Schwarze Heimkehr
und seufzte. Er lehnte sich zurück, und sein Stuhl stand nur noch auf den Hinterbeinen. »Die Wahrheit ist, daß Bennie einen ausnutzt,
compadre
. Er sucht sich seine Freunde aus einem bestimmten Grund aus - Bennie Milagros will von der Freundschaft profitieren. Er hat diese amoralische Ader, und das macht ihn auch für so viele Frauen unwiderstehlich. Ich kann das verstehen. Es gibt einem einen Kick‚ wenn man jemanden beobachtet, der das Gesetz so clever überlistet.«
Croaker schob seinen Teller zur Seite. »Wir müssen offen miteinander reden, Rafe. Wenn ich daran denke, wo ich heute nacht sein muß, würde ich sagen, daß das für mich geradezu lebenswichtig ist.«
»Dein Tonfall gefällt mir nicht,
compadre
.« Der Körper des großen Mannes verriet jetzt eine gewisse Anspannung. »Hat es irgend etwas mit Juan Garcia Barbacena zu tun?«
Croaker rückte seinen Stuhl vor. »Es hat nur mit Barbacena zu tun. Um Mitternacht wird mein Kopf unter der Guillotine liegen.«
Rafes Stuhl krachte nieder und stand wieder auf vier Beinen. »Um diese Zeit kommt Barbacena in Miami an.«
Die beiden Männer blickten sich lange an. Das Sonnenlicht funkelte auf dem Meer. Ein paar Kormorane flogen auf das Festland zu. Was ihn betraf, hätte Croaker sich noch immer für die andere Richtung entschieden. Er wollte sich hinabziehen lassen und dem Rochen folgen, bis die Gedanken an die Stadt und das, was er heute nacht zu tun hatte, verschwunden waren. Aber Rachel würde es nicht zulassen. Der Schwanz des Fisches erinnerte ihn an die elektrischen Kabel der Krankenhausmonitore. Er durfte nicht zulassen, daß die Anzeige auf dem Monitor nur noch ein Strich war.
»Du hast gesagt, daß du mir helfen würdest, Rafe.«
Roubinnet nickte feierlich. »Du kannst darauf zählen.
Ich werde dir in jeder Hinsicht helfen,
compadre
. Mir macht nichts im Leben angst.«
»Auch nicht, wenn du helfen sollst, Juan Garcia Barbacenas Tod zu planen?« Rafe schüttelte den Kopf. »Barbacena ist ein hartgesottener Krimineller. Ich habe in dieser Angelegenheit keine Skrupel. Ohne ihn wird die Welt ein weitaus besserer Platz sein. Ich werde dir helfen. Sogar dann, wenn ich weiß, daß sein Tod aus Bennie einen sehr glücklichen Menschen machen wird.« In der nachfolgenden Stille hörte Croaker, wie das Blut durch seine Venen jagte. Das Pochen seines Herzens war fast schmerzhaft. Die Wellen waren etwas stärker geworden, und das Boot schwankte leicht. »Wußtest du, daß Bennie für die Regierung der Vereinigten Staaten arbeitet?« fragte Croaker sanft. »Er ist bei einer Operation in Mexiko Barbacenas Boß.«
»Überrascht mich nicht, das zu hören. Er befindet sich in der Gesellschaft von Dieben,
compadre
.«
»Das Ganze ist ein bißchen schlimmer.« sagte Croaker. »Aber warum sollte Bennie Barbacenas Tod wollen, wenn der für ihn arbeitet?« Rafe stand auf. »Laß uns ein paar Schritte machen.« Sie gingen nach vorn. Die Crew hatte den Anker eingezogen, als sie wieder an Bord gegangen waren. Das Boot wurde sanft vom Wind vorangetrieben, mehr oder weniger parallel zur Küste. Sie blickten auf das grünblaue Wasser, das von Fischer- und Vergnügungsbooten gesprenkelt war.
»Auch du hast sicher einen Mentor gehabt, einen Lehrer,
compadre.
«
Croaker nickte.
»Natürlich«, sagte Rafe. »Wenn ein junger Mann clever ist, findet er einen Lehrer, von dem er etwas lernen kann. Ich bin da keine Ausnahme. Und Bennie auch nicht.« Er verschränkte die Hände. »Nach einer gewissen Zeit sind die Bindungen zwischen dir und deinem Lehrer sehr eng du verstehst mich. Es ist eine intime, unvergleichliche Beziehung; dein Lehrer und du, ihr teilt eure Stärken und Schwächen. Jetzt denk mal an deinen Lehrer und stell dir vor, daß er eine Tochter hat. Sie ist ein wunderschönes Geschöpf, in vielerlei Hinsicht stark, in anderer schwach. Und sie ist rätselhaft, wie alle Frauen.« Rafe starrte auf das schäumende Kielwasser hinunter. »Gut. Diese junge Frau trifft einen Mann und verliebt sich in ihn. Der Typ ist stark, clever und charismatisch, aber er ist der falsche Mann für sie. Der Lehrer weiß Bescheid, und du weißt es auch. Aber nichts kann die Frau überzeugen. ›Die Liebe überwindet alles‹, sagt sie. ›Ich kenne ihn und werde ihn ändern.‹« Rafe bewegte sich, als würde er träumen. »Tragische Worte. Aber die Liebe kann fürchterlich tragisch sein, compadre
. Verdad
?«
»Ja«, sagte Croaker. »Du hast recht.«
Rafe verschränkte die Arme vor
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