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Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Titel: Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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kalt und schweißig, seine Handflächen waren feucht. Alles fühlte sich wie hinter Glas und unwirklich an, als sähe man es durchs Objektiv einer Kamera. Er hatte noch den Geschmack von Whisky im Mund. Sein Herz setzte hin und wieder einen Schlag aus. Es war eine beunruhigende neue Entwicklung, die er in letzter Zeit an sich bemerkt hatte, für gewöhnlich, wenn er verkatert war.
    Ich hätte nicht herkommen sollen.
    Er dachte daran, sich eine Entschuldigung auszudenken.
Er konnte am Morgen wieder zur Crew stoßen und sagen, er habe es versucht, aber ohne Erfolg. Ihm sei nichts passiert. Vielleicht war es sowieso besser, wenn sie Dracken nicht fanden.
    Aber er würde seine Freunde nicht anlügen wie ein ordinärer Halunke. Das würde sein Ehrgefühl gar zu sehr verletzen.
    Ehrgefühl? Ein gescheiterter Dämonist, der sich mit Alkohol betäubt? Wie steht’s denn da mit dem Ehrgefühl?
    Selbstekel spornte ihn an. Er klopfte an die Tür.
    »Du hast ihnen gesagt, du würdest es tun«, murmelte er vor sich hin. »Was ist ein Mann, wenn er nicht tut, was er sagt?«
    Er hörte Schritte. Die Tür wurde geöffnet und gab den Blick auf einen kleinen, rundlichen Mann in einer Brokatjacke frei, der einen Kneifer trug. Seine Schädeldecke war kahl, aber ein dünner Kranz grauer Haare fiel ihm bis auf den Kragen. Als er Crake erblickte, traten ihm beinahe die Augen aus dem Kopf.
    »Pest und Verderben, runter von der Straße mit Ihnen!«, fauchte er. Er packte Crake am Arm und zerrte ihn hinein, schaute dann in der Gasse draußen nach links und rechts und schloss die Tür.
    »Ich freue mich ebenfalls, Sie zu sehen, Plome«, sagte Crake, während er seinen Mantel glättete und sich bewundernd in der Diele umschaute. »Wie ist es Ihnen ergangen?«
    »Sie können nicht immer wieder einfach so bei mir aufkreuzen!« , schnaubte Plome. »Es gibt Spielregeln für solche Dinge! Ein Brief, ein geheimes Treffen, Verkleidungen! Seien Sie ein bisschen vorsichtiger, ja?«
    »Ich werd’s mir merken, Plome«, sagte Crake. »Aber
jetzt bin ich hier, und niemand hat mich gesehen. Würden Sie sich bitte entspannen?«
    Plome holte ein Taschentuch mit Rüschen hervor und wischte sich die Stirn ab. »Ich kandidiere für das Kanzlerkabinett, wissen Sie«, sagte er.
    »Wusste ich nicht«, erwiderte Crake. »Glückwunsch.«
    Plome räusperte sich gewichtig und stolzierte ins Wohnzimmer. »Der leiseste Hauch eines Skandals, verstehen Sie? Der leiseste Hauch, und ich bin ruiniert.«
    Crake folgte ihm. Das Wohnzimmer war wie die Diele mit dunklem Holz vertäfelt. An den Wänden hingen lauter Porträts. Zu beiden Seiten eines nicht angezündeten Kamins standen zwei Lehnsessel mit einem lackierten Beistelltisch dazwischen. Plome ging zur Hausbar und entstöpselte eine Kristallkaraffe.
    »Tut mir leid«, sagte Crake. »Ich wäre nicht gekommen, wenn es nicht wirklich dringend wäre.«
    Plome schenkte zwei Gläser Brandy ein und hielt Crake eins davon hin. Crake hatte der Versuchung des Alkohols widerstehen wollen – für das, was er in dieser Nacht vorhatte, würde er einen klaren Kopf brauchen –, aber bei diesem Anblick zerbröselte sein Widerstand. Ein klarer Kopf nützte schließlich nichts ohne ruhige Nerven, und er wollte es nicht riskieren, Plome durch eine Ablehnung zu beleidigen. Er trank einen Schluck und spürte, wie in seinem Innern Wärme und Wohlbehagen erblühten.
    »Wie Sie sehen, haben wir endlich elektrischen Strom in Tarlock Cove«, sagte Plome mit einer Geste zu den Beleuchtungskörpern. »Und es ist wahrhaftig eine große Verbesserung.«
    Crake gab ein paar Laute der Bewunderung von sich. Es
war ihm nicht neu; er hatte es schon vor Monaten in einer Zeitungsspalte gelesen. Sonst wäre er nicht gekommen.
    Bei seinem letzten Besuch war Tarlock Cove ausschließlich mit Gas versorgt worden. Die tragbaren Generatoren, die vielen abgelegenen Siedlungen Strom lieferten, waren hier verboten. Sie waren zu lärmig für eine pittoreske Küstenstadt, und sie stießen unangenehme Dämpfe aus. Stattdessen hatten die Stadtgründer ein kleines, leises Kraftwerk gebaut und ließen die Einwohner für die Stromversorgung bezahlen. In den Großstädten machte man das schon lange so, und nun, wo die Technik erschwinglicher wurde, verbreitete sich diese Verfahrensweise rasch zu den kleineren Siedlungen.
    Crake war voll und ganz für den Fortschritt, was das betraf. Für sein Vorhaben brauchte er einen kontinuierlichen Stromfluss, und es wäre riskant

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