Schwarze Engel
des Raums nicht zu hören war.
»Ich muß alles wissen«, sagte er. »Uns ist beiden klar, daß Sie sehr viel zur Aufklärung des Falls beitragen können. Können wir uns also nicht auf eine Art Waffenstillstand einigen?«
Die erste Träne lief Entrenkins Wange hinunter, bald gefolgt von einer zweiten auf der anderen Seite. Sie beugte sich vor und begann die Schubladen des Schreibtisches herauszuziehen.
»Links unten.« Bosch hatte es von der Durchsuchung des Schreibtisches noch im Gedächtnis.
Sie öffnete die Schublade und nahm eine Box mit Kosmetiktüchern heraus. Sie legte sie in ihren Schoß, nahm ein Tuch heraus und betupfte sich damit Wangen und Augen. Sie begann zu sprechen.
»Schon eigenartig, wie schnell so etwas plötzlich kommen kann …«
Ein langer Moment der Stille verstrich.
»Ich kannte Howard schon ein paar Jahre oberflächlich. Als ich noch als Anwältin arbeitete. Es war rein berufsbedingt, beschränkte sich meistens auf ein ›Wie geht’s?‹ auf irgendeinem Gerichtsflur. Als ich dann zum Inspector General ernannt wurde, war mir klar, daß ich die Kritiker der Polizei genauso gut kennen müßte wie die Polizei. Ich vereinbarte ein Treffen mit Howard. Wir trafen uns genau hier – er saß da, wo ich jetzt sitze … Das war, als es losging. Ja, ich habe ihn geliebt …«
Dieses Geständnis brachte weitere Tränen, und sie zog mehrere Kosmetiktücher heraus, um ihrer Herr zu werden.
»Wie lange waren Sie beide … zusammen?« fragte Bosch.
»Etwa ein halbes Jahr. Aber er liebte seine Frau. Er wollte sie nicht verlassen.«
Inzwischen war ihr Gesicht wieder trocken. Sie legte die Box mit den Kosmetiktüchern in die Schublade zurück, und es schien, als hätten sich die Wolken, die wenige Augenblicke zuvor über ihr Gesicht gezogen waren, aufgelöst. Bosch konnte sehen, daß eine Veränderung in ihr vorgegangen war. Sie beugte sich vor und sah ihn an. Sie war wieder voll bei der Sache.
»Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor, Detective Bosch. Aber nur Ihnen. Trotz allem … ich glaube, wenn Sie mir Ihr Wort geben, kann ich Ihnen vertrauen.«
»Danke. Und was ist das für ein Geschäft?«
»Ich werde nur mit Ihnen reden. Als Gegenleistung dafür müssen Sie mich decken. Damit meine ich, Sie dürfen Ihre Informationsquelle nicht preisgeben. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, daß Ihnen daraus ein Nachteil erwachsen könnte; nichts von dem, was ich Ihnen sage, würde vor Gericht zugelassen. Sie können nur sehen, ob es Sie bei den Ermittlungen weiterbringt. Vielleicht hilft es Ihnen, vielleicht auch nicht.«
Bosch dachte kurz nach.
»Eigentlich müßte ich Sie wie einen Verdächtigen behandeln, nicht wie eine Quelle.«
»Aber Ihr Instinkt sagt Ihnen doch, daß ich es nicht war.«
Er nickte.
»Das war nicht die Tat einer Frau«, sagte er. »Dieser Mord sieht ganz nach einem Mann aus.«
»Und nach einem Polizisten, oder nicht?«
»Vielleicht. Das ist, was ich herausfinden will – wenn ich mich einfach nur mit dem Fall befassen könnte und mir nicht ständig um die Black Community und die Politik im Parker Center und was weiß ich noch alles Gedanken machen müßte.«
»Haben wir also eine Abmachung?«
»Bevor es hier zu irgendeiner Form von Abmachung kommen kann, muß ich erst noch etwas wissen. Elias hatte eine Quelle im Parker Center. Jemanden ziemlich weit oben. Jemanden, der ihm Unterlagen über haltlose Dienstaufsichtsbeschwerden besorgen konnte. Ich brauche –«
»Das war nicht ich. Glauben Sie mir, ich bin vielleicht zu weit gegangen, als ich mich auf eine Beziehung mit ihm einließ. Dabei habe ich auf mein Herz gehört, nicht auf meinen Verstand. Aber so weit, wie Sie eben angedeutet haben, bin ich nicht gegangen. Nie und nimmer. Im Gegensatz zu dem, was die meisten Ihrer Kollegen denken, ist es mein Ziel, die Polizei zu erhalten und zu verbessern. Nicht sie zu zerstören.«
Bosch sah sie ausdruckslos an. Sie deutete es als Skepsis.
»Wie sollte ich Howard außerdem Akten beschafft haben? Ich bin für die Polizei der Feind schlechthin. Wenn ich ankäme, um mir irgendwelche Akten zu besorgen – oder auch nur einen entsprechenden Antrag stellen würde –, spräche sich das doch im Parker Center und bei der Truppe in Windeseile herum.«
Bosch betrachtete ihr trotziges Gesicht. Er wußte, sie hatte recht. Sie gäbe keine gute Quelle für solche Informationen ab. Er nickte.
»Steht also unsere Abmachung?« fragte sie.
»Ja. Unter einer Bedingung.«
»Und die
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