Schwarze Heimkehr
durch die Finger geschlüpft, als hätte er gewußt, was wir planten, bevor wir es selbst gewußt haben.«
Croaker nickte. »Sie haben recht. Ich habe jede Menge privater Nachforschungen angestellt, was den Don betrifft. Er hatte meinen Vater ermorden lassen, daran gab es keinen Zweifel. Aber die Leute, mit denen ich gesprochen habe, waren zu verängstigt, um zur Polizei zu gehen und eine Aussage zu machen. Und selbst wenn ich den Beweis gehabt hätte, wäre der Don davongekommen. Er hatte die ganze New Yorker Polizei bis in den letzten Winkel infiltriert und war unberührbar. Und in der Zwischenzeit starben die Kids an dem Dreckstoff, mit dem er seine Geschäfte machte. Es gab keinen anderen Weg.«
Majeur stand dicht vor ihm. In der zunehmenden Hitze des Vormittages dominierten plötzlich die Gerüche von
Eau de Cologne
und Schweiß. »Es gab keinen anderen Weg. Er war unberührbar. Flüsternd wiederholte er Croakers Worte. »Mit anderen Worten, er wurde von allen Seiten beschützt.«
Croaker fühlte, wie die Falle zuschnappte. Er blickte in Majeurs kaffeebraune Augen und spürte, wie ihm die Intensität des Anwalts mit voller Wucht entgegenschlug.
»Genau wie Juan Garcia Barbacena zu den Unberührbaren gehört, die von allen Seiten beschützt werden.« Majeur bewegte die Hände auf und ab. »
Madre de Dias
, dieses dreckige Schwein hat seine Frau in der vollen Blüte ihres Lebens kaltblütig umgelegt. Wenn sie glauben, daß er nicht wußte, was er tat, dann kennen sie Juan Garcia Barbacena verdammt schlecht. Er ist ein zweiter Don Rodrigo Impremata.«
Das Blut war Majeur ins Gesicht gestiegen und hatte seine Haut so verdunkelt‚ daß sie die Farbe von fleckigem Mahagoni angenommen hatte. Ob Barbacena den Mord begangen hatte oder nicht, Majeur war - Croaker spürte das deutlich - von seiner Schuld überzeugt. Vielleicht hatte Croaker in diesem Moment einen Einblick in den Charakter des Anwalts gewonnen. Vielleicht war er doch nicht nur ein kalter und geschickter Söldner, der auf das große Geld aus war. Aber auch er war nicht perfekt. Er hatte nicht ein Wort über Croakers Beziehungen zur ACTF fallenlassen, und dies konnte nur bedeuten, daß er nichts darüber wußte.
»Ich weiß nur, was sie mir erzählt haben.« Croaker war sich der Tatsache bewußt‚ daß Majeur ihn im Verlauf ihres Gespräches immer weiter in den Abgrund gezogen hatte. Aber er sah keinen Ausweg. Rachel mußte diese Niere bekommen. Und wenn Majeur ihm die Wahrheit über Barbacena erzählt hatte Trotz Majeurs Geisterbahnfahrt durch Croakers Vergangenheit bei der New Yorker Polizei war es eine neue Erfahrung für ihn, sich auf moralisch zweifelhaftem Terrain zu bewegen. In einer Hinsicht war sich Croaker sicher: Jedesmal, wenn er einen Menschen getötet hatte, war es gerechtfertigt gewesen. Aber die Sache mit Juan Garcia Barbacena war eine völlig andere Angelegenheit. Er brauchte das einzige, was er nicht hatte, um die Lage abzuchecken und nachzudenken: Zeit. Rachels Zustand ließ es nicht zu, daß er die Sache bis in die hinterste Verästelung überprüfte.
»In manchen Situationen muß man einfach guten Mutes bleiben«, sagte Majeur. »Glauben sie mir, wir haben das Wohlergehen Ihrer Nichte nicht aus den Augen verloren.«
»Ich brauche etwas Zeit, um mit Dr. Marsh zu sprechen. Sie muß die medizinischen Unterlagen überprüfen.«
»Sie haben vierundzwanzig Stunden. Wir hoffen, daß sie danach für den nächsten Schritt bereit sind.«
»Dr. Marsh wird sichergehen wollen, daß dieses Organ existiert.«
Majeur lächelte. »Wir können und werden ihr diese Gewißheit verschaffen.« Er nickte. »Auf der Rückseite meiner Visitenkarte finden sie eine handgeschriebene Telefonnummer. Darunter können sie mich während der nächsten vierundzwanzig Stunden jederzeit und überall erreichen. Das ist eine Garantie, Sir. Ein sichtbares Zeichen unseres guten Willens.«
Majeur warf Croaker einen strengen Blick zu. »Vierundzwanzig Stunden - das ist die definitive Gnadenfrist, die Ihnen mein Klient zugesteht.«
Dieser Satz reizte den Polizisten in Croaker. »Er hat's ziemlich eilig, oder?«
»Auch für Ihre Rachel wird die Zeit knapp.« Majeur zuckte die Achseln. »Ja, mein Klient steht tatsächlich unter extremem Termindruck.« Er schritt näher auf Croaker zu und senkte die Stimme, als hätte er Angst davor, daß sie außer den toten Seelen und den Möwen, die sie bewachten, noch von jemand anderem belauscht wurden. »Juan Garcia Barbacena
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