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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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fast so leise wie die eines Diebs.
    Die Stille ließ mich innehalten. Mit dem Boden stimmte etwas nicht. Da hätten sich nicht nur Lichtflecke ausbreiten sollen, sondern auch ein dichter Teppich aus trockenem Laub.
    Ich erinnerte mich an das Knistern und Krachen, als die Meute Biester durch die andere Baumgruppe gestürmt war.
    Lebenseichen waren immergrün, verloren ihre kleinen ovalen Blätter jedoch das ganze Jahr über, und zwar üppig. Selbst wenn Mr. Jam Diu und eine ganze Mannschaft aus fleißigen Heinzelmännchen erst an diesem Morgen alles abgeworfene Laub zusammengerecht, in Säcke gesteckt und weggeschafft hatten, hätten zumindest einige frisch gefallene Blätter auf dem Rasen liegen müssen. Da lag jedoch gar nichts, Heinzelmännchen hatte ich auch keine gesehen, und allem Anschein nach kam der Obergärtner in seinem Job nie ins Schwitzen.
    Die Baumgruppe gehörte zum parkartigen Teil von Roseland, der weniger als acht der insgesamt zwanzig Hektar umfasste. Die Bäume, bei denen ich den Biestern begegnet war, standen zwar auf dem naturbelassenen Bereich des Anwesens, aber ich sah keinen weiteren Unterschied, der den sauber gefegten Boden erklären konnte.
    Die wichtigste Frage war momentan jedoch nicht, wie der Gärtner diesen Ort in einem derart makellosen Zustand bewahrte oder wieso er das überhaupt notwendig fand. Ich musste den eingesperrten Jungen im Blick behalten.
    Auf der anderen Seite der Baumgruppe kam ein Hang, auf dem das wilde Gras teilweise hüfthoch wuchs. Von der Hitze des vergangenen Sommers war es weißgold gebleicht. Die diesjährige Regenzeit war bisher trocken gewesen, weshalb noch kein Unwetter die steifen, dürren Halme niedergedrückt und frische grüne Triebe hervorgelockt hatte.
    Oben angekommen, blieb ich stehen und blickte in südwestlicher Richtung auf das Mausoleum, das einige Hundert Meter entfernt war. Nach einer kurzen Ruhepause wäre ich darauf zugegangen, hätte nicht eine Bewegung am Rand meines Blickfelds meine Aufmerksamkeit erregt.
    Von der Anhöhe aus fiel das Gelände ab, aber nicht gleichmäßig, sondern in einer Reihe von Wellen. Es sah aus wie eine glänzende Meeresfläche, die nach einem Sturm mitten in der Bewegung erstarrt war, in einem Moment, in dem die größte Turbulenz bereits vergangen war, aber noch hohe Berge und tiefe Täler blieben.
    Halb von dem hüfthohen Gras verborgen und durch den Winkel, in dem ich sie sah, verkürzt, zogen sie zwei Bodenwellen von mir entfernt über eine Kuppe, madenweiß in der weißgoldenen Wiese. Es waren nicht weniger als zwanzig und nicht mehr als dreißig. Sie hatten einen merkwürdigen Gang, rasch und doch schwankend.
    Einige von ihnen waren bucklig und hatten nach vorn gereckte, scheinbar deformierte Köpfe. Auf die Entfernung war es jedoch schwer zu sagen, ob die asymmetrische Form der Schädel echt oder nur eine optische Täuschung durch das Spiel von Licht und Schatten war. Auch die Arme schienen falsch an den Gelenken zu sitzen; fast spastisch peitschten sie das hohe Gras wie die langen Glieder erregter Orang-Utans.
    Die Mehrzahl ging aufrecht und hatte keinen Buckel zwischen den Schultern. Diese Gestalten trugen den Kopf hoch, ihr Schädel war schmaler als der ihrer missgestalteten Genossen. Ihre Bewegungen wirkten flüssiger, und vielleicht wären sie schneller vom Fleck gekommen, hätten die langsameren Individuen unter ihnen sie nicht daran gehindert.
    Durchschnittlich waren sie wohl etwa einen Meter achtzig groß, manche größer, manche kleiner. Aus der Entfernung sahen sie muskulös und brutal aus. Ich hatte keinen Zweifel, dass es sich um tödliche Gegner handelte.
    Diesmal brachten sie keine Dämmerung mit, konnten jedoch bei Sonnenschein offenbar ebenso gut sehen wie in der Finsternis. Es waren eindeutig dieselben Kreaturen, vor denen ich mich erst im Futterkasten und dann auf der Eiche verborgen hatte. Zu hören waren sie auf diese Distanz nicht, aber sie sahen genauso gemein aus, wie ihr Knurren, Grunzen und Quieken angedeutet hatte.
    Sie verschwanden von der Kuppe in einer Senke. Da sie sich von mir weg bewegten, stieß ich den angehaltenen Atem aus, erleichtert, dass sie mich nicht bemerkt hatten. Eigentlich hätte ich die Anhöhe, auf der ich stand, sofort verlassen sollen, doch ich blieb wie angewurzelt stehen und wartete, bis sie wieder auftauchten.
    Eisige Furcht kroch an meinem Rückgrat hinab. Mein Denken war wie eingefroren von dem Anblick, der sich mir geboten hatte, und meine Gedanken

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