Schwarze Orchideen Kommissar Morry
Sie für unschuldig. Aber Sie müssen einsähen, daß Ihre Situation ziemlich diffizil ist. Am besten, Sie bleiben bei der Wahrheit.“
„Warum denn nicht?“ fragte Leslie verstört. „Ich habe nicht versucht, Sie zu belügen.“
„Sie sind von zu Hause weggelaufen, ohne Ihre Eltern zu verständigen“, meinte Bill ruhig, „Sie mögen, davon bin ich überzeugt, Ihre Gründe dafür gehabt haben. Aber Sie werden zugeben müssen, daß Ihr Handlungsweise — rein optisch — kein sehr günstiges Bild hinterläßt. Ich erwähne das nur, um Ihnen deutlich zu machen, daß es Leute geben wird, die Ihnen diese Handlungsweise verübeln, Leute, die wahrscheinlich nicht davor zurückschrecken, Ihnen einen Mord zuzutrauen.“
„Einen Mord? Mir?“ stammelte Leslie. „Das ist doch völlig verrückt.“
„Warum sucht man mich? Ich habe nichts zu verbergen!“
Bill nickte. „Das bezweifle ich ja gar nicht. Aber Sie waren zuletzt mit Bishop zusammen.“
„Es war ein Fehler, von zu Hause wegzugehen“, murmelte Leslie niedergeschlagen. „Ich konnte nicht ahnen, daß es mit einer solchen Katastrophe enden würde.“
„Haben Sie Bishop geliebt?“
„Ja, ich denke schon. In mir ist alles so durcheinander — ich weiß wirklich nicht, was ich darüber sagen soll. Ich muß erst mit mir ins reine kommen.“
Bill winkte den Ober heran und bestellte einen Kaffee. Nachdem er die Bestellung aufgegeben hatte, meinte er erklärend zu Leslie: „Ich bin schon die ganze Nacht unterwegs; ich habe ein Hotel nach dem anderen abgeklappert. Hier habe ich endlich Erfolg. — Warum sind Sie von Bishop weggegangen ?“
„Es gab einen Streit.“
„Worüber haben Sie sich gestritten?“
„Über die nichtigsten Kleinigkeiten. Aber auch über Dinge, die ich gestern noch für wichtig hielt.“
„Zum Beispiel?“
Leslie zuckte die Schultern. „Ich wollte Bip heiraten.“
„Und er wollte nicht?“
„Doch — aber er war der Meinung, daß wir mit der Hochzeit noch warten sollten. Er wollte geschäftlich erst auf gesunden Beinen stehen.“ Sie dürfen nicht denken, daß ich wegen der Streitereien von ihm fortgelaufen wäre.“
„Sondern?“
„Ein Mann hat mich angerufen. Damit begann es.“
„Wer war der Mann?“
„Er hat seinen Namen nicht genannt. Der Mann warnte mich vor Bip. Er sagte, Bip sei ein Mörder.“
Bill hob die Augenbrauen. „Ein Mörder?“
„Ja!“ erwiderte Leslie hastig. „Angeblich soll er Joan und Judy umgebracht haben.“
Bill pfiff durch die Zähne.,, Dachte ich mir's doch“
„Sie glauben, daß Bip es wirklich getan hat?“
Bill schaute das Mädchen an. „Offen gestanden — ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Aber so, wie die Dinge liegen, wird es wohl stimmen, daß er der Mörder war. Es ist die einzige plausible Erklärung für die Morde von Drumola. Bishop versteht es, junge Mädchen an sich zu fesseln. Schleierhaft ist mir nur das Tatmotiv. Warum hat er die Mädchen getötet? Nun, das werden wir vielleicht niemals beantworten können. Übrigens sieht es so aus, als habe Bishop Selbstmord begangen.“
„Selbstmord? Ausgeschlossen!“
„Warum nicht?“
„Bip war nicht der Mann, der auch nur im Traum an so etwas gedacht hätte.“
Bill zuckte die Schultern. „Die Polizei fand die Pistole in seiner Rechten. Es war die Waffe, aus der die tödlichen Kugeln stammen.“ Er räusperte sich und fuhr dann fort: „Ich muß allerdings zugeben, daß das noch kein Beweis für einen Selbstmord ist. Bishop kann ebensogut erschossen worden sein. Vielleicht lag dem Täter daran, einen Selbstmord vorzutäuschen.“
„Aber wer hätte ihn erschießen sollen?“ fragte Leslie ratlos. „Und warum?“
„Ich weiß es nicht, Miß Carson, aber ich bin sicher, daß die Polizei den wahren Grund schnell herausfinden wird. In gewisser Hinsicht bin ich fast froh, daß sich der Mord in New York ereignet hat. Das zwingt den hiesigen Polizeiapparat dazu, sich auch der anderen Morde anzunehmen.“ Er unterbrach sich, da der Ober den Kaffee brachte. Dann blickte er das Mädchen an und fuhr fort: „Außerdem ist seit gestern mein Freund, Mark Robin, in Drumola. Ihm wird es gelingen, den Fall aufzuklären. Davon bin ich fest überzeugt. Warum essen Sie übrigens nicht weiter?“
„Mir ist der Appetit vergangen“, sagte Leslie.
Bill führte die Tasse zum Mund und nahm einen Schluck. „Das kann ich verstehen“, meinte er. „Mir ist auch nicht gerade wohl in meiner Haut. Bis jetzt habe ich
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