Schwarze Heimkehr
berichtete Croaker Majeur, während sie über das Dach zur Rückseite des Gebäudes gingen. »Die Leyes sind tot.«
Majeur blieb wie angewurzelt stehen. Ein starker Windstoß zerzauste sein Haar und blies unter sein Jackett.
»
Ay de mi Estrella
…?«
Croaker nickte. »Heitor hat sie beide umgebracht. Ich bin zu spät gekommen.«
Majeurs Blick war wie versteinert. »Das war ihre größte Furcht. Sie wußte, daß die Bonitas eines Tages zu ihr kommen würden.« Er schüttelte den Kopf und kämpfte gegen seine tiefen Gefühle an. »Das wird Bennie das Herz zerreißen.«
Croaker atmete tief durch und versuchte seinen hämmernden Herzschlag zu beruhigen.
»Was ist los, Lew?« fragte Jenny.
Majeur blickte ihn an. »Es scheint Ihnen nicht gutzugehen, Seňor.«
»Majeur, sprechen sie von Bennie Milagros?«
Majeur nickte. »Wir kennen uns alle seit Jahren. Wie hätte es anders sein können? Bennie, Estrella, Antonio, Heitor und ich.
Humaitá
war der Leim, der uns aneinander gefesselt hat. Wir sind alle unter seinem Einfluß aufgewachsen. Es war eine Tragödie, als man ihn getötet hat. Wir wurden wie ausgespuckte Obstkerne zerstreut.«
Croaker legte eine Hand an seine Schläfe und versuchte das plötzliche Pochen darin zu stoppen. »Bennie hat mir geschworen, daß er sie nicht kennt. Welchen Grund hatte er, mich anzulügen?«
Majeur schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht sagen, Seňor.«
Und wieder fragte sich Croaker, ob Bennie Freund oder Feind war. Anfangs hatten sie sich bestens verstanden. Doch dann hatte es den Anschein gehabt, als führte Bennie ein Doppelleben und arbeitete für die ACTF. Er schien Croaker zu benutzen. Aber die belastenden Informationen auf der Diskette, die ihn mit der Top-Secret-Operation der ACTF in Mexiko in Verbindung brachten, konnten von den Bonitas erfunden worden sein. Also doch wieder ein Freund? Und jetzt dies. Bennie hatte gelogen. Was war Wahrheit, was Lüge? Croaker hatte den Eindruck, sich wieder in Majeurs Kalahari zu befinden, deren sich verändernde Dünen ein permanent sich wandelndes Schicksal brachten, wo Verbündete so schnell zu Feinden wurden, wie der Sand einem durch die Finger rann.
»Es sei denn, es ist wegen der Knochen gewesen.«
»Was heißt das - wegen der Knochen?«
Majeur schien es plötzlich unbehaglich zumute zu sein. »Das kommt einem nicht leicht über die Lippen, wenn man es -
perdoname, Seňor
- einem Außenstehenden erzählen soll. Bennies Großvater war ein
sukia
. Ein außergewöhnlicher Heilkundiger wie er erscheint bei den Guarani in einer Generation vielleicht einmal, oft auch viel seltener. Auf jeden Fall wird der
sukia
mehr als alle anderen Heilkundigen verehrt, weil er große Macht hat. Man sagt, daß diese außergewöhnliche Macht weiterlebe‚ wenn er gestorben sei - in seinen Zaubersteinen, in denen sein Geist eingeschlossen ist, und in seinen sterblichen Überresten, seinen Knochen. Die Leiche wird auf einem Scheiterhaufen verbrannt, damit sich das Fleisch von den Knochen löst und diese erhalten bleiben.« Majeur sah auf die Uhr. »Sir, es ist sehr gefährlich, hier zu bleiben. Wir müssen verschwinden. Sofort.«
Croaker blickte Jenny an und nickte. Sie stiegen nacheinander die Feuerleiter aus Metall hinab. Majeur war der erste, dann folgte Jenny, Croaker verließ das Dach als letzter.
Auf der Straße wandte sich Croaker Majeur zu. »Was ist mit
Humaitás
sterblichen Überresten passiert?«
»Können sie sich das nicht denken?« fragte Majeur, während sie auf den Mustang zuliefen. »Sie verschwanden nach der Verbrennung vom Scheiterhaufen. Sie wurden gestohlen.«
Croaker schloß die Tür auf, und sie stiegen ein. Jenny nahm auf dem Beifahrersitz Platz, Majeur im Fond.
»Wissen Sie, von wem?«
»Ich habe keine Beweise.« Majeur machte es sich auf dem Rücksitz bequem. »Aber es schien mir offensichtlich, daß es Heitor und Antonio gewesen sein mußten. Sie wollten
Humaitás
Macht. Sie haben ihn getötet. Warum hätten sie das tun sollen, wenn sie nicht die Chance gehabt hätten, seine Macht zu übernehmen und sie wie einen Geist in eine Flasche zu bannen?«
Croaker dachte an Bennies Geheimnistuerei - von seinem Drängen ganz zu schweigen -, mit der er seine Bitte vorgebracht hatte, die Captain Sumo um Mitternacht für ein Treffen auf dem Meer benutzen zu dürfen. »Wie ist Barbacena nach Miami gekommen?« fragte Croaker, während er die Zündung anließ. »Mit dem Flugzeug oder mit einem Schiff?«
»Mit einem Schiff.
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