Schwarze Herzen
Was kann ich für dich tun, meine Süße?“
3. KAPITEL
K adence unterdrückte ein Schaudern.
Luzifer war groß, stattlich und muskulös wie ein Krieger und auf sinnliche Weise attraktiv; trotz des finsteren Infernos, das in seinen Augen loderte. Doch mit dem Biest, welches das Tor zu seinem Reich bewachte, konnte er sich nicht messen. Dem Biest, dessen Gesicht zu grob und kantig war, als dass man es mit einem anderen Wort als „wild“ hätte beschreiben können. Dem Biest, dessen gewaltiger, kraftstrotzender Körper ihr Furcht hätte einflößen sollen, ihr stattdessen jedoch schlicht ein Gefühl von Sicherheit vermittelte. Dem Biest, dessen monströse Erscheinung sie hätte abstoßen sollen, es aber nicht tat. Nein, seine braunen Augen – deren Ausdruck ihr früher teilnahmslos vorgekommen war, und in denen sie seit heute einen tief verborgenen Schmerz erkannte – zogen sie magisch an. Und nicht zuletzt war es sein Beschützerinstinkt, der sein Übriges zu Kadences Faszination tat.
Vielleicht hätte sie niemals begonnen, sich für ihn zu interessieren, wäre womöglich bis in alle Ewigkeit weiterhin dem Irrtum erlegen, er sei genauso wie alle anderen widerwärtigen Kreaturen hier. Doch dann hatte er ihr dieses erste Mal das Leben gerettet. Unglücklicherweise konnten selbst unsterbliche Göttinnen niedergemetzelt werden, wenn sie nicht aufpassten – eine Wahrheit, die ihr nie so deutlich vor Augen geführt worden war wie an jenem Tag. Als sich das Höllentor geöffnet hatte, um einer neuen Seele den Eintritt in die Abgründe dahinter zu gewähren – und ein dämonischer Lakai durch den Spalt geschlüpft und auf Kadence zugestürmt war, gierig nach warmem, lebendigem Fleisch.
Wie gelähmt hatte sie dagestanden, überzeugt, ihr letztes Stündlein habe geschlagen.
Der Wächter – wie hieß er eigentlich? – war dazwischengegangen. Ein Hieb mit der Pranke, und seine vergifteten Klauen streckten den Angreifer nieder, bevor er Kadence auch nur berührthatte. Danach waren sie zur Tagesordnung übergegangen, als sei nichts geschehen. Keiner von beiden hatte etwas gesagt. Ihr Glaube an seine vermeintliche Bösartigkeit war zwar deutlich angekratzt, aber noch nicht völlig verschwunden.
Von da an jedoch hatte sie ihn mit anderen Augen gesehen, ihn genauer beobachtet und immer mehr Einzelheiten bemerkt, die ihr vorher nicht aufgefallen waren. Seine Vielschichtigkeit beeindruckte sie. Ebenso wie seine Widersprüchlichkeit.
Er war ein Zerstörer, und doch hatte er sie gerettet. Er besaß nichts, und trotzdem lehnte er ihr Angebot ab, ihn für seine Hilfe zu bezahlen. Obwohl er alles von ihr hätte haben können, was er begehrte. Wie selten so etwas war. Wie ungewöhnlich. Wie … wohltuend. Es brachte sie dazu, ihm einen Gefallen tun zu wollen . Alles, egal was, so wie sie gesagt hatte. Und für einen kurzen, magischen Moment hätte sie schwören können, er würde sie um einen Kuss bitten. Sein Blick war zu ihren Lippen gewandert und hatte dort verharrt, sehnsuchtsvoll, aufgewühlt. Jede Faser seines Körpers hatte pures, brennendes Verlangen ausgestrahlt.
Bitte , hätte sie ihn am liebsten angefleht. Sag es . Ihr Herz hatte zu rasen begonnen, der Mund war ihr wässrig geworden. Wie er wohl schmecken würde? Doch dann war er wieder zu sich gekommen, hatte den Kopf geschüttelt und sich mit hängenden Schultern von ihr abgewandt. Nein .
Wie ein Schlag in die Magengrube hatte die Enttäuschung sie getroffen. Doch ihn bedrängen oder gar nötigen würde sie nicht. Er hatte schließlich schon mehr als genug für sie getan. Und doch, immer wieder kreisten ihre Gedanken um die eine Frage, die eine Hoffnung … Fühlte auch er sich zu ihr hingezogen? In jenem magischen Moment hatte sie geglaubt, ein Glühen in seinen Augen zu sehen. Ein Glühen, das mit dem Fegefeuer nichts zu tun hatte.
„Langweile ich dich so sehr, dass du dich nicht einmal dazu herablässt, mir deine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken, nachdem du mich gerufen hast? Zweimal?“ Luzifers provokante Bemerkung rief sie in die Gegenwart zurück, und sie hättesich ohrfeigen können. Willst du etwa dem Fürsten der Finsternis leichtes Spiel gewähren und dieses Kräftemessen verlieren, bevor es überhaupt richtig begonnen hat?
„Langweilen?“ Sie zuckte mit den Schultern. Mit Ja zu antworten käme einer Aufforderung an ihn gleich, ihrem Treffen etwas mehr „Würze“ zu verleihen. Ein Nein dagegen wäre gleichbedeutend mit dem Bekenntnis, sie
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