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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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stand für eine lange Zeit regungslos da. Ihr Blick bewegte sich von einer Seite des Spiegels zur anderen, und sie prüfte den Ausschnitt der Wohnung, den sie im Spiegel sehen konnte, genau. Sie wollte sich noch nicht umdrehen und offen zu erkennen geben, daß sie etwas Irritierendes gesehen hatte. Sie hatte keine Angst, war aber vorsichtig. Sie war vor ungefähr einem Jahr mit einem Mann zusammengewesen, der ein Gymnastikfreak war und vor der Gewalt in der Großstadt Angst hatte. Er hatte ihr ein paar Tricks gezeigt, wie man sich verteidigte, und seitdem hatte sie sich nicht mehr gefürchtet, nachts ins Auto zu steigen oder sogar zum nächsten Supermarkt zu fahren, um morgens um drei Milch oder Zucker einzukaufen. Die Nachteulen, die dort herumhingen, beunruhigten sie nicht mehr.
    Aber jetzt war sie zu Hause.
    War jemand im Wohnzimmer?
    Sie wandte sich um und schlich so leise wie möglich ins Schlafzimmer. Einen Augenblick lang stand sie atemlos da und spähte in die Dämmerung. Hallo, dachte sie. Ist da jemand? Sie fühlte, daß sie leicht erschauerte. Eine männliche Stimme spuckte in atemberaubendem Tempo auf spanisch die Nachrichten aus. Keine einzige von ihnen war gut.
    Sie starrte auf das Telefon, das auf dem Nachttisch am anderen Ende des Bettes stand. Ihre Knie gaben plötzlich nach, und sie sank aufs Bett. Sie sah in das Wohnzimmer hinüber, und aus diesem neuen Blickwinkel bemerkte sie etwas, das ihr die Kehle zuschnürte. Sie registrierte eine dunkel glänzende Pfütze auf dem Holzfußboden des Alkovens, in dem sie gewöhnlich aß. Regenwasser. Aber sie hatte sich nicht in der Nähe des Alkovens aufgehalten. An dieser Stelle trat eine Mauer hervor, die die Sicht auf den größten Teil des kleinen Raums versperrte. Vielleicht stand dort jemand und wartete.
    Konnte es einer der Männer von der Elektrizitätsgesellschaft sein? Aber warum meldete er sich dann nicht?
    Sie war jetzt doch etwas stärker besorgt und langte über das Bett, um nach dem Telefonhörer zu greifen. In ihrem Mund spürte sie den bitteren Geschmack der Angst. Sie dachte nur noch daran, die Notrufnummer zu wählen. Als sie den Hörer abhob, traf sie ein unheimlicher Luftstoß. Rechts neben ihr wuchs eine Dunkelheit empor wie ein großer Schatten, und das Bett erzitterte, als sich jemand mit voller Kraft auf sie stürzte.
    Sie schrie, während sie zu fliehen versuchte. Der Hörer fiel auf das Bett und war außer Reichweite, als sie mit dem Rücken auf den Boden fiel. Ein Gewicht, das dem eines sechshundert Pfund schweren Gorillas glich, drückte schmerzhaft auf ihre Brüste und Rippen, und sie konnte sich nicht mehr bewegen. Gleichzeitig wurde ihr ein weicher, parfümierter und sehr vertrauter Stoff ins Gesicht gedrückt. Das Atmen wurde schwieriger, dann unmöglich. Es war ihr Kopfkissen. Jemand versuchte sie damit zu ersticken.
    Sie öffnete den Mund, um zu schreien, aber die mit Baumwolle umhüllten Daunen machten es unmöglich. Ihre Kiefer wurden durch den furchtbaren Druck weit aufgerissen, und sie mußte würgen. In ihrem Geist begann etwas Düsteres und Primitives wie bengalisches Feuer zu flackern. Wie wild schlug sie mit Armen und Beinen um sich. Aber das war zu wenig, und es kam zu spät.
    Sie konnte beinahe nicht mehr atmen, aber sie gab nicht auf. Sie grub die langen Fingernägel in das Fleisch ihres Gegners, bis ihre Handgelenke durch einen kraftvollen Griff gegen den Boden gepreßt wurden.
    Sie hörte eine zischende Stimme: »
Cuidado!
Vorsicht! Du weißt doch Bescheid! Sie darf nicht beschädigt werden!«
    Sie erkannte einen spanischen Dialekt, der ihr fürchterlich vertraut zu sein schien. Wo hatte sie ihn schon gehört?
    Und dann fiel es ihr ein: Bennies Großvater, dieser seltsame und manchmal furchteinflößende Mann, hatte gelegentlich in diesem Dialekt gesprochen. Sie erinnerte sich mit übernatürlicher Klarheit an den großen Mann mit den krummen Schultern, den unebenen Augenbrauen und dem dichten, völlig weißen Schnurrbart. Eine seiner wohlriechenden‚ handgedrehten Zigarren rauchend, schien er in der Luft zu schweben. Er flüsterte ihr etwas in dem Dialekt zu, und sie wußte, daß er versuchte ihr etwas Lebenswichtiges mitzuteilen. Sie schrie verzweifelt auf, um ihn verstehen zu können, aber es gelang ihr nicht.
    Mit jedem Herzschlag wich mehr Leben aus ihr. Sie versuchte verzweifelt durch den Stoff, der ihren Mund verstopfte, zu atmen, aber sie schaffte es nicht. Ihre Lungen brannten, und als sie erneut

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