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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ihre Handtasche gesehen und gemerkt haben, daß ihr Notizbuch, in dem ihre Arbeitszeiten und Telefonnummern stehen, gefehlt hat. Sie hatte es gestern abend in der Wohnung rausgenommen, weil ihr Arbeitgeber, ein Mr. D. H. Reilly, seine Telefonnummer geändert und ihr die neue gegeben hat. Und dann ließ sie das Notizbuch auf dem Küchentisch liegen. Sie mußte zurück, um es zu holen, weil alle ihre Arbeitszeiten drinstanden. Die Frau …«
    Er nahm das Notizbuch von der Bank hoch. Es war in einer Beweismitteltüte aus Plastik.
    »… ich meine, ich habe mir ihren Zeitplan angesehen. Sie hat ganz schön geschuftet. Sie hat nicht nur tagsüber geputzt, sondern häufig auch abends. Dieser Reilly sagte, Freitag abends wäre der einzige feste Termin gewesen, an dem er sie bekommen konnte. Sie war sehr zuverlässig …«
    »Sie wollte also noch mal hochfahren, um ihr Notizbuch zu holen, als sie erschossen wurde«, sagte Edgar.
    »So sieht es aus.«
    »Die alte U-V-A«, sagte Rider in einem Singsang, der gar nichts Heiteres hatte.
    »Wie bitte?« sagte Chastain.
    »Nichts.«
    Einen Augenblick blieben alle still. Bosch mußte an Catalina Perez denken, die es das Leben gekostet hatte, daß sie ihr Notizbuch liegengelassen hatte. Er wußte, Riders Bemerkung von eben bezog sich auf die ›Ungerechtigkeit von allem‹ – eine Redewendung, die sie ein Jahr nach ihrer Versetzung zum Morddezernat zu benutzen begonnen hatte, um die dummen Zufälle und Wendungen des Schicksals zu bezeichnen, die manchmal zum Tod eines Menschen führten.
    »Okay, gut«, sagte Bosch schließlich. »Jetzt wissen wir zumindest, wieso die Frau in dem Wagen saß. Bei den restlichen Hausbewohnern Fehlanzeige?«
    »Niemand hat was gehört, niemand was gesehen«, sagte Chastain.
    »Haben Sie alle angetroffen?«
    »In vier Wohnungen hat sich niemand gemeldet. Aber sie lagen alle nach hinten raus, weg von Angels Flight.«
    »Na schön, dann lassen wir die fürs erste. Kiz, hast du noch mal mit der Frau und dem Sohn gesprochen?«
    Rider kaute den letzten Bissen ihres French-Dip-Sandwichs und hielt den Finger hoch, bis sie hinuntergeschluckt hatte.
    »Ja, einzeln und zusammen. Nichts, was mir irgendwie aufgefallen wäre. Sind beide fest davon überzeugt, daß es ein Cop war. Ich hatte nicht –«
    »Ist doch klar, daß sie das denken«, unterbrach Chastain sie.
    »Lassen Sie sie ausreden«, sagte Bosch.
    »Ich hatte nicht den Eindruck, daß sie viel über seine Fälle wußten – oder über irgendwelche Drohungen, falls er welche erhalten hat. Er hatte zu Hause nicht mal ein Arbeitszimmer. Als ich ganz behutsam das Thema eheliche Treue anschnitt, sagte seine Frau, sie glaubte, er wäre ihr treu. Genau so hat sie sich ausgedrückt. Sie ›glaubte‹ es. Irgendwie kam mir das komisch vor. Wenn sie keine Zweifel gehabt hätte, hätte sie meiner Meinung nach gesagt, er ›war‹ treu, nicht, daß sie ›glaubte‹, er war treu – wenn ihr wißt, was ich meine.«
    »Du glaubst also, sie wußte es?«
    »Vielleicht. Aber ich glaube, falls sie es wußte, war sie der Typ, der sich damit abfindet. Howard Elias’ Frau zu sein war mit einigem Prestige verbunden. Viele Frauen in so einer Position gehen Kompromisse ein. Um den Schein zu wahren und den Status quo nicht zu gefährden, sehen sie bei manchen Dingen einfach weg.«
    »Und der Sohn?«
    »Ich glaube, er hielt seinen Vater für einen Gott. Er leidet sehr.«
    Bosch nickte. Er hielt große Stücke auf Riders vernehmungstechnische Fähigkeiten. Er hatte sie schon oft in Aktion erlebt und kannte ihr Einfühlungsvermögen. Ihm war auch klar, daß er sie auf eine Art für seine Zwecke eingespannt hatte, die sich gar nicht so sehr von der unterschied, in der Irving sie bei der Pressekonferenz hatte benutzen wollen. Er hatte sie mit den Vernehmungen beauftragt, weil er wußte, sie würde ihre Sache gut machen. Aber auch, weil sie schwarz war.
    »Hast du ihnen die A-Frage gestellt?«
    »Ja. Sie waren gestern abend beide zu Hause. Keiner war weg. Jeder ist des anderen Alibi.«
    »Toll«, sagte Chastain.
    »Okay, Kiz«, sagte Bosch. »Sonst noch jemand, der etwas zu berichten hat?«
    Bosch beugte sich über den Tisch, um auch die Gesichter derer sehen zu können, die neben ihm saßen. Niemand sagte etwas. Er merkte, alle hatten ihre Sandwiches zu Ende gegessen.
    »Also, ich weiß nicht, ob ihr schon etwas über die Pressekonferenz gehört habt. Jedenfalls hat der Chief die Kavallerie zu Hilfe gerufen. Morgen früh schaltet

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