Schwarze Heimkehr
hat offenbar den Mord an Ihrem Vater angeordnet. Gibt's soweit irgendwelche Unstimmigkeiten?«
»Nicht daß ich wüßte.« Croaker wartete, worauf Majeur hinauswollte. Der Anwalt wußte sicher auch, daß Croaker als freier Mitarbeiter beim FBI aktiv war.
Majeur nickte. »In diesen Zeiten der Ausflüchte und Schuldzuweisungen erkenne ich Ihre Offenheit ausdrücklich an, Sir. Wirklich.« Er reckte sein Gesicht noch mehr in die Sonne. »Don Rodrigo war ein Egomane der schlimmsten Sorte, nicht wahr? Während er immer mehr Macht anhäufte, hat er jeden in seiner Umgebung rücksichtslos bedroht. Selbst seine Kumpels wollten ihn tot sehen. Aber der Don war zu clever für sie, er sorgte dafür, daß sie schwach blieben und sich untereinander bekämpften.« Majeur öffnete die Augen und sah, daß Croaker ihn anstarrte. »Und an dieser Stelle kommen sie ins Spiel. Irgendein aufgeweckter Bursche, der wußte - oder vermutete -, daß der Don Ihren Vater vernichtet hatte, hat Ihnen einige wesentliche Informationen anvertraut. Damit öffnete sich plötzlich ein Loch in dem scheinbar undurchdringlichen Verteidigungswall des Dons, durch das ein Mann mit Ihren Fähigkeiten und Ihrer Entschlossenheit hindurchschlüpfen konnte.« Majeur legte den Kopf zur Seite. »Wie finden sie das?«
Croaker zuckte unverbindlich die Achseln, aber er war irritiert. Er dachte, daß er über die bitteren Gefühle hinwegg ewesen wäre, die der Don einst in ihm geweckt hatte. Er hatte geglaubt, inzwischen das andere Ufer dieses Traumas erreicht zu haben.
»Das ist so eine Art halboffizielle Geschichte.« Majeurs Blick richtete sich durch die Eisenstäbe des Tors auf Theresas Grab. »Auf der anderen Seite gibt es Leute - und ich muß zugeben, daß auch ich zu ihnen gehöre -, die glauben, daß sie bereits gewußt haben, wer Ihren Vater umgebracht hatte. Ich will damit sagen, daß sie mit Sicherheit Nachforschungen auf eigene Faust angestellt haben.«
Majeurs Blick richtete sich wieder auf Croaker. Er suchte eine Bestätigung. Als keine kam, fuhr er fort. »Wie dem auch sei, nach dieser Version haben sie den bittersten Rivalen des Dons aufgesucht und ein Geschäft mit ihm vereinbart: Er sollte den Don überrollen, und sie würden den Hurensohn aus dem Verkehr ziehen. Alles verlief ordentlich und sauber, und so war den Interessen beider Seiten gedient.«
Croaker erkannte jetzt, daß Majeur sehr viel mehr getan hatte, als nur die Vergangenheit aufleben zu lassen. Er hatte nicht nur zeitlich weit zurückliegende Ereignisse, die zwischen den Seiten eines Sammelalbums begraben gewesen waren‚ heraufbeschworen, sondern Gefühle wiederbelebt, die Croaker sorgfältig in die dunkelste Ecke seines Bewußtseins verbannt hatte. Croaker erinnerte sich jetzt an die Rachsucht, die ihn damals wie eine von einem Hurrikan angetriebene Flutwelle gepackt hatte. Er hätte alles getan, um den Mörder seines Vaters vor Gericht zu bringen, und er hatte es geschafft.
Majeur bewegte sich von dem Wagen weg. »Sagen Sie, wie alt waren Sie, als das geschah?«
»Zwanzig«‚ sagte Croaker. »Falls es so war, wie sie sagten.«
»Oh, es ist alles genauso passiert, wie ich es erzählt habe.« Majeur öffnete die Tür des Mustangs. »Sie wissen es, und ich weiß es auch.« Er schenkte Croaker ein dünnes Lächeln. »Wir können uns also viel Zeit sparen. Sie verfügen über die wichtigsten Fähigkeiten: sie sind zugleich geschickt und findig.«
»Ich sage Ihnen was: Wenn ich mal Referenzen für eine Bewerbung brauche, rufe ich sie an.«
Majeur blickte ihn schief an. Er befand sich immer noch mitten in seinem Schlußplädoyer, und kein noch so sarkastischer Einwurf würde ihn aufhalten. »Sie wissen ja, was man über Mord sagt - entweder ist man dazu fähig, einen Menschen zu töten, oder man ist es nicht, Punkt. Ich denke, sie haben zur Genüge bewiesen, daß sie fähig sind, einen Menschen umzulegen‚ und daß sie wissen, wie man es anstellt. Man könnte sogar sagen, daß sie ein Experte darin sind.«
»Hier geht es nicht um meine Fähigkeiten.«, sagte Croaker. »Wenn ich in der Vergangenheit getötet habe, dann gab es verdammt gute Gründe dafür. Erstens hatten es diese Typen verdient, und zweitens hatte ich keine andere Wahl.«
»Was Martinez und McGriff betrifft, haben sie vielleicht recht«, sagte Majeur. »Aber nicht im Fall des Dons.«
»Da irren sie sich. Wir hatten nie etwas gegen ihn in der Hand. So sehr wir es auch versucht haben, er ist uns immer wie ein Aal
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