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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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der Mitte dieser großen Struktur war eine weitere Kardanaufhängung angebracht, die vergoldet war. Darin befand sich das Rad eines Gyroskops, nur dass es sich nicht um ein richtiges Rad handelte, sondern um ein goldenes Ei, etwa zweieinhalb Meter lang und mit einem Durchmesser von knapp zwei Metern an der dicksten Stelle. Da es ein Ei war, kann man die exotische Konstruktion wahrscheinlich nicht als Gyroskop bezeichnen, aber einen besseren Ausdruck bietet mein Wortschatz nicht.
    Ohne dass man richtig erkennen konnte, wie, waren die anmutig geschwungenen Arme der inneren Aufhängung so an der äußeren befestigt, dass sie sich glatt und lautlos drehen konnten. Dabei beschrieben sie Bögen, die wie eine liegende Acht aussahen. Diese Bögen schienen sich zu schneiden und daher in die Quere zu kommen, doch die sich ständig bewegenden Arme der Aufhängung kollidierten nie miteinander. Das im Zentrum befestigte Ei rotierte momentan so auf einer Achse, dass sein spitzes Ende immer oben blieb.
    Auch die sich magisch drehenden Arme der inneren Aufhängung warfen keinen Schatten. An ihren Rändern kräuselte sich jedoch leicht die Luft, vielleicht auch das Licht selbst.
    Timothy deutete auf das Ei. »Das ist die Kapsel«, sagte er. »Die bewegt sich in der Zeit – und aus ihr heraus. Sie kann eine oder zwei Personen aufnehmen. Du kannst mich allein in die Vergangenheit schicken, und wenn die Steuerung nicht auf Parken gestellt ist, kehrt die Kapsel leer wieder hierher zurück.«
    Ich hatte eine Menge Fragen, doch das war nicht die richtige Zeit dafür. In der Kupferwand hatte ich eine Kupfertür entdeckt, und ich nahm Timothy bei der Hand, um ihn um die Chronosphäre herum dorthin zu führen.
    Hinter der Tür sah ich die Wendeltreppe, auf der wir ins mittlere Geschoss gelangen konnten, wo Annamaria wartete.
    Da ich keinen Schlüssel für hier oben hatte, nahm ich zwei Dollarscheine aus meinem Portemonnaie, faltete sie zusammen und stopfte sie in die Öffnung im Schließblech, damit die Tür nicht ins Schloss fallen konnte und wir wiederkommen konnten, wenn wir wollten. Für nicht mehr als zwei Dollar waren die Jahrmillionen der Vergangenheit mein.

49
    Die Tür ging auf, als ich gerade anklopfen wollte. Annamaria stand da und sah uns an, als hätte eine Lautsprecheranlage soeben verkündet: »Odd Thomas hat das Gebäude betreten.«
    Links von ihr: Raphael, der Golden Retriever, rechts mein Geisterhund Boo.
    Die Fenster waren mit Vorhängen verhüllt, und die Tiffanylampen waren dunkel. Das einzige Licht kam von drei Glasgefäßen, die aussahen wie gedrungene, langhalsige Vasen. Eines war aus klarem Glas, die anderen beiden cognacfarben, und in jeder schwamm ein brennender Docht in Öl.
    Annamaria streckte die rechte Hand aus, und Timothy ging sofort zu ihr, als würde er sie kennen. Als er die dargebotene Hand ergriff, beugte sie sich zu ihm, um ihn auf die Stirn zu küssen.
    Schon in Magic Beach, wo ich sie kennengelernt hatte, waren ihr Öllampen lieber gewesen als elektrische. Sie hatte gesagt, der Sonnenschein lasse Pflanzen wachsen, die Pflanzen würden ätherische Öle erzeugen, und noch Jahre später könnten diese Öle Lampen zum Brennen bringen und so das Licht anderer Tage zurückgeben, das Annamaria angenehmer fand als elektrisches Licht.
    In meinem Apartment gab es keine Öllampen. Vielleicht hatte sie darum gebeten. Gut möglich, dass Constantine Cloyce sie ihr selbst gebracht hatte.
    Sie führte Timothy zum Sofa und setzte sich mit ihm in die Mitte. Raphael sprang neben den Jungen, rollte sich zusammen und legte ihm den Kopf in den Schoß. Boo schmiegte sich an Annamaria.
    Eine der Lampen stand auf dem Couchtisch. Direkt darüber zitterten wässrige Kreise aus Licht und Schatten an der Zimmerdecke, Spiegelungen des Glasgefäßes.
    Annamaria hielt die rechte Hand des Jungen in ihren Händen. Die beiden lächelten sich an.
    Eine weitere Lampe stand auf dem kleinen Esstisch und warf ebenfalls bebende Andeutungen ihrer Form an die Decke.
    Außerdem stand auf dem Tisch die große flache blaue Schale, in der jetzt nicht mehr drei riesige Blumen mit wächsernen Blütenblättern schwammen, sondern nur noch eine.
    »Wen siehst du, wenn du mich anschaust?«, fragte Annamaria den Jungen.
    »Meine Mutter«, sagte er.
    »Aber ich bin nicht deine Mutter, oder?«
    »Nein«, sagte Timothy. »Nicht meine Mutter. Aber vielleicht könntest du es sein.«
    »Tatsächlich?«
    »Das wäre schön«, sagte er und klang zum ersten Mal

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