Schwarze Orchideen Kommissar Morry
betrüblicherweise keine sehr glückliche Hand gezeigt. Wäre ich gestern früher zu Bishop gegangen, hätte ich das Verbrechen vielleicht verhindern können. Aber woher hätte ich wissen sollen, daß mir ein Mörder als Besucher zuvorkommen würde?“ Er stellte die Tasse ab. „Was war das für ein Mann, der Sie angerufen hat?“
„Ich weiß. Aber oft kann man doch schon aus dem Klang seiner Stimme einiges entnehmen. — Sprach er wie ein gebildeter Mensch? War er jung oder alt?“
„Ich hatte das Gefühl, daß er seine Stimme verstellte. Ob er gebildet war? Schwer zu sagen! Ich bezweifle es allerdings. Er war ziemlich kurz angebunden, beinahe grob. Alt oder jung? Darauf kann ich gleichfalls keine Antwort geben. Fest steht, daß er ein waschechter Amerikaner war.“
„Hörten Sie irgendwelche Nebengeräusche, die vermuten lassen, woher das Gespräch kam?“
„Ich nehme an, daß er aus einer Zelle telefonierte. Die Verbindung war miserabel.“
Bill rieb sich das Kinn. „Das alles ist mir unerklärlich. Wenn der Unbekannte wußte, was mit Bishop los war — immer vorausgesetzt, daß die Anschuldigungen nicht erfunden waren — weshalb ging er dann nicht zur Polizei?“
„Die gleiche Frage habe ich ihm auch gestellt“, meinte Leslie. „Er erwiderte, daß er keine reine Weste habe und nichts mit der Polizei zu tun haben wolle.“
„Sie sind dann auf Grund dieses Anrufes aus der Wohnung gegangen?“
„Natürlich! Was hätten Sie in dieser Situation wohl an meiner Stelle getan?“ fragte Leslie. — „Ich wurde plötzlich von einer schrecklichen Panik erfaßt und hatte Mühe, die Beherrschung zu wahren.“
„Gut. Sie verließen ihn. Das verstehe ich nach dem vorangegangenen Anruf sehr gut. Ich muß allerdings einräumen, daß Ihre Handlungsweise eine gewisse Unlogik enthält.“
Leslies Augen rundeten sich erstaunt. „Bitte? Wieso denn Unlogik ?“
„Wenn man Ihnen glauben darf, haben Sie immerhin bis gestern Bishop geliebt — jedenfalls muß ich das Ihren Äußerungen entnehmen“, meinte Bill.
„Ich glaube ihn geliebt zu haben“, korrigierte Leslie. „Wissen und glauben — das sind beträchtliche Unterschiede. Aber was hat das mit meiner Reaktion auf den Anruf des Unbekannten zu tun? In Drumola mußte ich mir oft genug anhören,, daß der Mörder sicherlich irgendwo unter uns weilt — daß es ein Mensch sein müßte, den wir vielleicht gut kennen! Und nun bildete der Anruf plötzlich gleichsam den Beweis für diese Theorie.“
„Den Beweis?“ fragte Bill. „Der Anruf als solcher bewies eigentlich nur, daß Mr. Bishop Feinde hat.“
„Mag sein. Mir geht es nicht um akademische Auslegungen. Fest steht, daß ich keine Lust hatte, irgendein Risiko auf mich zu laden. Ich wollte weg. Ich wollte weg von ihm. Ganz schnell! Das ist alles — und ich finde, es ist natürlich. Ich wollte Bip später anrufen und ihm erklären, weshalb ich die Flucht ergriffen hatte. Aber dazu fehlte mir dann plötzlich der Mut. Ich fürchtete, es könnte seiner Überredungskunst gelingen, mich zur Rückkehr zu bewegen. Deshalb verzichtete ich auf den Anruf. Jetzt tut es mir leid darum. Ich habe mein Wort nicht gehalten. Ich komme mir vor, als hätte ich ihn verraten.“
„Sehen Sie, das meinte ich, als ich von einer gewissen Unlogik in Ihrer Handlungsweise sprach. Sie haben, Ihren eigenen Worten zufolge, diesen Mann geliebt. Ohne diese Liebe wären Sie ihm kaum nach New York gefolgt, damit er Sie hier heiratet. Was hat diese Liebe plötzlich erschüttert? Doch nicht der Anruf! Man glaubt dem. . .“
„Es war doch nicht irgendein Anruf!“ sagte Geliebten mehr, als einem anonymen Anrufe.“ Leslie gequält. „Ich wollte Bip nicht verlassen — ich wollte nur erst einmal weg von ihm, ich wollte einen klaren Kopf bekommen, verstehen Sie?“
Bill überlegte und nickte dann. „Ich glaube zu wissen, wie Ihnen zumute war.“ Er schaute Leslie an. „Sie sind getrennt nach New York gereist, nicht wahr?“
„Bip wollte es so. Er war zunächst überhaupt dagegen, daß ich mit ihm reise, und erklärte sich erst dann einverstanden, als ich meinerseits gewisse Konzessionen machte.“
„Konzessionen ?“
„Ja, wir reisten getrennt und trafen uns erst in New York wieder. Auf diese Weise wollte Bip einen Vorwurf entkräften, den er mit Sicherheit zu erwarten schien. Niemand sollte ihm nachsagen können, daß er mich gegen meinen Willen entführt habe. Ich glaube, er hat sich vor der Macht und dem Einfluß meines
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