Schwarze Herzen
bis ihre Fingernägel in sein Fleisch schnitten. Wenn sie eine Reaktion von ihm erwartete, bekam sie sie nicht. Er lebte bereits zu lange und hatte zu viele Verletzungen erlitten, als dass ihn etwas so Nebensächliches beeindrucken könnte. Nur was dieses heiße Drängen zwischen seinen Beinen anging … Was war das?
Schließlich ließ sie von ihm ab. Er war sich nicht sicher, ob er froh darüber war oder enttäuscht.
Natürlich froh, sagte er sich.
Aus ihrem Mundwinkel sickerte ein rotes Rinnsal. Sie leckte es fort. Beim Anblick dieser rosa Zunge schoss ein weiterer Schock durch ihn hindurch.
Definitiv entt… äh, froh.
„Du Arschloch“, knurrte sie atemlos. „Du krankes, sadistisches Arschloch.“
Er trat außer Reichweite. Nicht, um sich zu schützen, sondern zu ihrem Schutz. Sollte sie angreifen, würde er sie bezwingen müssen. Und wenn er sie bezwang, würde er ihr vielleicht wehtun. Und sie versehentlich streifen. Blut… brodelt…
„Es war nie meine Absicht, dir Leid zuzufügen“, versicherte er ihr. Und jetzt zitterte sogar schon seine Stimme. Seltsam.
„Und deshalb ist es okay, was du getan hast?“ Ruckartig setzte sie sich auf, sodass all das dunkle Haar ihr über die Schultern fiel. Langsam kehrte der perlmutterne Schimmer auf ihre Haut zurück. „Du hast mich hier zurückgelassen ohne jegliche Möglichkeit, mich zu ernähren. Ich lag im Sterben!“
„Ich weiß.“ War diese Haut so weich, wie sie aussah? Er schluckte. „Und es tut mir leid.“ Über ihren Zorn hätte er heilfroh sein sollen. Wie er gehofft hatte, würde sie ihn nicht länger auslachen, das Gesicht leuchtend vor Amüsement. Nicht länger würde sie um ihn herumflitzen und ihn anstupsen. Ja, heilfroh hätte er sein sollen. Stattdessen raste die Enttäuschung, die er gerade noch verleugnet hatte, durch ihn hindurch. Enttäuschung vermischt mit Scham.
Sie war eine größere Versuchung, als ihm klar gewesen war.
„Du weißt?“ , japste sie empört. „Du weißt, dass ich nur zu mir nehmen kann, was ich gestohlen oder verdient habe. Und trotzdem hast du es versäumt, die entsprechenden Vorkehrungen für mich zu treffen?“
„Ja“, gestand er ein und empfand zum ersten Mal in seinem Dasein puren Selbsthass.
„Schlimmer noch, du hast mich hier alleingelassen. Ohne eine Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren.“
Steif nickte er. „Aber ich habe es wiedergutgemacht, indemich dir das Leben gerettet habe. Trotzdem, wie gesagt, tut es mir leid.“
„Ach so, na dann, wenn’s dir leidtut“, blaffte sie und warf die Arme in die Luft. „Das macht natürlich alles besser. Dadurch wird es akzeptabel, dass ich fast gestorben wäre.“ Sie wartete seine Erwiderung nicht ab. Resolut streckte sie die Beine über die Bettkante und stand auf. Ihre Haut erstrahlte jetzt wieder in vollem Glanz. „Jetzt hör mir mal gut zu. Als Erstes wirst du einen Weg finden, mir Essen zu besorgen. Dann wirst du mir sagen, wie ich von dieser bescheuerten Wolke runterkomme. Sonst mache ich dir das Leben zur Hölle, wie du es noch nie erlebt hast. Obwohl, nein, das werde ich so oder so tun. Auf die Weise wirst du nie vergessen, was passiert, wenn du dich mit einer Harpyie anlegst.“
Er glaubte ihr. Schon jetzt ging sie ihm näher als jemals jemand anderes. Der Beweis: Ihm lief wortwörtlich das Wasser im Mund zusammen, weil er sie kosten wollte; es juckte ihn in den Fingern, sie zu berühren. Statt ihr diese neuesten Entwicklungen zu enthüllen, erinnerte er sie jedoch: „Hier bist du machtlos. Wie könntest du mir Schaden zufügen?“
„Machtlos?“ Sie lachte. „Ich glaube nicht.“ Einen Schritt, zwei – sie kam auf ihn zu.
Er hielt die Stellung. Er würde nicht zurückweichen. Diesmal nicht. Mach deine Autorität deutlich . „Du kannst nicht gehen, bis ich es dir erlaube. Die Wolke gehört mir und wird meinen Willen immer über deinen stellen. Deshalb gibt es für dich keinen Ausgang. Es wäre klug von dir, dich um mein Wohlwollen zu bemühen.“
Scharf sog sie die Luft ein und blieb stehen. „Also hast du nach wie vor vor, mich für immer hierzubehalten? Obwohl ich zu einer Hochzeit muss?“ Sie klang überrascht.
„Wann habe ich dir je den Eindruck vermittelt, es wäre anders? Davon abgesehen habe ich dich zu deiner Schwester sagen hören, dass du gar nicht zu dieser Hochzeit gehen willst.“
„Nein, ich hab gesagt, ich will keine Brautjungfer sein. Aber ich liebe meine kleine Schwester, also werd ich’s machen. Miteinem
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