Schwarze Engel
dem Bildschirm erschienen lauter Kästchen mit den Namen von Dominas und den Anfangsziffern ihrer Postleitzahl.
»Das ist ja ein verdammtes Internetpuff«, knurrte Chastain.
Bosch und Rider sagten nichts. Rider führte den Pfeil auf das Kästchen mit dem Eintrag Mistress Regina.
»Das ist das Verzeichnis«, erklärte sie dazu. »Man wählt aus, welche Seite man sich ansehen will, und klickt sie an.«
Sie drückte auf die Maustaste, und die Regina-Homepage erschien wieder.
»Er hat sie ausgesucht«, sagte Rider.
»Eine Weiße.« Die Häme in Chastains Stimme war unüberhörbar. »Goldene Duschen von einer Weißen. Jede Wette, daß sie auch darüber in der South Side nicht begeistert sein werden.«
Rider drehte sich um und sah Chastain scharf an. Sie wollte etwas sagen, aber dann bekam sie plötzlich große Augen und sah an dem IAD-Detective vorbei. Bosch, der es merkte, drehte sich um. In der Tür des Büros stand Janis Langwiser. Neben ihr war eine Frau, die Bosch von Zeitungsfotos und Fernsehberichten kannte. Sie war eine attraktive Frau mit der glatten milchkaffebraunen Haut eines bunten Rassengemischs.
»Augenblick«, sagte Bosch zu Langwiser. »Wir ermitteln hier in einem Mordfall. Da kann sie nicht einfach reinkommen und –«
»Doch, Detective Bosch, das kann sie sehr wohl«, sagte Langwiser. »Judge Houghton hat sie eben zum Special Master dieses Falls ernannt. Sie wird sich die Akten für uns ansehen.«
Damit trat die Frau an Langwisers Seite ganz in den Raum. Sie lächelte, allerdings nicht warm, und reichte Bosch die Hand.
»Detective Bosch«, sagte sie. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Hoffentlich ist es uns möglich, in dieser Angelegenheit sinnvoll zusammenzuarbeiten. Ich bin Carla Entrenkin.«
Sie wartete einen Moment, aber niemand erwiderte etwas. Sie fuhr fort: »Zuallererst muß ich Sie und Ihre Leute bitten, diese Räumlichkeiten zu verlassen.«
12
D ie Detectives verließen das Bradbury Building mit leeren Händen und gingen zu ihren Autos. Bosch war immer noch wütend, hatte sich aber inzwischen etwas beruhigt. Er ging langsam, damit Chastain und Dellacroce als erste ihre Autos erreichten. Als er sie zur California Plaza losfahren sah, machte er die Beifahrertür von Kiz Riders Slickback auf, stieg aber nicht ein. Er bückte sich und sah zu ihr in den Wagen, wo sie sich gerade den Sicherheitsgurt über den Schoß zog.
»Fahr schon mal hoch, Kiz. Wir treffen uns oben.«
»Willst du zu Fuß gehen?«
Bosch nickte und sah auf die Uhr. Es war halb neun.
»Ich nehme Angels Flight. Inzwischen müßte die Bahn wieder in Betrieb sein. Wenn du oben ankommst, weißt du ja, was du zu tun hast. Sieh zu, daß alle mit Klinkenputzen anfangen.«
»Okay, dann bis gleich. Willst du noch mal reingehen und mit ihr reden?«
»Mit Entrenkin? Ja, ich glaube schon. Hast du Elias’ Schlüssel noch?«
»Ja.« Sie fischte sie aus ihrer Handtasche und reichte sie Bosch. »Ist da etwas, was ich wissen sollte?«
Bosch zögerte einen Moment.
»Später.«
Rider ließ den Wagen an. Sie blickte noch einmal zu ihm hinüber, bevor sie den Gang einlegte.
»Alles okay, Harry?«
»Ja, sicher.« Er nickte. »Es ist nur dieser bescheuerte Fall. Zuerst kriegen wir Chastain aufgehalst – das Arschloch konnte ich noch nie ab. Und jetzt auch noch Carla Ichdenke. War schon schlimm genug zu wissen, daß sie das Verfahren überwachen würde. Und jetzt ist sie auch noch ganz unmittelbar daran beteiligt. Ich will mit dieser ganzen Politik nichts am Hut haben, Kiz. Ich möchte mich nur darauf konzentrieren, meine Fälle zu lösen.«
»Das ist nicht, was ich gemeint habe. Es ist nur, daß du so wirkst, als würdest du auf Kohlen sitzen, und das schon die ganze Zeit, seit wir uns heute morgen in Hollywood getroffen haben, um die Autos zu holen. Möchtest du darüber reden?«
Fast hätte er genickt.
»Vielleicht später, Kiz«, sagte er statt dessen. »Wir haben einiges zu tun.«
»Wie du meinst … Aber langsam fange ich an, mir Sorgen um dich zu machen, Harry. Du mußt voll bei der Sache sein. Wenn du abgelenkt bist, sind auch wir abgelenkt, und dann kommen wir in dieser Sache nicht voran. Normalerweise wäre das nicht weiter tragisch, aber in diesem Fall, das hast du selbst gesagt, sitzen wir auf dem Präsentierteller.«
Jetzt nickte Bosch. Die Tatsache, daß ihr sein innerer Aufruhr nicht entgangen war, stellte einen eindrucksvollen Beweis ihrer detektivischen Fähigkeiten dar – Menschen richtig zu deuten war
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