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Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Titel: Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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Nicht vor ihr.
    Die Fähre setzte auf, und eine Rampe senkte sich herab, um die Passagiere herauszulassen. Sein Magen war ein schmerzhafter Knoten der Erwartung. Verdammt, wie schaffte diese Frau das bloß? Die eine Hälfte von ihm hasste sie, die andere sehnte sich danach, sie wiederzusehen. Es war über ein Jahr her, dass er sie zum letzten Mal zu Gesicht bekommen hatte, damals, als sie ihm eine hart errungene Truhe mit Dukaten raubte, die ihn zu einem reichen Mann hätte machen können.
    Seither hatte er sich oftmals eine Wiedervereinigung vorgestellt, auf viele verschiedene Arten. Doch immer unter günstigeren Umständen als diesen.
    Dann sah er sie. Sie stieg aus der Fähre, begleitet von ihrem Bootsmann. Schlank, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Kalkweiße Haut, kurze, zu Büscheln zerhackte blonde Haare. Knallrot geschminkte Lippen. Sie trug Kontaktlinsen, die ihre Iris schwarz färbten und ihre Pupillen münzengroß machten. Alles an ihr war darauf ausgerichtet, den Betrachter aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie kleidete sich wie die Braut des Todes, vielleicht auch wie seine Hure, und die Leute nannten sie beides.
    Allein schon bei ihrem Anblick wurde er unwillkürlich wütend. Wie konnte sie ihre Schönheit unter dieser
grauenhaften Fassade begraben? Mit ihrer puren Existenz schmähte sie das Mädchen, das in seiner Erinnerung lebte. Sein idealisiertes Bild der perfekten Romanze. Die Liebe, die möglich gewesen wäre.
    Wie konnte sie ihm das antun?
    »Trinica Dracken«, brummte Grist. »Ich habe von ihr gehört.«
    »Ja«, sagte Frey. »Ich auch.«
    Er erkannte den Bootsmann von ihrer letzten Begegnung wieder. Ein gedrungener Bursche mit mattschwarzem Haar, das unordentlich um ein dunkles Affengesicht hing. An seiner Wange und am Hals war die Haut stark runzlig: der oberhalb des Hemdkragens sichtbare Teil einer Brandnarbe. Als die beiden näher kamen, bemühte sich Frey, seine Augen auf dem Bootsmann ruhen zu lassen, damit er Trinica nicht ansehen musste. Aber sein Blick kehrte immer wieder zu ihr zurück, und schließlich ergab er sich.
    Sie blieb vor ihnen stehen und musterte sie. Ihre schwarzen Augen verweilten einen Moment bei Frey, bevor sie fast ohne einen Schimmer des Wiedererkennens oder einer Begrüßung weiterwanderten. Dann sah sie Schraubenschlüssel an.
    »Das ist alles, was sie bei sich hatten«, sagte er und hielt ihr die Metallkugel hin.
    »Dann sind wir deshalb hergekommen«, sagte Trinica. »Mr. Crund?«
    Ihr Bootsmann nahm die Kugel von Schraubenschlüssel entgegen. Grist machte ein finsteres Gesicht, als er das sah; man merkte, wie es in ihm brodelte. Frey bildete sich ein, die Hitze des Zorns spüren zu können, die von ihm ausging.

    »Käpt’n Grist, Käpt’n Frey«, sagte Trinica und nickte ihnen beiden zu. »Es war mir ein Vergnügen.«
    Damit drehte sie sich um und ging davon. Crund entfernte sich mit ihr. Die Bewaffneten, die sie umzingelt hatten, zogen sich zur Fähre zurück, wobei sie ihre Waffen auf die Gefangenen gerichtet hielten.
    Frey starrte ihr nach. Fassungslos.
    Das war’s? Das war alles? Kein »Lange her, Darian«? Nicht einmal das Geplauder alter Gegner? Er hatte ein Jahr darauf gewartet, sie wiederzusehen, und das war alles, was er von ihr bekam?
    Diesmal hatte sie ihn doppelt beraubt. Sie hatte ihm nicht nur die Kugel weggenommen, sondern dabei auch noch eine solch niederschmetternde Missachtung seiner Gefühle an den Tag gelegt. Seit ihrer letzten Begegnung hatte er immer wieder an sie gedacht, hatte jenes letzte Lächeln, das sie ihm geschenkt hatte, im Geiste noch einmal erlebt. Ein Lächeln, das von der alten Trinica kam, ein flüchtiges Aufscheinen jener jungen Frau, die er geliebt hatte. Er hatte an dieses Lächeln geglaubt. Hatte sich eingeredet, diese junge Frau sei immer noch da, begraben unter der herzlosen Verbrecherin, zu der sie geworden war. Hatte davon geträumt, sie noch einmal wiederzusehen, dieses Lächeln noch einmal hervorzulocken.
    Doch sie hatte offenbar nicht einmal einen Moment lang an ihn gedacht.
    Sie standen schweigend da, während die Fähre zur Fregatte zurückkehrte. Niemand wusste so recht, was er sagen sollte. Sie sahen zu, wie die Delirium Trigger ihre Triebwerke zündete und gemächlich über den Bergen verschwand.
    »Wirklich, ich hasse dieses Miststück«, brummte Frey.
    »Woher hat sie das gewusst?«, knurrte Grist. Sein Ton
klang gefährlich, wie das Unheil verkündende Grollen, das einem Erdbeben vorausgeht. Sein

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