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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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einzige Möglichkeit, in das verbarrikadierte Haus zurückzukehren, bot das Mausoleum, wo mich das Mosaik eines Schutzengels mit Kind erwartete.
    Im Ohr noch das Trommeln der Fledermausflügel, rannte ich über den Rasen, um nicht doch noch von gekrümmten Zähnen zerrisse n zu werden. Ich kam durch die Gruppe sich regene rierender Eichen und lief dann durch Wiesen und Hänge, wo die Pflanzen weiterhin wuchs en und vergingen, wie die Natur es woll te.
    Auf dem Weg kam mir immer wieder die Vision von Frankensteins altem Wachturm in den Sinn. Wieso dieses Bild so hartnäckig auftauchte, war mir zuerst nicht klar.
    Während ich mich dem Mausoleum von Süden her näherte, fiel es mir endlich wie Schuppen von den Augen. Der alte Wachturm, in den im Film der Blitz einschlägt, erinnerte mich an den Gästeturm im Eukalyptuswäldchen von Roseland. Die Bronzekuppel auf dem Gästeturm war mit einem ungewöhnlichen Aufsatz geschmückt, der aussah wie Krone und Ring einer alten Taschenuhr. Und das Geheimnis von Roseland hatte mit der Zeit zu tun …
    Die beiden Wohnungen, in denen Annamaria und ich einquartiert waren, befanden sich im untersten Drittel des knapp zwanzig Meter hohen Turms. Die Wendeltreppe, über die man vom Erdgeschoss in den ersten Stock gelangte, führte weiter zu einer dritten und letzten Ebene. Dort endete sie an einer Tür, zu der die Schlüssel, die man uns gegeben hatte, nicht passten.
    Da ich immer ausgesprochen neugierig bin, hatte ich vergeblich versucht herauszubekommen, was sich in den oberen zwei Dritteln des Turms verbarg. Bekanntlich bin ich keiner der Schnüffler, die unser Überwachungsstaat heutzutage zu Zehntausenden anheuert. Aber wenn meine Gabe mich an einen neuen Ort zieht, an dem ich gebraucht werde, steigen meine Überlebenschancen nachweislich, wenn ich mich gleich nach meiner Ankunft nach Falltüren, sonstigen Fallen und verborgenen Schlingen umsehe.
    Nun blieb ich dort auf dem Rasen vor dem Mausoleum stehen, wo man mich vom Haupthaus aus nicht sehen konnte, und überlegte, ob ich doch zum Gästeturm zurückkehren sollte. Unterwegs konnte ich im Gärtnerhaus vorbeischauen und aus der Garage eine unbenutzte Axt besorgen. Die Ereignisse des Tages hatten in mir den dringenden Wunsch geweckt, etwas zu zerhacken, und wenn es nur eine Tür war.
    Nach kurzem Zögern fühlte ich mich mehr zum Haus als zum Gästeturm hingezogen. Die Zeit war sicher an beiden Orten aus den Fugen geraten, aber wenn die Zeiger einer apokalyptischen Uhr auf eine Katastrophe zuliefen, dann musste ich möglichst bald zu dem Jungen gelangen.

36
    Im Mausoleum war das Mosaik mit dem Schutzengel immer noch in die Wand zurückgewichen. Der Zugang zu den beiden Treppen, die in den ersten Keller führten, war frei.
    Ich hatte angenommen, der Eingang zu der geheimen Welt da unten würde sich automatisch hinter mir schließen. An der Seite stehend, drückte ich mit einem Finger auf den Schild des Engels, mit dem ich die Tür geöffnet hatte. Er bewegte sich nicht, und auch die Steinplatte kam nicht auf mich zu, um das Loch zu verschließen.
    Als ich die Wand am Anfang beider Treppen absuchte, fand ich keinen Schalter. Die Intuition sagte mir, dass ich hier keine Zeit mehr vergeuden durfte. Die Lage konnte jederzeit kippen.
    Ich stieg also in den ersten Keller hinab, in dessen Mitte sich die sieben goldenen Kugeln lautlos auf ihren sieben Stäben drehten. Ebenso lautlos wirbelten die vielen Schwungräder, von deren Rand leuchtende Tropfen aus goldenem Licht zur dem Gewebe aus Kupferdrähten an der Decke aufstiegen. Dort wurden sie angezogen und liefen ein Stück weit an den Drähten entlang, bis sie verglommen und nicht mehr zu sehen waren.
    Da ich nun zu wissen glaubte, dass der Hauptzweck der Maschinerie darin bestand, die Zeit zu manipulieren, hoffte ich, zumindest ansatzweise zu verstehen, wie die verschiedenen Bestandteile etwas so Erstaunliches zustande brachten. Ich stand jedoch auch weiterhin vor einem absoluten Rätsel.
    Weder mein Talent im Umgang mit der Bratpfanne noch meine übersinnliche Gabe erfordert, dass ich außerdem noch ein leuchtendes Genie bin. Ich kenne andere Grillköche, die höchstwahrscheinlich nie den Physiknobelpreis bekommen werden. Und wenn man die auf Erden verweilenden Toten sehen kann und gelegentlich prophetische Träume hat, ist man normalerweise zu sehr davon abgelenkt, um sich als Schachgroßmeister zu etablieren oder eine Firma wie Apple zu gründen.
    Über die Wendeltreppe in der Ecke

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