Schwarze Orchideen Kommissar Morry
Vaters gefürchtet“, sagte Leslie.
„Sie machen sich kein Bild davon, wie wir uns den Kopf zerbrochen haben, ob und warum und wie Sie mit Bishop die Stadt verließen!“ Er nahm einen weiteren Schluck aus der Tasse und fuhr dann fort: „Sie waren gestern morgen bei Hugh Dryer — was wollten Sie von ihm?“
„Woher wissen Sie, daß ich Hugh aufgesucht habe ?“
„Mark Robin hat es erfahren — durch einen Zufall.“
„Sie haben diesen Robin vorhin schon einmal erwähnt. Wer ist das?“
„Ein alter, guter Kamerad, der nach Drumola gekommen ist, um mir aus der Patsche zu helfen. Mark betreibt das Detektivspiel als Hobby- Er ist sehr tüchtig darin.
„Er lachte plötzlich. „Sie sehen mich ganz erstaunt an! Entschuldigen Sie bitte, ich komme leicht ins Schwärmen, wenn ich von Mark spreche. Aber bleiben wir beim Thema. Was wollten Sie bei Hugh Dryer?“
„Das ist meine Privatsache!“
„Ich darf Sie daran erinnern, daß nach dem Mord an Leonard Bishop in Ihrem Interesse absolute Offeinheit am Platze ist“, meinte Bill. „Kitty hat übrigens gesehen, wie Sie das Bürogebäude betraten. Kitty Stifter, wissen Sie. Später entdeckte Mark Robin im Office des Anwaltes einen roten Nylongürtel.“
„Ich habe ihn verloren.“
„Hugh Dryer bestreitet, Sie empfangen zu haben.“
„Ich hatte ihn ausdrücklich darum gebeten, über meinen Besuch Stillschweigen zu bewahren.“
„Warum?“
„Das lag an dem — äh — delikaten Charakter meiner Mission. Hugh sollte mich beraten. Ich wollte wissen, was ich zu unternehmen hatte, falls Papa versuchen sollte, mich zu enterben. Das ist das ganze Geheimnis meines Besuches! “
„Werden Sie jetzt mit mir nach Drumola zurückkommen?“
„Nein.“
„Nein? Das verstehe ich nicht.“
„Ich habe Angst, meinen Eltern unter die Augen zu treten“, sagte Leslie leise. „Ich schäme mich ja so.“
„Man wird Ihnen verzeihen“, versicherte Bill. „Dafür werde ich sorgen.“
*
Es war zehn Uhr, als ich nach dem Frühstück das Restaurant verließ und die Halle durchquerte, um mit einem Taxi vom Hotel zum Office des Sheriffs zu fahren. Ich hoffte, daß mein Freund Bill inzwischen aus New York zurückgekehrt war. Ashley hatte sich auf mein Anraten hin ein Zimmer genommen. Er schlief. Wir wollten gemeinsam zu Mittag essen und dann beraten, was weiter geschehen sollte. Auf dem Weg durch die Halle sah ich zu meiner Überraschung Janet Suffolk. Sie stand in der Rezeption und sprach mit dem Portier. Der Portier zuckte bedauernd die Schultern. Offensichtlich sah er sich gezwungen, dem Mädchen einen Wunsch abzuschlagen. Dann, als er mich entdeckte, wies er mit dem Kopf in meine Richtung. Janet wandte sich um und kam lächelnd auf mich zu.
„Hallo, Sherlock Holmes“, sagte sie und streckte eine Hand aus, um mich zu begrüßen. „Man kann nicht behaupten, daß Sie ein Frühaufsteher sind. Tut mir leid, daß ich Sie gestern Abend versetzen mußte. Sie sind mir doch hoffentlich nicht böse? Ich war wirklich verhindert.“
„Sind Sie vorangekommen?“ wollte ich wissen.
„Leider nein“, gab sie zu. „Das Opfer ist mir durch die Maschen meines Netzes geschlüpft. — Wollen Sie mir nicht einen Gefallen tun?“
„Das kommt ganz darauf an, worum es sich handelt.“
„Ich möchte Ihren Freund interviewen.“
„Ashley? Woher wissen Sie denn, daß er angekommen ist?“
„Janet Suffolk weiß alles“, lachte sie, „— bis auf ein paar Details. Und die hoffe ich von Ihrem Freund zu erfahren.“
„Kommen Sie heute Mittag wieder“, empfahl ich ihr. „Er schläft gerade.“
„Jetzt, am hellichten Tage?“
„Haben Sie etwas dagegen? Ashley war die ganze Nacht unterwegs.“
„Ein richtiger Lord! Wann werde ich ihn kennenlernen ?“
„Sobald er ausgeschlafen hat.“
„Und wann wird das sein?“
„Heute Mittag, ich sagte es bereits.“
„Der arme, ruhebedüftige Junge!“ spöttelte Janet. „Wo ist er denn gewesen?“
„Wo er meistens ist“, erwiderte ich. „Auf der Spur eines Verbrechens.“
„Oh, da läuft es einem ja eiskalt über den Rücken“, sagte Janet und legte den Kopf kokett zur Seite. „Sie wollen mich auf den Arm nehmen, was?“
„Konkret betrachtet wäre das eine angenehme Beschäftigung. Aber im Ernst: Sie scheinen zu vergessen, weshalb wir hier in Drumola sind.“
„Um zu schlafen, nehme ich an.“ Sie lachte. — „Nichts für ungut! Ich vergesse schon nicht, warum Sie hier sind. Ich frage mich nur, was Sie
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