Schwarze Flotte 02 - Aufmarsch der Yevethaner
und wurde sich dann der Tatsache bewusst, dass dies das erste Mal war, dass ihm je ein solcher Gedanke gekommen war.
Das verwirrte ihn und machte ihn zugleich unruhig. Er erinnerte sich an Akanahs Worte in jener Nacht, als sie zum ersten Mal bei ihm aufgetaucht war: »Die Gabe des Lichts kam von deiner Mutter – und deine Mutter gehörte meinem Volk an. In dir ist eine Leere, wo doch eigentlich die Erinnerung an deine Mutter sein sollte, eine Schwäche, wo das, was sie gelehrt hätte, dir Kraft verliehen hätte.« Anmaßende Worte, aber zugleich auch Worte des Wissens. In jenem Augenblick verspürte er diese Leere ganz deutlich und war außerstande sich vorzustellen, was diese Leere füllen könnte, oder ob es überhaupt etwas gab, was sie je füllen würde.
Vielleicht hat Nashira ihr Versteck nicht verlassen, weil sie sich schämt, dachte Luke. Vielleicht sieht sie zu viel von unserem Vater in uns, so wie diese Frau. Vielleicht hast du Recht gehabt, Leia. Wenn ich die Wahrheit einmal finde, kann es sein, dass sie mir gar nicht gefällt…
Dann zerrte die Macht plötzlich an seinem Bewusstsein, lenkte seine Aufmerksamkeit auf eine Veränderung, die sich in seiner Umgebung vollzogen hatte. Er verdrängte alle anderen Gedanken aus seinem Bewusstsein und schickte seinen Blick und sein Wahrnehmungsvermögen gleichzeitig durch den abgedunkelten Zug. Beide blieben schnell am selben Punkt hängen – einem Elomin, der auf der gegenüberliegenden Seite ziemlich weit vorne im Wagon saß. Der Rücken des Elomin war Luke zugewandt, so dass über den Kissen seiner Liege nur das gehörnte Oberteil seines Kopfes zu sehen war.
Wo bist du denn jetzt hergekommen? dachte Luke voll Argwohn. Vor zehn Minuten warst du noch nicht da – wie hätte ich dich beim Hereinkommen übersehen können? Irgendetwas stimmt hier nicht…
Er warf einen schnellen Blick zu Akanah hinüber und vergewisserte sich, dass sie friedlich schlief. Dann fragte er sich, ob er vielleicht in den letzten Augenblicken seine Maske hatte fallen lassen.
Alles, was ich über dich weiß, sagt mir, dass dies ganz und gar kein Urlaubsort für dich ist, dachte er und starrte nach wie vor auf den Hinterkopf des Elomin. Selbst wenn die Teyria denselben Ordnungsfetisch wie du haben, lassen sie doch all diese unberechenbaren Aliens herein. Und ich kann an den Fingern einer Hand abzählen, wie oft ich einen einzelnen Elomin in gemischter Gesellschaft gesehen habe. Und hier zwei von euch an einem Tag – oder vielleicht zweimal denselben…
Nein, für einen Zufall ist das zu viel. Ich kann mir bloß nicht vorstellen, was einen Elomin dazu veranlassen könnte, zum Einzelgänger zu werden und sich mit imperialen Agenten einzulassen – oder weshalb sich sonst jemand für uns interessieren sollte. Und vielleicht –
In dem Augenblick erhob sich der Elomin von seinem Platz und bewegte sich mit gemessenen, langbeinigen Schritten nach vorne. Er hielt nichts in den Händen, ebenso wie der Elomin am Raumhafen. Und am Ende des Ganges verharrte er einen Augenblick und sah sich in der Kabine hinter sich um. Dann zog er den Kopf etwas ein, trat in den Verbindungsgang und war verschwunden. Luke wartete, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihm zu folgen, und dem, Akanah nicht alleine zu lassen.
Der Elomin war immer noch nicht zurückgekehrt, als der Trägerdroide auftauchte und mit einer leise gemurmelten Warnung den Mittelgang herunterkam: »Achtung, Fahrgäste, die die Fahrt nicht in den River Distrikt fortsetzen, bitte suchen Sie jetzt eine der vorderen Kabinen auf. Dieser Wagen wird in Podadun vom Zug getrennt. Achtung, Fahrgäste…«
Der Elomin war immer noch nicht zurückgekehrt. Als dann die Glocke ertönte und das Licht über der Verbindungstür auf Gelb schaltete, schickte Luke seine Sinne aus und suchte den Zug nach dem Elomin ab. Aber er konnte ihn nicht finden. Ob er vielleicht eine Bombe – er rannte nach vorne zu dem Platz, wo der Elomin gesessen hatte.
Er wollte seinen Augen nicht trauen. Da waren keine Reisetaschen und auch keine sonstigen Gegenstände – nur ein schlafendes Gotalkind.
Wieder ertönte der Gong. Luke blickte auf, als die Verbindungstüren sich schlossen und die Anzeigenleuchte darüber auf Rot umschaltete. Es gab eine kaum wahrnehmbare Verzögerung, als die Waggons sich voneinander trennten, dann huschten die Lichter von Podadun draußen an den Fenstern vorbei.
Das Kind regte sich im Schlaf, und Luke kehrte wieder an seinen Platz
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