Schwarze Engel
wenn sie ihre Kleider mitgenommen hatte. Er beschloß, daß er es jetzt machen mußte, um es hinter sich zu bringen. Es wäre ein guter Zeitpunkt, um es zu tun. Inzwischen war er zu müde, um etwas anderes zu tun, als sich ins Bett fallen zu lassen, und zwar unabhängig davon, was er finden würde.
Doch als er um die letzte Kurve bog, sah er Eleanors Wagen, den klapprigen Taurus, vor dem Haus am Straßenrand stehen. Sie hatte den Carport für ihn frei gelassen. Er spürte, wie sich seine Hals- und Schultermuskeln entspannten. Auch seine Brust fühlte sich nicht mehr so zusammengeschnürt an. Sie war zu Hause.
Im Haus war es still. Er stellte den Aktenkoffer auf einen der Stühle im Eßzimmer und nahm auf dem Weg ins Wohnzimmer die Krawatte ab. Von dort ging er den kurzen Flur hinunter und sah ins Schlafzimmer. Die Vorhänge waren zugezogen, und bis auf die Umrißlinie, die das von draußen kommende Licht um das Fenster zeichnete, war es dunkel im Raum. Unter der Bettdecke machte er Eleanors reglose Gestalt aus. Ihr braunes Haar war über das Kopfkissen gebreitet.
Er betrat das Schlafzimmer, zog sich aus und legte seine Kleider über einen Stuhl. Um Eleanor nicht zu wecken, wenn er duschte, ging er wieder auf den Flur hinaus und ins Gästebad. Zehn Minuten später schlüpfte er neben ihr unter die Decke. Er lag auf dem Rücken und blickte durch das Dunkel an die Decke. Er horchte auf ihren Atem. Er hörte nicht die langsamen, gemessenen Atemzüge, die er von ihr kannte, wenn sie schlief.
»Bist du wach?« flüsterte er.
»Mmm-hmm.«
Er wartete eine Weile.
»Wo warst du, Eleanor?«
»Im Hollywood Park.«
Bosch sagte nichts. Er wollte sie nicht der Lüge beschuldigen. Vielleicht hatte sie Jardine, der Sicherheitsbeamte, einfach übersehen, als er auf den Monitoren nach ihr Ausschau gehalten hatte. Er blickte an die Decke, überlegte, was er als nächstes sagen sollte.
»Ich weiß, daß du angerufen hast, um nach mir zu suchen«, sagte Eleanor. »Ich kenne Tom Jardine aus Las Vegas. Er hat im Flamingo gearbeitet. Er hat dich belogen. Er ist erst zu mir gekommen.«
Bosch schloß die Augen und blieb still.
»Entschuldige, Harry, ich hatte in diesem Moment einfach keine Lust, mich mit dir auseinanderzusetzen.«
»Dich mit mir auseinandersetzen?«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Das finde ich nicht okay, Eleanor. Wieso hast du nicht auf meine Nachricht geantwortet, als du nach Hause gekommen bist?«
»Welche Nachricht?«
Bosch fiel ein, daß er selbst die Nachricht abgehört hatte. Der Anrufbeantworter hatte also nicht mehr geblinkt. Sie hatte die Nachricht nicht gehört.
»Ach, nichts. Wann bist du nach Hause gekommen?«
Sie hob den Kopf vom Kissen, um auf die Leuchtziffern des Weckers zu sehen.
»Vor ein paar Stunden.«
»Wie lief’s?«
Es interessierte ihn nicht wirklich. Er wollte nur, daß sie weiter mit ihm sprach.
»Ganz okay. Erst sah es ganz gut aus, aber dann habe ich Mist gebaut. Eine Riesenchance vergeben.«
»Wie das?«
»Statt ein sicheres Blatt zu behalten, bin ich aufs Ganze gegangen.«
»Wie meinst du das?«
»Ich hatte zwei Asse, aber auch vier Kreuz – As, Drei, Vier, Fünf. Also habe ich das Assepaar zerrissen. Ich legte das Herzas ab und hoffte auf die Zwei, die Kreuzzwei, um einen Straight Flush zu kriegen. Sie hatten einen Jackpot für einen Straight Flush. Mit ungefähr dreitausend Dollar drin. Auf die hatte ich es abgesehen.«
»Und was war?«
»Ich bekam die Zwei nicht. Ich bekam nicht mal ein Kreuz für einen gewöhnlichen Flush. Und weißt du, was ich bekommen habe? Das Pikas.«
»So was Blödes.«
»Ja, ich habe ein As abgelegt, nur um wieder ein As zu bekommen. Ich bin nicht ausgestiegen, hatte aber keine Chance. Gewonnen haben drei Zehner – im Pott waren etwa dreihundert. Wenn ich also das Herzas behalten hätte, hätte ich drei Asse gehabt und hätte gewonnen. Ich habe Mist gebaut. Danach bin ich gegangen.«
Bosch sagte nichts. Er dachte über die Geschichte nach und überlegte, ob sie damit etwas anderes sagen wollte. Das Herzas abzulegen, um auf den größeren Gewinn zu spekulieren, und dann zu verlieren.
Nach ein paar Minuten Schweigen begann Eleanor wieder zu sprechen.
»Warst du wegen eines Falls unterwegs? Du warst nicht im Bett. Das konnte ich sehen.«
»Ja, ich bekam einen Anruf.«
»Ich dachte, du hättest keinen Bereitschaftsdienst.«
»Das ist eine lange Geschichte, aber mir ist nicht danach, darüber zu reden. Ich möchte über uns
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