schichten. Wir müssen so viel wie möglich über den Tagesablauf und die Gewohnheiten von Elias herausfinden. Wir glauben, daß er vielleicht eine Freundin hatte. Wir müssen herausfinden, wer das war. Außerdem sind an seinem Schlüsselbund Schlüssel für einen Porsche und einen Volvo. Ich würde sagen, Elias fuhr den Porsche. Vermutlich steht er in der Tiefgarage des Wohnhauses. Sehen Sie sich bitte auch den Wagen an.«
»Die Durchsuchungsbefehle beziehen sich nicht auf einen Wagen«, protestierte Dellacroce. »Niemand hat was von einem
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