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Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Titel: Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)
Autoren: Chris Wooding
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die Schiffsmotoren zu reparieren, aber der Klang der Triebwerke – ein wenig tiefer als sonst – machte ihr Sorgen. Frey hatte es ebenfalls bemerkt, und es beunruhigte ihn.

    Da sie schnurgeradeaus durch einen ruhigen Himmel flogen, gab es für eine Navigatorin oder einen Piloten wenig zu tun. Frey gähnte. Jez hätte auch gern gegähnt, konnte es aber nicht. Es ging seit dem Tag nicht mehr, an dem sie gestorben war.
    Seit ihrer Begegnung mit Grist dachte sie ständig an diesen Tag. Vielleicht hatte das Gerede über die Azryx und Professor Malstrom alles wieder wachgerufen. Ohne den Professor und seine Suche nach deren untergegangener Zivilisation wäre sie niemals zu dieser von Blizzards gepeitschten Siedlung im eiskalten Norden gereist. Vielleicht wäre dann alles ganz anders gewesen.
    Sie kamen in ihren schwarzen Schlachtschiffen und ihren zerlumpten Kleidern. Die Manen. Wilde Unholde aus den Regionen hinter dem Fliegenden Gewölk, der riesigen Wolkendecke, die Atalons Nordpol verhüllte. Sie fingen diejenigen, die sie fangen wollten, verwandelten sie in Manen und töteten die anderen. Jez gehörte zu den Gefangenen, aber der Verwandlungsprozess wurde unterbrochen. Jez entkam, nur um in der Nacht zu erfrieren.
    Aber da war es schon passiert. Sie war nicht ganz eine Manin, aber Manin genug. Obwohl ihr Herz aufgehört hatte zu schlagen, lebte sie. Oder sie existierte  – vielleicht traf es das eher. Sie zog jahrelang umher, von einem Ort zum andern, bis sie einen Platz fand, wo sie akzeptiert wurde. Die Leute auf der Ketty Jay stellten ihr keine Fragen. Sie wussten nicht, was ihr widerfahren war, sie wollten es nicht wissen, und sie hatte es ihnen nie erzählt.
    Wahrscheinlich war es am besten so. Manen erfüllten selbst die furchtlosesten Menschen mit Angst und Schrecken. Die Besatzungsmitglieder kamen damit zurecht, dass sie anders war, aber Jez fragte sich, wie sie es aufnehmen
würden, dass sie eine Frau an Bord hatten, die zum Teil Manin war.
    »Wie sieht’s aus, Jez?«, fragte Frey vom Pilotensitz aus.
    Jez warf einen Blick auf ihre Karten. »Ist nicht mehr weit bis Kurg, Käpt’n. Bei diesem Tempo sind wir in sechs Stunden am Landeplatz.«
    Frey stöhnte und rutschte mit dem Hintern hin und her, um es sich bequem zu machen. »Sechs Stunden. Na schön.«
    Jez lächelte in sich hinein. In Wahrheit waren es eher vier, aber ihr Kapitän würde angenehm überrascht sein, wenn sie früher ankamen. Frey würde ihr die kleine Mogelei nicht verübeln. Er wusste, dass sie hundertprozentig exakt sein konnte, wenn sie wollte, und das war mehr, als er von einem ihrer Vorgänger behaupten konnte.
    »Land in Sicht«, sagte Frey ohne großes Interesse.
    Jez stand auf und trat neben den Pilotensitz, um die Küste herankommen zu sehen. Eine Mauer aus schwarzem Felsgestein erhob sich aus dem Meer, soweit das Auge reichte. Wellen schlugen krachend gegen ihren Fuß. Dichter Wald erstreckte sich von den Felskuppen bis zu kahlen Berggipfeln. Rauch stieg aus dem Krater eines fernen Vulkans und verschmolz mit den Nebelwolken, die über der riesigen Insel hingen.
    Selbst von so hoch oben aus, dachte Jez, hatte sie etwas Abweisendes und Furchteinflößendes. Was würden sie dort finden? Was erwartete sie?
    Ein Kribbeln überlief ihre Haut. Jetzt geht’s wieder los, dachte sie, und dann verformte sich die Welt, und alles wurde anders.
    Ein Zwielicht hatte sich herabgesenkt, doch ihre Augen schienen alles schärfer zu sehen als zuvor. Eine unirdische
Klarheit hatte sich über die Welt gelegt. Sie sah die Haare auf Freys Handrücken und spürte ihre Bewegung, während sie zitterten. Sie hörte die Maschinen der Ketty Jay und konnte den Klang jedes einzelnen Bauteils isolieren. Ratten huschten durch den Laderaum. Crake schnarchte betrunken in seinem Quartier. Schlacke döste in einem Lüftungsschacht; sein Herz schlug langsam.
    Sie konnte den Wind draußen vor dem Windglas des Cockpits lesen. Die Bewegungen der Wolken und das leichte Wogen der Baumwipfel erzählten eine Geschichte, die Jez in ihrem veränderten Zustand zu entschlüsseln vermochte. Druckveränderungen, Seiten- und Aufwinde strukturierten sich in ihrem Geist zu einer Art Schaubild. Sie spürte das Leben unter dem Blätterdach, Millionen großer und kleiner Geschöpfe, das knurrende Herz der Insel.
    Und in der Ferne ein schreckliches Geräusch. Das Geheul der Manen. Sie riefen sie. Forderten sie auf, zu ihnen zu kommen und bei ihnen zu bleiben, hinter dem Fliegenden
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