Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)
drohten, jeden reich zu machen. Diese Vorstellung gefiel ihm erst recht nicht.
Es gab nur eines in Harkins’ Leben, was er wirklich genoss, und das war das Fliegen. Nur im Cockpit einer Firecrow kam er sich halbwegs normal vor. Wenn er nicht fliegen konnte, blieb ihm nicht viel.
Die Welt außerhalb der Firecrow war furchteinflößend und feindselig. Harkins kam nicht gut mit Menschen zurecht. Schon bevor die Aerium-Kriege seine Nerven in Stücke geschossen hatten, war er ein schreckhafter Mensch gewesen. Die Leute spürten seine Schwäche und machten sich über ihn lustig oder ignorierten ihn. Aber er hatte immer seine Flugkünste sprechen lassen, zumindest bis man ihm das Flugzeug weggenommen hatte.
Es war Frey gewesen, der ihn nach seiner Entlassung aus der Koalitions-Marine aus dem Elend eines Lebens am Erdboden erlöst hatte. Frey, der ihm eine Firecrow und damit eine neue Chance gegeben hatte. Die Besatzungsmitglieder der Ketty Jay waren seine Freunde, sofern er überhaupt jemals welche gehabt hatte. Und nun kam Käpt’n Grist daher und versprach ihnen allen Reichtümer und Ruhm. Versprach eine Veränderung.
Was geschah, wenn sie alle tatsächlich reich wurden?
Machte sich irgendjemand darüber Gedanken? Dachte jemand daran, was dann aus ihrer kleinen Truppe werden würde? Ging dann alles wirklich so weiter wie zuvor?
Nein. Natürlich nicht. Die Dinge würden sich ändern. Alle würden weggehen. Pinn würde vielleicht sogar zu seiner Liebsten zurückkehren. Und Harkins würde allein in der Kälte stehen. Für ihn spielte es nämlich keine Rolle, wie viel Geld er besaß. Es würde ihm seine Ängste nicht nehmen. Er konnte sich nicht ändern.
Was würde er tun, ohne die Ketty Jay? Er würde versuchen müssen, neue Freunde zu finden. Die Qual fremder Menschen. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihm ein wenig übel.
Aber es gab noch einen weiteren Grund. Jez. Die nette Jez, die nie ein böses Wort zu ihm sagte. In letzter Zeit war ihm immer ein bisschen komisch zumute, wenn er an sie dachte. Es war ein seltsames, warmes Gefühl, wie ein innerliches Lächeln. Eine Regung in seinen …
»Harkins!«, sagte Jez in seinem Ohr. Er fuhr so heftig hoch, dass er sich den Kopf am Windglas des Cockpits stieß.
»Ja! Jez! Ja, Sir, Ma’am, Sir!«, brüllte er und wurde scharlachrot.
»Kurskorrektur. Drei Grad Süd, okay?«
Er schaute sich schuldbewusst um, als wäre dort vielleicht jemand, der ihn beobachtete. »Drei Grad Süd. Ja! Verstanden! Äh … ja!«
Er rückte die Haube auf seinem Kopf zurecht und wartete darauf, dass sie noch etwas sagte, aber es kam nichts mehr. Nach einer Weile entspannte er sich und nahm die befohlene Kurskorrektur vor. Er traute diesen kleinen dämonischen Ohrclips nicht. Manchmal beschlich ihn der
Verdacht, dass man mit ihrer Hilfe seine Gedanken lesen konnte.
Aber wäre das wirklich so schlimm? Wenn er es sich recht überlegte, würde ihm ein bisschen Gedankenleserei vielleicht sogar weiterhelfen. Dann wäre alles einfacher. Vielleicht wäre er imstande, mit ihr zu reden, wenn ihm die Worte nicht in die Quere kamen. Er könnte ihr sagen, wie erniedrigend es war, so zu sein wie er. Wie frustrierend und empörend es war, von allem und jedem dominiert zu werden.
Er wäre gern tapfer gewesen, aber die Tapferkeit war ihm während seines bisherigen Lebens nach und nach abhanden gekommen. Zu viele Beinahetreffer, zu viele überlebte Abstürze, zu viele verlorene Kameraden. Er war kein besonders eindrucksvoller Mann, das wusste er. Aber sie war schließlich auch ein wenig seltsam, mit all ihren unheimlichen Fähigkeiten. Zum Beispiel, dass Schusswunden bei ihr binnen Stunden heilten und sie stark genug war, um Kisten zu stemmen, die nicht einmal Malvery hoch bekam.
Das alles spielte für Harkins jedoch keine Rolle. Es machte ihm nichts aus. Für ihn zählte nur, dass sie nett zu ihm war. Zweifellos war es nur Mitleid, was ihrem Verhalten zugrunde lag, aber jemand wie Harkins musste nehmen, was er kriegen konnte. Mitleid war immerhin ein Anfang. Vielleicht, wenn er bloß eine Spur tapferer wäre …
Nein. Es hatte keinen Zweck. Welche Frau konnte einen Mann respektieren, der sich von einem Kater schikanieren ließ?
Vielleicht musst du dich einfach gegen ihn wehren. Immerhin bist du ungefähr zwanzigmal so groß wie er.
Er brannte vor Scham, als er an den Vorfall im Gang zurückdachte. Dieser Kater. Dieser verdammte Kater.
Wenn er um Jez’ willen tapfer sein wollte, musste er
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